Akasha 02 - Der Attentäter
Konzentrate herzumachen. O ja, die Kakerlaken sind wirklich eine Plage. Aber man könnte recht einfach mit ihnen fertig werden, gäbe es nicht den Kakerlakenkönig.«
»Den Kakerlakenkönig?« wiederholte die Frau im gleichen erstaunten Tonfall wie zuvor.
»Ja. Er ist riesig, einfach gewaltig, und er versteckt sich in alten Wartungsschächten und aufgegebenen Aggregatmoduln. Er beherrscht alle anderen Kakerlaken, und er schickt Kundschafter und Späher aus, um alle möglichen Leute auszuspionieren und anschließend neue Attacken zu planen. Dieser Kakerlakenkönig ist auch für den Niedergang verantwortlich, der vor rund dreihundert Jahren in Akasha einsetzte. Planmäßig sabotiert er die technischen Einrichtungen, und seine Käferuntertanen säen Mißtrauen und Zwietracht unter den Bewohnern der Habitate. Er hat die Absicht, einen Zustand allgemeiner Anarchie herbeizuführen, um dann im Handstreich die Macht im Kosmotop zu übernehmen. Stellen Sie sich das einmal vor! Wollen Sie unter der Herrschaft eines Kakerlakenkönigs leben?«
»Ich glaube nicht«, sagte Alinde Tergentag unsicher. »Aber das wäre mir immer noch lieber, als von der Königin der Dämonenspinnen Befehle entgegenzunehmen.« Während sie ihn musterte, leuchtete neues Mißtrauen in ihren großen Augen auf. Diesmal jedoch schien sie ihn nicht für eine verkleidete Spinne zu halten, sondern zu argwöhnen, daß er nicht mehr ganz bei Verstand war.
Ist es möglich , dachte Lonnen, daß eine Übergeschnappte jemand anders für übergeschnappt hält?
»Nun«, sagte Alinde Tergentag gedehnt und griff wie beiläufig nach ihrem Laser, »es ist natürlich durchaus möglich, daß sich die Dämonenspinnen mit den Kakerlaken verbündet haben. Würde mich gar nicht wundern.« Sie runzelte die Stirn, als sie sich an etwas erinnerte. »Mir fällt gerade ein, daß ich neulich seltsame Spuren im Staub gesehen habe. Ich dachte bisher, sie stammten von einem Kundschafter der Dämonenspinnen, aber vielleicht wurden sie auch von einer großen Kakerlake hinterlassen.«
»Wo war das?« fragte Broderic Lonnen rasch und griff nach seiner Wünschelrute aus Aluminium. Das Metall vibrierte leicht; also konnte der Kakerlakenkönig nicht weit sein.
»Ich zeige Ihnen den Gang«, erwiderte die Frau hastig, und die Aussicht, den Besucher bald wieder loszuwerden, hob ganz offensichtlich ihre Stimmung.
Außerhalb des Bunkers hatten sich die Giftschwaden der Pestizide inzwischen größtenteils verzogen, aber noch immer erfüllte ein ätzender und in den Lungen stechender Geruch die Luft. Broderic Lonnen half der Frau dabei, einige Werkzeugschränke, Hohlbalken aus Metall, schwere Kupplungsschlüssel und die traurigen Überreste einiger Servomechanismen beiseite zu räumen und so ein kleines Schott freizulegen. In dem daran anschließenden Tunnel war es völlig finster.
»Haben Sie eine Lampe?«
Die Tergentag holte rasch einen stabförmigen Gegenstand hervor, reichte ihn Lonnen und umklammerte mit der anderen Hand den Laser.
»Denken Sie daran, das Schott von der anderen Seite her zu verriegeln«, erinnerte sie ihn mit schriller und aufgeregter Stimme. »Ich möchte keine Spinnenüberraschung erleben.«
Als sich Broderic Lonnen in den schmalen Schacht schob und das Schott hinter sich zuzog, vernahm er das leise Phhh , mit dem die Frau erleichtert ausatmete. Dann saugte sich das rostende Stahlsegment in der Einfassung fest, und er drehte das Handrad und betätigte die kleinen Hebel der Arretierung. Er schaltete die Stablampe ein, und der dünne Lichtkegel zitterte über nackte Metallwände hinweg und verlor sich irgendwo in finsterer Ferne. Auf dem Boden des Schachtes hatte sich eine dicke Staubschicht gebildet, und Tausende von Flocken wirbelten auf, als sich Broderic Lonnen in Bewegung setzte und durch den Tunnel kroch. Abgesehen von den Geräuschen, die er selbst verursachte, war es vollkommen still, und angesichts der Überzeugung, dem Kakerlakenkönig nunmehr ganz nahe zu sein, nahm seine Aufregung rasch zu. Wenn andere Schächte in den Tunnel mündeten, verharrte er kurz, hielt die Wünschelrute von sich gestreckt und orientierte sich. Die Vibrationen des Aluminiums wurden intensiver.
In einer kleinen Verteilerkammer stieß er auf die ersten Spuren.
Winzige Abdrücke waren es, die sich in dem Grauweiß des Bodenstaubs zeigten, so klein und unscheinbar, daß sie nur von einem Fachmann wie Broderic Lonnen erkannt werden konnten. Sieben oder acht Kakerlaken mußten es
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