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Akt der Liebe - Lansdale, J: Akt der Liebe - Act of Love

Titel: Akt der Liebe - Lansdale, J: Akt der Liebe - Act of Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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erleichtert den Abwasch«, pflegte sie zu sagen.
    Nächstes Weihnachten würde er ihr eine Spülmaschine kaufen. Keinen heißen Seifenschaum mehr für sein Baby.

    Er füllte das Glas mit Wasser und stellte es neben die Schüssel in die Spüle, stellte die Gabel in das Glas und räumte Milch und Brot weg. Zu spät fiel ihm ein, dass er eine Scheibe Käse auf das Brot hätte tun können. Er löschte das Küchenlicht, ging ins Wohnzimmer und schaltete dort das Licht an. Das Zimmer war mit rotem Mahagoni getäfelt - sofern man noch etwas davon sehen konnte. Der Großteil der Wände war hinter Bücherregalen verborgen. Er mochte zwar in Armut aufgewachsen sein, im Ghetto gelebt haben, aber sein Großvater hatte ihm das Lesen beigebracht und die Liebe zu Büchern. Als Kind besaß er nur einen einzigen Schatz: einen Bibliotheksausweis. Es war wahnsinnig schwierig gewesen für ihn, dorthin zu kommen, aber jedes Mal wenn er es geschafft hatte, blieb er so lange wie möglich. In den Sommerferien lebte er dort quasi hinter einem der langen, hölzernen Tische. Es war eine Welt, die fest in seinen Händen lag; eine Welt aus Papier, Druckfarbe und Fantasie.
    Sein Bruder Evan konnte weder lesen noch seinen Namen schreiben. Er wurde Boxer. In seiner Branche war er nicht sehr erfolgreich. Er war nicht schlecht, aber auch nicht großartig, eben nur zweitklassig. Ich hätte von uns beiden der Boxer werden sollen, dachte Hanson. Ich habe die Hände dafür, das Kinn und das Herz. Das war alles, was sein Bruder hatte - Herz. Ein Herz wie ein Hengst.
    In einer Seitenstraße, unweit der Stelle, an der man Bella auffand, hatte ein völlig zugedröhnter Teenager sein Schnappmesser in das Herz dieses Hengstes gerammt, für drei Dollar und siebenundvierzig Cents. Und das war’s für Bubba The Kid Hanson. Nur ein kalter, toter Nigger mehr mit einer Klinge in der Pumpe.

    Tod. Das ging ihm heute Nacht nicht mehr aus dem Kopf. Es schien, als wäre sein Schädel randvoll mit Tod und würde überlaufen wie ein verstopftes Klo. Zwanzig Jahre im Dienst, und heute Nacht hatte er das Gefühl, am Ende der Fahnenstange angekommen zu sein.
    Vielleicht lag es daran, dass er jahrelang gedacht hatte, zu den anständigen Kerlen zu gehören, die den Abschaum verhaften - um ihn dann dank eines ausgekochten und mit der Kompromisslosigkeit eines Gestapomannes ausgestatteten Anwalts am nächsten Tag wieder auf der Straße herumlaufen zu sehen. Yeah, vielleicht war es das, und vielleicht sollte er sagen, zum Teufel mit all dem. Danach war ihm im Augenblick. Zum Teufel mit allem.
    Hanson spazierte im Zimmer umher und ließ seine Finger über die Buchrücken gleiten. Was wollte er lesen? Er brauchte etwas, um sich abzulenken, etwas, was sein Selbstmitleid aufsog, etwas, was ihm Ruhe brachte. Müde oder nicht, er war viel zu überreizt, um zu schlafen. Er berührte Chandlers The Big Sleep . Nein, zu realistisch für heute Nacht. Seine Finger fuhren sanft über The Glory of the Hummingbird von De Vries. Ja, das war es. Leicht, flott und gut geschrieben. Er entschied sich für den Ledersessel am Fenster, schob die Vorhänge etwas auseinander, bevor er sich hinsetzte; er hielt das Buch so, dass das heranbrechende Tageslicht darauf fiel, und fing an zu lesen. Er las, bis die einzelnen Wörter Bocksprünge machten, und das Buch fiel aus seiner großen, schlaffen Hand.
     
    Und er träumte.
    In seinem Traum erhob sich Bella von der Bahre in der Leichenhalle und wanderte umher, aufgeschlitzt und voller Blut, ihr Kopf wurde nur noch von einem Fetzen Fleisch
gehalten. Sie schritt daher wie ein Zombie, jeder Schritt hinterließ eine Pfütze aus kaltem, tintenschwarzem Blut. Die Hände waren nicht mehr hinter dem Rücken gefesselt, die Arme hingen an den Seiten. Aus ihrem aufgerissenen Torso tropften Eingeweide. Die Gedärme hingen so tief, dass sie beinahe darüber stolperte. Langsam hob sie eine blutbeschmierte Hand und zeigte mit dem Finger auf Hanson. Sich selbst sah er in dem Traum nicht, aber er wusste, dass ihr Finger auf ihn wies. Der Mund, dem die Lippen fehlten, bewegte sich, doch es war kein Laut zu hören. Sie kam näher. Ihr Mund bewegte sich immer noch. Blut lief aus den Mundwinkeln, aber immer noch kein Wort. Sie streckte ihre blutige Hand aus, um Hanson zu berühren.
    »Wa…!«
    Hanson erwachte, Rachels Hand lag auf seiner Schulter.
    »Marve«, sagte sie. »Bist du okay?«
    »Hä …« Licht strömte durch das Fenster und zeichnete ein gelbes Muster auf seinen

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