Akt der Liebe - Lansdale, J: Akt der Liebe - Act of Love
auf, mich hinzuhalten, du großer Affe.«
»Ehh, ehh, ehh. Meine heimliche Bewunderin.«
»Gut, ich werde dem ach so Bewunderten gleich mit meiner Faust den Kopf einschlagen, wenn er das Päckchen nicht sofort öffnet.«
»Halt dich zurück.«
Hanson verlagerte sich seitwärts im Sessel, angelte sein Taschenmesser aus der Hosentasche, setzte sich wieder bequem hin und holte die schmalere, schärfere Klinge heraus. Er schnitt die Schnur durch, klappte die Klinge wieder ein und beförderte das Messer zurück in seine Hosentasche. Er stellte die Schachtel vor sich auf den Boden.
»Los, mach schon«, sagte Rachel, aufgeregt wie ein Kind vor Weihnachten.
Er öffnete die Schachtel. Innen lag ein gefaltetes Blatt Papier und eine Plastiktüte.
Der Geruch traf ihn wie ein Schlag.
»Geh zurück, Rachel.«
»Was? Ich will aber …«
»Vertrau mir, Baby. Geh zurück.«
Rachel stand auf, ging hinüber zum Sofa und setzte sich hin.
In der Tüte war eine Hand.
Eine Frauenhand, das Fleisch löste sich bereits davon, und es stank nach Tod und Verwesung.
Die Zigarre fiel ihm aus dem Mund, streifte die Schachtel, rollte hinein und berührte die Plastiktüte, die bereits unsanft behandelt worden war, so dass sie schon überall Löcher hatte. Mit einem Zischen brannte sich die Zigarre durch das Plastik. Der Gestank schoss ihm in die Nase, und dann war da ein anderer Geruch, der Geruch von verbranntem Fleisch. Vorsichtig zog er die Zigarre aus der Schachtel und stand schnell auf.
»Marve, was ist das?«
»Baby«, seine Stimme wurde spröde. »Verlass bitte das Zimmer.«
»Marve …«
»Vertrau mir. Wenn du mir je vertraut hast, dann vertrau mir auch jetzt.«
Rachel stand vom Sofa auf. »Okay, Baby.« Sie verschwand schnell.
Hanson hielt die Galle zurück, die in seinem Hals aufstieg, und öffnete die Schachtel. Er griff hinein, fischte das gefaltete Papier heraus und legte es auf seinen Schoß. Er gestattete sich drei tiefe Atemzüge, um den Geruch aus seinem Kopf zu vertreiben. Dann versetzte er der Schachtel
einen Tritt und drückte die Zigarre im Aschenbecher neben seinem Sessel aus.
Dort war auf ausgeschnittenen Buchstaben zu lesen:
Das nächste Mal sind Deine Frau und Deine Tochter dran, Nigger. Ich beobachte sie. Die ganze Zeit. Halt Dich zurück, geh mir aus dem Weg. Die Hand gehört einer entzückenden Lady. Ich habe ihren Kopf und die andere Hand. Ich glaube nicht einmal, dass sie sie vermisst. Sieht so aus, als hätte sie allein gewohnt. Ich habe mir für sie Zeit genommen. Sie könnte gut und gern mein Meisterstück sein. Vielleicht kannst Du ihren Verwandten eine Hand geben. Ich glaube, sie heißt Patricia, jedenfalls deutete einiges in ihrer Wohnung darauf hin. Aber mehr verrate ich Dir nicht. Ich genieße es, an ihren Körper zu denken, wie er so in der Wohnung liegt, mit nichts als der Hitze. Ich habe die Klimaanlage abgestellt. Es macht mir Freude, mir vorzustellen, wie es da so riecht. Vielleicht kehre ich ja sogar dorthin zurück, um den Geruch zu prüfen, denn ich habe den Schlüssel. Beeil dich, finde sie, wenn Du kannst. Vielleicht treffen wir uns dort.
Und pass auf Deine Familie auf, Nigger. Ich mag schwarzes Fleisch. Es passt so gut zu Südstaaten-Rezepten, zum Beispiel zu dem guten alten Plantation Chicken nach Niggersklavenart.
DER HACKER
»Gott«, zischte Hanson. »O mein Gott.«
Rachel stand im Türrahmen. Ihre Lippen zitterten leicht. »Was ist da drin? Sagst du es mir? Stimmt was nicht? Ich weiß, dass etwas nicht stimmt.«
»JoAnna, wo ist sie?«
Rachels Lippen zitterten nun heftig.
»Warum?«
»Um Himmels willen, Rachel, sag es mir.«
»Im Kino.«
»In welchem Kino?« Ungeduld mischte sich in Hansons Stimme.
Rachel schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Ich hatte ihnen verboten, in ein Autokino zu gehen. In irgendeinem normalen Kino. Bitte, Marve, was ist los?«
»JoAnna könnte in Gefahr sein.«
»Wieso?«
»Ich habe keine Zeit, es zu erklären, hör mir einfach zu. Ich fahre zu diesem Kino in Southmore. Vielleicht ist es das, es ist nicht weit von hier. Du rufst die anderen Kinos an und lässt sie ausrufen. Sie können sonstwo hingegangen sein. Ich kenne Teenager.«
Rachel zitterte immer noch, versuchte aber, sich in den Griff zu bekommen. »Okay.«
»Ich erkläre es dir, wenn ich zurück bin, vertrau mir einfach.«
Hanson sah auf die Uhr. 22.22 Uhr. Bis zum Kino könnte er es gerade noch schaffen. Die Filme waren fast immer zwischen 22.30 und 22.45 Uhr zu Ende.
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