Akte Atlantis
tiefer sie hinabtauchten. Nach einiger Zeit kam es ihnen so vor, als bewegten sie sich durch ein senkrechtes Kanalrohr fort.
Schließlich sahen sie den Boden unter sich, eine Galerie von Gängen, die sich dort auftat, verbogene, mit einer dicken Rostschicht überzogene Lorengleise, die ihnen wie zum stummen Gruß entgegenragten.
Die Strudel und die starke Strömung, die gestern nach der Explosion geherrscht hatten, hatten sich beruhigt, und das Wasser war klar, sodass sie mindestens fünfzehn Meter weit sehen konnten. Pitt warf einen Blick auf seinen Tiefenmesser – die Nadel stand auf fünfundsiebzig Meter – und wartete, bis Giordino bei ihm angelangt war.
»Wie weit ist es noch?«, fragte Giordino.
»Knapp hundert Meter«, antwortete Pitt und deutete nach vorn. »Gleich hinter der Stollenbiegung.«
Ein Flossenschlag, und er stieß in den Tunnel vor, ließ dabei den Lichtstrahl über die Stützhölzer huschen. Sie hielten sich in Höhe der Gleise und folgten ihnen um die Kurve. Plötzlich streckte Pitt den Arm aus und hielt inne.
»Mach das Licht aus!«, befahl er Giordino.
Der tat, wie geheißen, und rundum versank alles in Schwärze aber nicht ganz. Ein schwacher Lichtschein schimmerte vor ihnen im Wasser.
»Ich glaube, da sind Plünderer am Werk«, sagte Giordino.
»Warum muss ich mich bloß ständig mit solchen Gestalten rumschlagen?«, stöhnte Pitt.
Zwei Taucher waren in der Kammer zugange. Konzentriert fotografierten sie eine Inschrift nach der anderen. Zwei auf Stativen aufgebaute Unterwasserstrahler tauchten das steinerne Gelass in gleißendes Licht. Pitt spähte durch das Loch im Boden der Kammer, wobei er darauf achtete, dass er im Dunkeln blieb, damit sich der Lichtschein nicht in seiner Vollgesichtsbrille spiegelte.
Einmal mehr staunte er über ihre Ausrüstung. Sie benutzten so genannte Kreislauf- oder Regenerationstauchgeräte, damit beim Ausatmen keine Luftblasen entwichen, die die Bildqualität hätten beeinträchtigen können. Umso mehr musste er aufpassen, dass keine Blasen aus seinem Lungenautomaten in die Kammer stiegen.
»Die sind hartnäckig, das muss man ihnen lassen«, murmelte Pitt. »Sie riskieren Kopf und Kragen für diese Inschriften, was immer es damit auf sich haben mag.«
»Bloß gut, dass sie sich auf einer anderen Frequenz verständigen als wir, sonst hätten sie unser Gespräch die ganze Zeit mithören können.«
»Wäre es möglich, dass sie sich eingeklinkt haben und uns bloß da reinlocken wollen?«
Giordino rang sich trotz der Taucherbrille ein verkniffenes Grinsen ab. »Wollen wir sie etwa enttäuschen und die Biege machen?
»Wann waren wir denn schon mal so klug, um rechtzeitig zu verschwinden?«
»Meines Wissens noch nie.«
Giordino und Pitt waren seit ewigen Jahren dicke Freunde – genau genommen seit der ersten Klasse. Pitt konnte sich ausdenken, was er wollte, so abenteuerlich und abwegig es auch sein mochte, Giordino war immer dabei, ohne das geringste Widerwort. Sie hatten einander mehr als einmal das Leben gerettet und verstanden sich blind, wenn es haarig wurde. Als Team arbeiteten sie natürlich engstens zusammen.
Ihre Abenteuer waren bei der NUMA bereits legendär.
»Da kommen wir nicht beide durch, ohne dass die etwas merken«, sagte Pitt und deutete auf das enge Loch.
»Wir könnten doch einfach reinschwimmen und ihnen ein Messer zwischen die Rippen rammen«, meldete sich Giordino.
»So würden die das machen«, erwiderte Pitt so leise, dass Giordino ihn kaum verstehen konnte. »Aber meiner Meinung nach bringt es mehr, wenn wir sie lebend schnappen.«
»Leichter gesagt, als getan.«
Pitt spähte durch das Loch, wagte sich immer näher und musterte die beiden Taucher, die ganz in ihrer Arbeit aufgingen.
»Ich glaube, es gibt da eine Möglichkeit.«
»Mach’s nicht zu spannend«, sagte Giordino, der bereits die Handschuhe abstreifte, damit er besser zulangen konnte.
»Die haben bloß Messer dabei, die sie um die Wade geschnallt haben.«
»Wir doch auch«, versetzte Giordino, der trotz der Taucherbrille unwillkürlich die Augenbrauen hochzog.
»Ja, aber wir werden nicht hinterrücks von zwei frohgemuten Spitzbuben überfallen.«
Die Taucher nahmen die letzten Bilder von den Inschriften und Sternensymbolen auf. Während der eine ihre Fotoausrüstung in einem großen Seesack verstaute, brachte der andere in der einen Ecke der Kammer eine Sprengladung an.
Damit spielten sie Pitt und Giordino in die Hände. Kaum hatte sich der Taucher
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