Akte Atlantis
breit nur ein Haus sehe, muss es das hier sein.«
Giordino bog in die zweite Einfahrt, die in weitem Bogen zu dem Haus führte, fuhr aber geradeaus weiter zur Rückseite, statt unter dem überdachten Vorbau anzuhalten. Pitt musterte den zweistöckigen Ziegelbau, als Giordino eine etwas abseits stehende Garage ansteuerte.
Das Haus sah aus, als wäre es irgendwann nach dem Bürgerkrieg von jemandem gebaut worden, der reich und bedeutend war. Haus und Grundstück waren allem Anschein nach tadellos gepflegt, doch sämtliche Vorhänge waren zugezogen, so als wären die Bewohner für längere Zeit verreist.
Die Corvette rollte in eine Garage, deren Doppeltor weit offen stand.
Im Innern befanden sich lediglich ein paar Gartengeräte, ein Rasenmäher und eine Werkbank, die so aussah, als wäre sie seit Jahrzehnten nicht mehr benutzt worden. Giordino nahm den Gang heraus, stellte den Motor ab und wandte sich an Pitt.
»Was nun?«
Wie zur Antwort schloss sich das Garagentor. Ein paar Sekunden später sank der Wagen langsam und nahezu lautlos, von einem leichten Summen abgesehen, auf einem Aufzug nach unten. Pitt versuchte die Geschwindigkeit und die Tiefe zu schätzen, aber es wurde immer dunkler. Nach ungefähr dreißig Metern kam der Aufzug sacht zum Stehen. Eine Reihe Lampen ging an, und sie stellten fest, dass sie sich in einer geräumigen, aus Beton gebauten Tiefgarage befanden, in der etliche andere Autos standen. Giordino stieß mit der Corvette auf einen freien Stellplatz zwischen einem türkisfarbenen Jeep Cherokee mit der Aufschrift »NUMA« auf den Vordertüren und einer Chrysler Limousine. Der Jeep gehörte, wie sie wussten, Admiral Sandecker. Er bestand darauf, dass sämtliche Dienstfahrzeuge der NUMA über Allradantrieb verfügten, damit man sie auch bei schlechtesten Witterungsbedingungen einsetzen konnte.
Ein Marineinfanterist stand neben einer Eisentür auf Posten.
»Meinst du, die Karre ist hier gut aufgehoben?«, fragte Giordino spöttisch. »Oder soll ich sie lieber abschließen?«
»Nicht, dass ich die Hand dafür ins Feuer legen würde«, erwiderte Pitt, »aber ich habe das Gefühl, dass sie hier nicht wegkommt.«
Sie stiegen aus und gingen zu dem Wachposten, den die drei Streifen am Ärmel seiner Uniform als Sergeant auswiesen. Er nickte und begrüßte sie. »Sie müssen Dirk Pitt und Albert Giordino sein. Sie sind die Letzten.«
»Wollen Sie unsere Ausweise nicht sehen?«, fragte Giordino.
Der Posten lächelte. »Ich habe mir Ihre Fotos angeschaut. Ihr zwei seid so unverwechselbar wie Joe Pesci und Clint Eastwood. Und genauso leicht auseinander zu halten.«
Er drückte auf einen Knopf neben der Tür, worauf diese lautlos aufglitt und den Weg zu einem kurzen Korridor freigab, der zu einer weiteren Metalltür führte. »Bleiben Sie einen Moment stehen, wenn Sie zu der zweiten Tür kommen, damit Sie der Posten über seine Überwachungskamera identifizieren kann.«
»Traut er Ihrem Urteil etwa nicht?«, fragte Giordino.
Der Posten verzog keine Miene. »Nur zur Sicherheit«, sagte er kurz und knapp.
»Übertreiben die das nicht mit den Sicherheitsvorkehrungen?«, grummelte Giordino. »Wir hätten uns doch auch beim Mexikaner einen Tisch bestellen und die ganze Konferenz dort abhalten können.«
»In Sachen Sicherheit haben sämtliche Bürokraten eine Macke«, sagte Pitt.
»Dann wär’ ich wenigstens zu einem Burrito gekommen.«
Sie durften die zweite Tür passieren und gelangten in einen großen, mit Teppichboden ausgelegten Raum, dessen Wände mit schallschluckenden Blenden verhängt waren. Ein über fünf Meter langer, nierenförmiger Konferenztisch beherrschte den Raum. Am anderen Ende des Zimmers befand sich eine riesige Projektionswand. Die Beleuchtung war wohltuend indirekt und angenehm für die Augen. Mehrere Männer und eine Frau saßen an dem Tisch. Niemand stand auf, als Pitt und Giordino anrückten.
»Ihr kommt zu spät.« Das kam von Admiral Sandecker, dem Leiter der NUMA. Er war ein kleiner, drahtiger Mann mit feuerroten Haaren und Spitzbart, einem forschen, herrischen Blick und nussbraunen Augen, denen nichts entging. So ruhig er nach außen hin auch wirken mochte – Sandecker war wie ein Leopard, der beim Dösen ein Auge offen hält, weil er genau weiß, dass die Beute früher oder später von selbst in Reichweite kommt. Er war bissig und bärbeißig, konnte aber auch gütig und verständnisvoll sein, doch die NUMA führte er mit unerbittlicher Strenge. Er deutete jetzt
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