Akte Atlantis
Fremdkörper, so als hätte man sie nur als Blickfang dazugestellt, wirkten daneben die alte, mit einem Außenbordmotor bestückte schmiedeeiserne Badewanne und das eigenartige Boot mit den aufblasbaren Schwimmkörpern, der zusammengeschusterten Kajüte und dem Behelfsmast. Ein hoher Totempfahl der Haida-Indianer wachte über die ganze Sammlung.
Pitt blieb stehen, ließ den Blick über seine Schätze schweifen und betrachtete die schwungvollen Schriftzüge auf den alten Reklameschildern, die von der hohen, gewölbten Decke hingen, darunter auch eine Werbetafel für Burma Shave. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass noch alles an Ort und Stelle war, stieg er die schmiedeeiserne Wendeltreppe zu seiner über der Halle gelegenen Wohnung hinauf.
Dort sah es aus wie in einem Seefahrtsmuseum. Überall Glasvitrinen mit Schiffsmodellen, dazwischen Steuerräder mit Holzspeichen, Kompassgehäuse, Schiffsglocken und Taucherhelme aus Kupfer und funkelndem Messing. Die Wohnung selbst, mit Wohn- und Schlafzimmer, Badezimmer, Küche und angeschlossenem Esszimmer, war knapp über hundert Quadratmeter groß.
Trotz aller Müdigkeit packte er noch seinen Seesack aus und warf die schmutzigen Sachen in eine kleine Kammer, in der seine Waschmaschine und der Trockner standen. Dann ging er ins Badezimmer und stellte sich unter die Dusche, legte sich dann rücklings auf den Boden der Kabine, reckte die Beine an der einen Wand hoch und ließ das heiße Wasser auf sich herunterrinnen. Er hatte es sich gerade mit einem weißen Juan-Julio-Tequila auf reichlich Eis gemütlich gemacht, als die Schiffsglocke unten an der Tür schellte und einen Besucher ankündigte.
Pitt blickte auf einen der vier Bildschirme, die zwischen zwei Bücherregalen an der Wand angebracht waren, und stellte fest, dass es Rudi Gunn war, der stellvertretende Direktor der NUMA, der da Einlass begehrte. Er drückte auf einen Knopf an der Fernbedienung und sagte:
»Komm rein, Rudi. Ich bin oben.«
Gunn stieg die Wendeltreppe hinauf und trat in die Wohnung.
Er war eher schmächtig, hatte schütteres Haar, eine anmutig geschwungene Römernase und trug eine dicke Hornbrille. Er war einstmals hoher Offizier bei der Navy gewesen, Klassenbester auf der Marineakademie, ein hochintelligenter Mann, der bei der NUMA jede Menge Achtung genoss. Derzeit allerdings wirkte er etwas verdattert; mit weit aufgerissenen, unter der Brille übergroß wirkenden Augen sah er sich um.
»Zwei Typen im Kampfanzug, beide mit Schnellfeuergewehren, haben mich da draußen in die Mangel genommen, bis ich ihnen klar machen konnte, dass ich ein Freund und Kollege von der NUMA bin.«
»Ist auf Admiral Sandeckers Mist gewachsen.«
»Ich habe ja gewusst, dass er einen Sicherheitsdienst eingeschaltet hat, aber ich hatte keine Ahnung, dass er irgendwelche Zauberkünstler angeheuert hat, die plötzlich mir nichts, dir nichts vor einem stehen. Hat bloß noch gefehlt, dass es Puff macht und sie in einer Rauchwolke wieder verschwinden.«
»Die verstehen ihr Handwerk«, versetzte Pitt.
»Ich habe erfahren, was in Telluride vorgefallen ist«, sagte Rudi, während er sich in einen Sessel sinken ließ. »Und hier in der Stadt geht das Gerücht, dass dein Leben keinen Pfifferling mehr wert ist.«
Pitt ging in die Küche und brachte ihm ein Glas Eistee. Gunn trank so gut wie keinen Alkohol, allenfalls ab und zu ein Bier.
»Stimmt, jedenfalls wenn es nach den Pfeifenköpfen geht, die da von eine m Vierten Reich träumen. Die scheuen vermutlich weder Kosten noch Mühen, um mich unter die Erde zu bringen.«
»Ich war so frei und habe mich ein bisschen umgetan.« Gunn hielt inne und trank sein Glas aus. »Unter anderem habe ich mich mit ein paar alten Bekannten von der CIA…«
»Was hat denn die CIA damit zu tun – hier, im eigenen Land, bei einem ganz gewöhnlichen Verbrechen?«
»Die vermuten, dass die Killer, auf die du in der Paradise-Mine gestoßen bist, womöglich einem internationalen Verbrechersyndikat angehören.«
»Terroristen?«, fragte Pitt.
Gunn schüttelte den Kopf. »Um religiöse Fanatiker handelt es sich offenbar nicht. Auch wenn wir nicht genau wissen, worauf sie eigentlich hinauswollen. Bislang ist es weder der CIA noch Interpol gelungen, jemanden bei ihnen einzuschleusen. Die Geheimdienste unserer Verbündeten wollen lediglich gehört haben, dass es da eine gewisse Organisation gibt. Aber sie haben nicht die leiseste Ahnung, von wo aus die operieren oder wer dahinter steckt. Die
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