Akte Atlantis
Northrop. Admiral Sandecker hat oft von Ihnen gesprochen«, sagte Pitt freundlich.
»In den höchsten Tönen, will ich hoffen«, sagte Northrop lachend.
»Ehrlich gesagt hat er Ihnen nie verziehen, dass Sie ihm bei einer Expedition nördlich des Beringmeeres die Stiefel mit Eis gefüllt haben.«
»Jim ist ganz schön nachtragend. Das ist fünfzehn Jahre her.«
»Sie haben ziemlich viel Zeit in der Arktis und Antarktis zugebracht.«
»Ich untersuche jetzt seit achtzehn Jahren das Schelfeis.
Übrigens habe ich mich freiwillig bereit erklärt, Sie zu begleiten.«
»Halten Sie mich bitte nicht für unhöflich, aber ich gehe lieber allein.«
Northrop nickte und fasste sich mit beiden Händen an den ausladenden Bauch.
»Könnte aber nichts schaden, jemanden mitzunehmen, der sich mit dem Eis auskennt. Außerdem bin ich besser in Form, als es den Anschein hat.«
»Ein gutes Argument.«
»Boden steigt an«, verkündete Gillespie. Dann rief er im Maschinenraum an. »Alle Maschinen stoppen. Bis hierher und nicht weiter.« Er warf einen Blick zu Pitt. »Wir befinden uns genau an der Position, die du mir vorgegeben hast.«
»Besten Dank, Dan. Gute Arbeit. Das müsste ungefähr die Stelle sein, an der die
Paloverde
1858 während des antarktischen Winters eingefroren war.«
Northrop starrte durch das Brückenfenster auf das Eisfeld, das sich vom Schiff bis zur Küste erstreckte. »Meiner Meinung nach etwa drei Kilometer. Ein kurzer Fußmarsch an der frischen Luft wird uns gut tun.«
»Gibt es keine Schneemobile an Bord?«
»Tut mir leid, aber unsere Arbeit findet meistens im Umkreis von hundert Metern um das Schiff statt. Wir wollten unseren Forschungsetat nicht mit unnötigen Ausgaben belasten.«
»Was für eine Temperatur hat diese frische Luft denn?«
»Zwanzig bis fünfundzwanzig Grad unter null. Relativ warm für diese Breitengrade.«
»Ich kann’s kaum erwarten«, sagte Pitt lakonisch.
»Sie können sich glücklich schätzen, dass derzeit hier unten Herbst ist. Im Frühjahr ist es viel kälter.«
»Ich ziehe die Tropen vor, warme Passatwinde und bezaubernde Mädchen in Sarongs, die sich zum Klang der Trommeln wiegen.«
Sein Blick fiel auf eine attraktive Asiatin, die auf ihn zukam.
»Übertreiben Sie’s nicht ein bisschen?«, sagte sie lächelnd.
»Das ist so meine Art.«
»Sie sind also Dirk Pitt.«
Er lächelte strahlend. »Das will ich hoffen. Und Sie müssen Evie Tan sein. Dan Gillespie hat mir erzählt, dass Sie eine Reportage über die Eismeerexpedition schreiben wollen.«
»Ich habe eine Menge über Ihre Heldentaten gelesen. Dürfte ich sie vielleicht interviewen, wenn Sie von Ihrer Erkundungstour zurück sind, worum immer es dabei auch gehen mag?«
Pitt warf Gillespie einen fragenden Blick zu, doch der schüttelte den Kopf. »Ich habe keiner Menschenseele erzählt, worum es geht.«
Pitt drückte ihr die Hand. »Sie dürfen mich gern interviewen, aber unser Projekt ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.«
»Geht es um irgend etwas Militärisches?«, fragte sie mit unschuldiger Miene.
Pitt bemerkte sofort, dass sie ihn aus der Reserve locken wollte. »Es geht weder um militärische Geheimnisse noch um spanische Schatzschiffe, noch um irgendwelche Schneemenschen. Genau genommen ist die Sache so langweilig, dass ich nicht sicher bin, ob sich ein Journalist, der etwas auf sich hält, überhaupt dafür interessiert.« Dann wandte er sich an Gillespie. »Sieht so aus, als hätten wir das U-Boot am Rand des Packeises abgehängt.«
»Entweder das«, sagte der Kapitän, »oder sie sind uns unter dem Eis gefolgt.«
»Alles ist bereit«, sagte Bushey, der Erste Offizier, zu Pitt.
»Bin schon unterwegs.«
Die Besatzung legte die Gangway aus und ließ drei Schlitten aufs Eis hinab. Auf dem einen befand sich unter einer Plane eine Kiste mit allerlei Geräten zum Spalten des Eises, auf den anderen waren Seile zum Festzurren der Artefakte verstaut, die sie zu finden hofften. Pitt stand bis über die Knöchel in dem pulvrigen Schnee und schaute zu Gillespie, der einem hünenhaften Mann mit einer Statur wie ein Kodiakbär zuwinkte.
»Ich gebe dir und Doc Northrop meinen Dritten Offizier mit.
Darf ich vorstellen, Ira Cox.«
»Habe die Ehre«, grummelte Cox durch seinen bis zur Brust reichenden Bart. Dem Tonfall nach zu schließen, stammte er irgendwo aus dem tiefen Süden der Vereinigten Staaten. Er bot ihnen nicht die Hand zum Gruß. Seine mächtigen Pranken steckten in nicht minder riesigen
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