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Akte Mosel

Akte Mosel

Titel: Akte Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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nächtlicher Schlüssellochsuche helfen soll. Die Leuchtkraft ist zu schwach, um hier etwas auszurichten. Walde schaltet es aus und tastet mit dem ausgestreckten rechten Arm an der Wand entlang. Er hebt die Füße höher und fuchtelt mit der linken Hand vor sich ins Dunkel.
    Ein quietschendes Geräusch kommt von weit vor ihm, gefolgt vom ruhigen Tuckern des Motors im Leerlauf. Es folgen dumpfe Schläge. Soweit er sich überwinden kann, beschleunigt Walde seine Schritte. Ab und zu streift sein Haar die Decke, und er bückt sich noch tiefer. Es scheppert heftig. Das Geräusch pflanzt sich durch den Stollen fort.
    Walde bleibt stehen und reißt die Augen weit auf. Es bleibt ringsum schwarz. Er hört nur seinen schnellen Atem, sonst ist es still wie in einem Grab. Sein Mund steht weit offen. Bemüht, so wenige Geräusche wie möglich zu machen, setzt er einen Fuß vor den anderen.
    In dem Moment als sein Fuß in eine große Pfütze platscht, stößt seine nach vorn ausgestreckte Hand gegen weichen Stoff. Er schreckt zurück. Plötzlich zucken grelle Blitze ringsum. Seine Kiefer prallen hart aufeinander. Der Schlüssel fällt klirrend zu Boden. Es folgt ein stechender Schmerz in seiner Schädeldecke. Er duckt sich und tritt, sich aufrichtend, mit voller Wucht nach vorn. Sein Fuß trifft. Walde weicht zurück. Vor ihm lärmt es, als wäre etwas zu Boden gefallen und würde noch eine Weile hin und her schaukeln. Walde hält den Atem an und lauscht mit äußerster Konzentration. Nichts rührt sich. Vorsichtig tastet er um sich herum den Boden ab. Immer wieder unterbricht er die Suche und lauscht. Endlich findet er den Schlüsselbund. Aus welcher Richtung ist er gekommen? Er versucht, sich zu orientieren. Jetzt nicht hektisch werden, nur keine Panik bekommen. Er ertastet eine Wand. Immer noch ist alles still. Dann schaltet er das Birnchen an und untersucht den Boden. Mit der Hand stößt er gegen etwas Hartes. Es ist ein Helm. Das Lämpchen ist kaum eine Hilfe. Daneben liegt eine Gestalt. Walde tastet sie nach und nach mit dem Lichtstrahl ab. Die Beine sind seltsam verdreht. Die Jacke ist blau. Er fühlt den Stoff. Es ist wahrscheinlich Baumwolle, eine Arbeitsjacke. Er drückt etwas fester. Der Stoff gibt nicht nach. Der ganze Körper rutscht zur Seite. Er packt mit beiden Händen zu. Der Körper ist leicht, viel zu leicht, es ist eine Puppe.
    Walde tastet zur Wand zurück. Was hat ihm sein Freund Jo, neben Wein- auch ein ausgewiesener Kellerkenner, von seinen unterirdischen Exkursionen berichtet? Falls man sich verirrt hat, immer an einer Wand, rechts oder links, vorbeitasten. Dann kommt man unweigerlich wieder zum Ausgang, muß aber in Kauf nehmen, durch viele abzweigende Gänge zu irren. Eine zweite Möglichkeit, die Jo beschrieb, war, der Zugluft zu folgen. Die gibt es aber nur, wenn drinnen der Temperaturunterschied zur Außenluft groß genug ist …
    Von Ferne hört Walde Rufen, kann aber nichts verstehen. Er befühlt seinen Kopf. Ist es Schweiß oder Blut, was sich da so warm anfühlt? Er wischt die Hand an seinem Hemd ab. Hat sich weiter vorn im Stollen etwas geregt? Walde kann die Entfernung nicht abschätzen. Der Motor wird wieder gezündet, heult kurz auf und tuckert im Leerlauf weiter. Das dumpfe Klopfen beginnt von neuem. Jetzt wird Walde klar, was es sein könnte. Eine Treppe, deshalb fährt er nicht. Der Motor heult auf, die Treppe scheint zu Ende zu sein.
    An der Decke leuchten Lampen auf. Um Walde herum stehen und liegen Puppen in Bergmannskleidung. Jetzt sieht er auch die Grubenlampen an den Helmen. Seine Augen brennen; nachdem er darüber fährt, ist seine Hand rot. Weiter hinten ist eine lange Treppe, die in einen größeren Raum führt. Auf der einen Seite liegt Schutt, daneben ist ein weiterer Stollen. Walde horcht. Das Motorgeräusch ist nicht mehr zu hören. Menschen mit Helmen und gelben Friesennerzen kommen die Treppe herunter. Ein Mann in heller Arbeitsjacke mit einem breiten schwarzen Gürtel darüber drängt sich nach vorn und schaut ihn erschrocken an: »Herr Bock?«
    »Ja?«
    »Ihr Kollege, ich soll Ihnen ausrichten, er hat die Verfolgung aufgenommen. Ich rufe Ihnen einen Krankenwagen.«
    »Danke, ich habe mir nur den Kopf gestoßen.«
    »Das muß versorgt werden. Ich bringe Sie zu einem Arzt in Fell. Sie sind nicht der erste, dem das hier im Berg werk passiert ist.«
    An der Pforte des Präsidiums erfährt er, daß Polizeipräsident Stiermann, intern ›Seekuh‹ genannt, ihn

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