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Akte Weiß: Das Geheimlabor, Tödliche Spritzen

Titel: Akte Weiß: Das Geheimlabor, Tödliche Spritzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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erlebt, trotzdem machte ihn dieses Auto stutzig. Während der letzten Woche hatte er den grauen Ford mit den abgedunkelten Scheiben jeden Tag durch das Tor fahren sehen, manchmal morgens, manchmal nachmittags. Er parkte beim Bogen zum „Ewigen Frieden” und blieb dort ein oder zwei Stunden. Seltsam war, dass nie einer ausstieg. Wenn jemand die letzte Ruhestätte einer nahe stehenden Person besuchte, sollte man dann nicht annehmen, dass er wenigstens aussteigen würde, um sich das Grab anzuschauen und dort etwas zu verweilen?
    Komische Leute gab es. Ben nahm seine Heckenschere und begann den Hibiskus zu beschneiden. Er blickte auf, als ein alter Chevy durch die Pforte fuhr und parkte. Ein spindeldürrer Mann stieg aus und winkte Ben zu. Lächelnd erwiderte Ben den Gruß und beobachtete, wie sich drüben das stets gleiche Ritual vollzog. Der Mann hatte einen frischen Veilchenstrauß in der Hand. Er nahm die welken Blumen fort und legte die neuen hin. Dann säuberte er das Grab der jungen Frau von Blättern und Ästen, kniete nieder und verweilte einige Zeit so. Das tat er immer. Ben wusste, dass jeder Besuch genau gleich verlief.
    Als der Mann sich endlich erhob, hatte Ben den Hibiskus bereits geschnitten und arbeitete jetzt an der Bougainvillea. Er blickte dem Mann nach, der in seinen alten Chevy stieg und vom Friedhof fuhr. Er wusste nicht, wie der Mann hieß, aber er war sicher, dass er die Person, die in jenem Grab lag, sehr geliebt hatte. Ben ließ die Heckenschere fallen und ging hinüber zu dem frischen Veilchenstrauß, um den ein rosa Band gewickelt war. Neben dem Grab war noch die Druckstelle im Gras, wo der Mann gekniet hatte.
    Das Geräusch eines zweiten Automotors ließ Ben aufmerksam werden. Er sah den grauen Ford anfahren und dem alten Chevy folgen. Was sollte das nun wieder?
    Ben blickte auf die Steinplatte vor sich: Jennifer Brook, achtundzwanzig Jahre. Er dachte traurig: so eine junge Frau. Wie schade.
    „Für Sie Schinken auf Vollkornbrot und ein Anruf auf Leitung vier”, sagte Sergeant Brophy und stellte die braune Papiertüte auf den Schreibtisch.
    Pokie hatte die Wahl zwischen seinem Sandwich und dem blinkenden Telefon. Das Sandwich siegte. Schließlich musste man Prioritäten setzen, und die Beschwichtigung seines knurrenden Magens stand wohl bei jedem auf der Prioritätenliste ganz oben. Er deutete mit dem Kopf aufs Telefon. „Wer ist dran?”
    „David Ransom.”
    „Nicht schon wieder!”
    „Er verlangt, dass wir über den O’Brien-Fall eine Akte anlegen. Er geht davon aus, dass es Mord war.”
    „Warum nervt er mich dauernd mit diesem Fall?”
    „Ich denke, er hat eine Schwäche für … für …” Brophys Gesicht verzog sich, da ein Nieser im Anzug war, und er konnte gerade noch rechtzeitig ein Taschentuch herausholen, das den Explosionsknall dämpfte, „… für diese Ärztin.”
    „Davy?” lachte Pokie mit vollem Mund. „Männer wie David verlieben sich nicht. Die halten sich nämlich für viel zu klug für solchen romantischen Kram.”
    „So klug ist niemand”, meinte Brophy.
    Es klopfte, und ein uniformierter Beamter steckte seinen Kopf zur Tür herein. „Leutnant? Ein Anruf von ganz oben.” „Vom Chef?”
    „Er hat das Büro voller Reporter. Sie wollen etwas über das vermisste Sasaki-Mädchen erfahren. Er will Sie sofort oben sehen.”
    Pokie blickte bedauernd auf sein Sandwich. Leider rangierten Anrufe von ganz oben auf der Prioritätenliste etwa auf gleicher Ebene wie Atmen. Seufzend ließ er sein Sandwich im Stich und zog sein Jackett über.
    „Was ist mit Ransom?” erinnerte Sergeant Brophy ihn. „Sagen Sie ihm, dass ich zurückrufe.”
    „Wann?”
    „Nächstes Jahr”, murmelte Pokie und ging zur Tür. Halblaut fügte er hinzu: „Wenn er Glück hat.”
    Leise schimpfend setzte sich David auf den Fahrersitz und schlug die Tür zu. „Das war eine Abfuhr.”
    Kate blickte ihn durchdringend an. „Aber die haben Jenny Brooks Akte gesehen. Und sie haben mit Kahanu gesprochen …”
    „Die Polizei glaubt, für eine Morduntersuchung gebe es nicht genügend Beweise. Ihrer Ansicht nach ist Ellen O’Brien an einem Kunstfehler gestorben. Ende der Debatte.”
    „Dann sind wir auf uns allein gestellt.”
    „Falsch. Wir steigen aus.” Aufgebracht startete er den Motor und fuhr los. „Die Sache wird zu gefährlich.”
    „Das war sie von Anfang an. Warum bekommst du jetzt kalte Füße?”
    „Okay, ich gebe es zu: Bisher hatte ich immer noch leise Zweifel, ob ich

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