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Akte Weiß: Das Geheimlabor, Tödliche Spritzen

Titel: Akte Weiß: Das Geheimlabor, Tödliche Spritzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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ist Kate jetzt?”
    „Ich habe sie zu meiner Mutter gebracht. Ich wollte sie nicht allein lassen.”
    „Dann ist sie in Sicherheit?”
    „Wenn man es für sicher hält, in Gegenwart meiner Mutter zu sein, ja. Warum?”
    Pokie schwenkte den Bericht. „Das ist gerade aus M.J.s Büro gekommen, Deckers Autopsiebericht. Er ist nicht ertrunken.” Pokie lehnte sich leise fluchend zurück, bevor er hinzufügte: „Er war seit Stunden tot, bevor er ins Wasser fiel.”
    Jinx Ransom biss in einen frisch gebackenen Ingwerkeks und meinte: „Rache ist ein sehr logisches Motiv für Mord.”
    Sie und Kate saßen auf der hinteren Veranda mit Blick auf den Friedhof. Es war ein windstiller Nachmittag. Nichts bewegte sich, kein Blatt, nicht einmal die Luft. Gracie kam mit einem Tablett, auf dem die Kaffeetassen und Löffel aneinander schlugen, aus der Küche und blickte zum Himmel.
    „Es wird regnen”, stellte sie fest.
    „Charlie Decker war ein Poet”, sagte Kate. „Er liebte Kinder, und Kinder liebten ihn. Glauben Sie nicht, dass sie etwas gemerkt hätten, wenn er gefährlich gewesen wäre?”
    „Nein. Kinder sind genauso dumm wie wir alle. Und dass er ein Poet war, bedeutet auch nichts. Er hatte fünf Jahre Zeit über seinen Verlust zu brüten. Das reicht, um aus einer Besessenheit Gewalttätigkeit werden zu lassen.”
    „Aber die Menschen, die ihn kannten, sind einstimmig der Meinung, dass er kein gewalttätiger Mann war.”
    „Gewalttätig sind wir alle, besonders wenn es um Menschen geht, die wir lieben. Liebe und Hass sind miteinander verknüpft.”
    „Das ist eine harte Einschätzung der menschlichen Natur.” „Aber eine realistische. Mein Mann war Richter, mein Sohn Staatsanwalt. Glauben Sie mir, die Realität ist grausamer als unsere Fantasie. Ich habe all ihre Geschichten gehört.”
    Kate blickte über die weite Rasenfläche und fragte: „Warum hat David das Büro des Staatsanwaltes verlassen? Er sprach zwar einmal von einem Sklavengehalt, aber ich glaube, Geld bedeutet ihm nicht wirklich etwas.”
    „Das ist richtig.” Jinx blickte unentschlossen auf ihren angebissenen Keks, sah dann Kate an und sagte: „Sie waren eine Überraschung für mich, Kate. Nicht nur, weil David mir selten eine Frau vorstellt, sondern weil Sie Ärztin sind.”
    „David mag Ärzte nicht”, fügte Gracie erklärend hinzu. „Man könnte schon sagen, er verachtet sie.”
    Jinx griff nach ihrem Stock und stand auf. „Kommen Sie, Kate. Ich möchte Ihnen etwas zeigen.” Sie gingen langsam hinüber zum Friedhof zu einem schattigen Platz unter einem Baum. Zu ihren Füßen lag ein kleiner Blumenstrauß auf einem Grab.
    Noah Ransom sieben Jahre
stand auf der Grabplatte.
    „Mein Enkel”, sagte Jinx.
    „Es muss schrecklich für David gewesen sein, sein einziges Kind zu verlieren”, erwiderte Kate leise.
    „Es war für uns alle schrecklich, aber für David vielleicht am schlimmsten. In gewisser Weise ist er wie sein Vater. Er verschenkt seine Liebe nicht leicht, aber wenn, dann vorbehaltlos. Dieser Junge war das Wertvollste, das er im Leben hatte, und er hat seinen Tod nie verwunden. Vielleicht hat er deshalb so viele Probleme mit Ihnen, Kate.” Sie wandte sich ihr zu. „Wissen Sie, wie der Junge starb?”
    „David erwähnte einmal etwas von Meningitis.”
    „Bakterielle Meningitis, eine heilbare Erkrankung, richtig?” „Wenn sie rechtzeitig erkannt wird.”
    „Wenn! Und genau das bringt David um den Verstand. Als der Junge seinerzeit erkrankte, war David zu einer Tagung in Chicago. Linda dachte sich zunächst nichts Schlimmes, Kinder fangen sich immer schnell etwas ein. Erst als das Fieber nicht sank und der Junge über starke Kopfschmerzen klagte, brachte sie ihn zu einem Arzt. Ihr Hausarzt war in Urlaub, deshalb gingen sie zu einer Vertretung. Dort saßen sie zwei Stunden im Wartezimmer, dann befasste sich der Arzt fünf Minuten mit dem Kind und schickte sie nach Hause.”
    Kate starrte auf das Grab und fürchtete zu wissen, was nun kam.
    „Linda rief den Arzt noch dreimal in dieser Nacht an, doch sie wurde nur als überängstliche Mutter beschimpft, die aus einer Erkältung eine Katastrophe mache. Als sie Noah schließlich ins Krankenhaus brachte, war er schon im Delirium und fragte immer nur nach seinem Daddy. Die Ärzte taten, was sie konnten, aber …”
    Jinx zuckte die Schultern. „Es war für beide nicht leicht. Linda hatte Schuldgefühle, und David zog sich in sein Schneckenhaus zurück und kam nicht mehr

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