Akte Weiß: Das Geheimlabor, Tödliche Spritzen
Todesrate von über achtzig Prozent.” Er tippte auf eine der Seiten. „Auf der Haut der Infizierten entstehen Blasen. Ungefähr vierzehn Tage nach Infektion tritt der Tod ein.”
„Blasen wie bei Windpocken?” fragte Cathy.
„Ja, aber nicht so harmlos. Es ist ein uraltes Virus, das man modifiziert hat. Ansteckender und tödlicher gemacht hat, womit eine wirklich gewaltige Waffe entsteht angesichts der Millionen Menschen, die das alte Virus bereits getötet hat.”
„Millionen?” Cathy starrte ihn an.
„Pocken!”
„Das ist unmöglich!” rief Cathy. „Pocken sind ausgelöscht.”
„Sie waren es”, entgegnete Victor. „Durch weltweite Impfungen. Pocken sind seit Jahrzehnten nicht mehr gemeldet worden. Ich weiß nicht einmal, ob der Impfstoff noch hergestellt wird. Ollie?”
„Nicht mehr erhältlich. Kein Bedarf, da das Virus verschwunden ist.”
„Wo kommt dann dieses Virus her?” fragte Cathy.
Ollie zuckte die Schultern. „Vermutlich aus dem Schrank von irgendjemandem.”
„Ach, kommen Sie!”
„Ich meine es ernst. Nachdem die Pocken ausgelöscht worden waren, wurden ein paar Virenproben in Regierungslabors am Leben erhalten, nur für den Fall, dass jemand sie für zukünftige Forschung benötigt. Das ist sozusagen ein wissenschaftliches Skelett im Schrank. Diese Labors haben höchste Sicherheitsstufe, denn sollte eines der Viren entkommen, käme es zu einer gewaltigen Epidemie.”
Er betrachtete den Stapel Fotos. „Sieht so aus, als wäre die Sicherheit bereits durchbrochen worden. Jemand hat offenbar das Virus in die Finger bekommen.”
„Oder es wurde ihm übergeben. Mit besten Grüßen von der US-Regierung.”
„Ich finde das unglaublich, Gersh”, sagte Ollie. „Dieses Experiment ist ein Pulverfass. Kein Komitee würde ein solches Experiment genehmigen.”
„Richtig. Deshalb glaube ich, dass es die Aktion eines Einzelgängers ist. Es ist leicht, sich ein solches Szenarium vorzustellen. Eine Gruppe von Falken brütet das über den Nationalen Sicherheitsrat aus. Oder die Stabschefs untereinander. Oder sogar das Oval Office. Jemand sagt: ,Die Weltpolitik hat sich verändert. Wir können den Feind nicht mit Atomwaffen vernichten. Wir brauchen neue Waffen, die gut gegen eine Armee der dritten Welt wirken. Suchen wir welche.’ Und irgendein Mann in diesem Raum, irgendein patriotischer Roboter, versteht das als Startsignal, ungeachtet internationaler Gesetze.”
„Und da es inoffiziell ist”, warf Cathy ein, „könnte man es total abstreiten.”
„Richtig. Die Regierung könnte behaupten, von nichts gewusst zu haben.”
„Klingt nach einer Wiederholung der Iran-Kontra-Affäre.”
„Mit einem großen Unterschied”, erwiderte Ollie. „Als die Iran-Kontra-Affäre aufflog, gab es nur ein paar zerstörte politische Karrieren. Falls bei dem Projekt Zerberus etwas schief läuft, gibt es ein paar Millionen toter Menschen.”
„Aber, Ollie”, sagte Milo. „Ich wurde als Kind gegen Pocken geimpft. Heißt das nicht, dass ich geschützt bin?”
„Wahrscheinlich, vorausgesetzt, das Virus wurde nicht zu sehr verändert. Wahrscheinlich ist sogar jedermann über fünfunddreißig geschützt. Aber denkt daran, eine ganze Generation nach uns wurde nie geimpft. Junge Erwachsene und Kinder. Bis man genug Impfstoff für sie alle hergestellt hätte, würde eine Epidemie wüten.”
„Ich beginne die Logik dieser Waffe zu begreifen”, sagte Victor. „Wer stellt in jedem Krieg die Hauptmasse an Soldaten? Junge Erwachsene.”
Ollie nickte. „Die würden schwer getroffen werden. Genauso die Kinder.”
„Eine ganze Generation”, murmelte Cathy. „Nur die Alten würden verschont bleiben.” Sie blickte zu Victor hinüber und sah in seinen Augen das Entsetzen gespiegelt, das sie verspürte.
„Die haben einen passenden Namen ausgesucht”, sagte Milo.
Ollie runzelte die Stirn. „Wieso?”
„Zerberus. Der dreiköpfige Hund der Unterwelt.” Milo blickte sichtlich erschüttert auf. „Der Wächter der Toten.”
Nicholas Savitch brauchte nur zwei Stunden, um zu packen und nach Palo Alto zu fahren. Von Matt Tyrone hatte er gehört, dass Holland in Stanford war und vermutlich alte Freunde aufsuchte.
Es war zwei Uhr nachts, als Savitch in den Palm Drive bog. Er betrachtete die stillen Gebäude von Hollands Alma mater. Savitch trug in seinem Aktenkoffer eine Liste von Namen, die er aus der Akte des Mannes hatte. Am Morgen wollte er mit diesen Namen anfangen, an die Türen von
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