Akte X
leicht verändert, doch die Fotos zeigten alle das gleiche Ergebnis. Erneut blätterte er die Aufnahmen durch, ehe er resignierend den Kopf schüttelte.
Schnauz wollte es noch einmal versuchen. Er ergriff die Kamera und drückte auf den Auslöser, doch nichts regte sich. Der Film war zu Ende. Er schleuderte die Kamera zu Boden und wandte sich zu Scully um.
„Was bedeutet das?“ fragte er heiser und zeigte ihr die Polaroidfotos.
Die grausamen Bilder erschreckten sie, doch sie gaben ihr auch neue Hoffnung.
„Das bedeutet, daß Sie Hilfe brauchen“, erwiderte sie sanft.
Wieder betrachtete Schnauz die Bilder eingehend.
„Ich glaube, es bedeutet, daß ich nicht mehr viel Zeit habe“, murmelte er.
Er legte die Fotos auf die Instrumentenschale, langte ohne ein weiteres Wort nach dem Klebeband und kam auf sie zu.
„Nein, Gerry, hören Sie auf.“ schrie sie.
Das waren ihre letzten Worte, bevor Schnauz sie mit einem Streifen Klebeband zum Schweigen brachte. Dann griff er nach dem Leukotom und hielt ihr das nadelspitze Instrument direkt vors Gesicht. Wie ein wildes Tier in der Falle kämpfte Scully um ihre Freiheit. Ohne auf ihre erstickten Protestrufe zu achten, führte Schnauz das Leukotom an ihr linkes Auge heran. Seine Miene signalisierte mehr als deutlich, daß er bereit war, die Heuler aus ihr herauszubohren -
koste es, was es wolle. Panisch ruckte Scully auf ihrem Folterstuhl hin und her. Noch einmal versuchte sie, ihm zu entkommen, indem sie ihren Kopf abwandte.
Verärgert riß er ihren Kopf wieder herum, wobei er zum wiederholten Male dachte, daß er auch sie in Dämmerschlaf hätte versetzen sollen. So aber veranlaßten die Heuler sie zum Kämpfen, und das gefiel ihm nicht.
„Schhh“, zischte er kalt, und in diesem Augenblick der Stille hörte er etwas, das ihn weitaus mehr beunruhigte als Scullys Gegenwehr - das metallische Seufzen von belasteten Federn.
Er hielt den Atem an, und das leise Quietschen erklang noch einmal.
Leise bewegte sich Schnauz zur Wand und schob eine Ecke einer dicken, schalldämmenden Schaumstoffplatte zur Seite. Durch das Fenster fiel ein Strahl fahlblauen Lichts auf sein Gesicht.
Hinter ihm kämpfte Scully mit zunehmender Heftigkeit gegen die Klebestreifen, die sie auf dem Stuhl festhielten. Immer wieder spannte und entspannte sie die Muskeln in ihrem rechten Arm. Schnauz beachtete ihren mühevollen Befreiungskampf gar nicht. Ihn interessierte viel mehr, was da draußen vor sich ging. Das nadelspitze Leukotom noch immer fest umklammert, starrte er zum Fenster hinaus und sah einen Mann auf der Trittstufe, der vergeblich versuchte, zu ihm hereinzuschauen. Es war der Mann, der ihm auf dem Polizeirevier all diese Fragen gestellt hatte. Schnauz wußte, daß ihn die stark getönten Scheiben vor den Blicken des Mannes schützen würden. Und er wußte, daß er sich wieder an die Arbeit machen sollte - die weißen Grabsteine sagten ihm das mehr als deutlich.
Mulder balancierte auf der einfahrbaren, federgelagerten Trittstufe eines alten Winnebagos, der ganz unauffällig zwischen den anderen Fahrzeugen auf dem Friedhofsparkplatz stand. Es gab keinerlei äußere Anzeichen, die ihn vermuten ließen, daß sich Scully in diesem Wagen befinden könnte. Andererseits konnte man von hier aus die Gräber sehen, und der Wohnwagen war groß genug, um einem zahnärztlichen Behandlungsstuhl Platz zu bieten. Mulder trat von der Stufe herab und versuchte, durch die Heckscheibe zu blinzeln, doch er sah lediglich schwarz.
Anschließend unrundete er den Winnebago und spähte durch die Frontscheibe in die Fahrerkabine.
Vom Beifahrerfenster aus erkannte er schließlich den schwarzen Samtvorhang hinter den Sitzen, der die Fahrerkabine vom Wohnwagenbereich trennte.
Die Türen waren verschlossen. Mulder blickte sich weiter in der Kabine um - bis ein kleiner Gegenstand seine ganze Aufmerksamkeit auf sich zog. Er preßte das Gesicht gegen die Scheibe und schirmte die Augen vor den Sonnenstrahlen ab, die sich im Glas widerspiegelten. Der Schlüssel steckte noch im Zündschloß, obwohl der Motor abgestellt und niemand in Sichtweite war. Und an dem Schlüsselring baumelte ein großer, weißer Plastikzahn.
„Scully!“ brüllte Mulder.
In diesem Augenblick gelang es Scully, ihren rechten Unterarm aus dem Klebeband zu befreien.
Sie versetzte dem Instrumententisch einen Stoß, so daß er krachend zu Boden fiel. Schnauz wirbelte herum, doch da hatte sich Scully bereits den Klebestreifen vom Mund
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