Akte X
Fahrerseite, als wäre der Tote eine Zirkusattraktion. »Grauenhaft«, murmelte er. »Was ist mit dem Mann passiert?«
»Niemand sollte den Körper berühren, bis wir nicht Verstärkung erhalten haben«, sagte Mulder scharf. »Der Gerichtsmediziner von Portland hat bereits einen ähnlichen Fall erlebt. Vielleicht sollten wir ihn benachrichtigen, weil er damit schon Erfahrung hat.«
Der Polizist zögerte, als ob er noch ein Dutzend weitere Fragen stellen wollte, wandte sich aber dann ab und kehrte zu seinem Funkgerät zurück.
Mulder ging um den Kühler des Trucks herum und stellte
fest, daß sich die Kabine nach rechts geneigt hatte und das Fahrzeug fast umgekippt wäre. Allerdings hielten die Ketten die gesplitterten Baumstämme sicher auf der Ladefläche, so daß zunächst einmal keine Gefahr bestand.
Als die Schüttelkrämpfe des Fahrers eingesetzt hatten und er mit dem schweren Transporter von der Straße abgekommen war, mußte sein Fuß glücklicherweise vom Gaspedal gerutscht sein. Der Holztransporter war auf dieser Steigung zum Halt gekommen, ohne gegen einen Baum zu prallen oder eine steile Böschung hinunterzustürzen.
Mulder musterte den Kühlergrill des Trucks, während der Regen wieder stärker wurde. Wasser tropfte in seinen Nacken. Er schüttelte sich und schlug den Mantelkragen hoch.
Er ging um den Laster herum und stieg in den Straßengraben. Wasser gurgelte um seine Schuhe, Unkraut strich über seine Hosenaufschläge. Wenn er erst einmal völlig durchweicht war, sagte er sich, würde ihm auch der Regen nichts mehr ausmachen.
Dann sah er, daß die Beifahrertür des Holztransporters einen Spalt weit offen stand.
Er erstarrte. Sofort schössen ihm andere Möglichkeiten durch den Kopf. War vielleicht noch jemand in dem Truck gewesen, ein Passagier - ein Beifahrer, vielleicht sogar ein Anhalter? Vielleicht der Träger dieses tödlichen biologischen Wirkstoffs?
Mulder trat vorsichtig an die offene Tür, drehte sich dann um und suchte die Bäume und das hohe Gestrüpp nach einer zweiten Leiche ab, der Leiche eines Passagiers, der dieselben Krämpfe bekommen, sich aber mit letzter Kraft aus dem Truck geschleppt hatte und draußen zusammengebrochen war.
Aber er sah nichts. Der Regen wurde stärker.
»Haben Sie was gefunden, Agent Mulder?« rief der Polizist.
»Noch nicht«, sagte er. »Bleiben Sie, wo Sie sind.«
»Ich habe Verstärkung angefordert«, informierte ihn der Polizist. »Der Gerichtsmediziner aus Portland ist ebenfalls unterwegs. Sie müßten bald hier sein.« Dann ließ er Mulder seine Untersuchung fortsetzen und wandte sich wieder dem Fahrer des Lieferwagens zu.
Vorsichtig zog Mulder an der schweren Beifahrertür, und sie schwang knarrend auf. Er trat zurück und spähte ins Innere.
Aus diesem Blickwinkel sah der tote Trucker noch ver-krümmter und verdrehter aus. Die Windschutzscheibe auf seiner Seite und das Fenster der Fahrertür waren beschlagen. Die Luft roch feucht, aber nicht nach den Ausdünstungen des Todes. Trotz seines schrecklichen Zustands mußte der Mann erst vor kurzem gestorben sein.
Doch am meisten interessierte ihn der Beifahrersitz. Er entdeckte die Fetzen eines zerrissenen Hemdes und Tropfen einer seltsamen, durchscheinenden klebrigen Substanz auf der Polsterung. Eine Art geronnenen ... Schleims, wie ihn Mulder bereits bei dem toten Nachtwächter gesehen hatte.
Er schluckte hart und hielt sich in sicherer Entfernung, achtete sorgfältig darauf, nichts zu berühren. Offenbar handelte es sich hier tatsächlich um dasselbe Phänomen wie in den DyMar-Laboratorien. Mulder war überzeugt, daß dieses fremde Toxin, dieser tödliche Erreger bei Kennessys verbotenen Forschungen entstanden war.
Vielleicht hatte der bedauernswerte Trucker jemand mitgenommen und sich bei ihm angesteckt. Nachdem der Transporter im Straßengraben gelandet und der Fahrer gestorben war, hatte sich der mysteriöse Beifahrer davongemacht.
Aber wohin war er geflohen?
Mulder entdeckte einen Fetzen Papier auf der Fußmatte
vor dem Beifahrersitz. Zuerst hielt er es für Bonbonpapier oder ein Etikett, aber dann erkannte er, daß es ein Foto war, zerknickt und halb im Schatten des Sitzes verborgen.
Mulder zog einen Kugelschreiber aus der Tasche und beugte sich nach vorn, wobei er darauf achtete, nicht mit dem Schleim in Berührung zu kommen. Es war riskant, aber er hatte das sichere Gefühl, daß es wichtig war. Er zog das zerknitterte Foto mit dem Kugelschreiber zu sich heran. An den Ecken
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