Akte X
mehr als er Jeremy Dorman je vertrauen würde.
Jody hielt sich die Seite und rannte weiter. Sein Kopf dröhnte, sein Herz raste wie ein Rennwagenmotor.
Hinter ihm watete Dorman durch den kalten Bach und versuchte nicht einmal, die Trittsteine zu benutzen. »Jody, komm her!«
Jody floh verzweifelt in die Richtung, aus der das Gebell des Hundes drang - und, wie er hoffte, an einen sicheren Ort.
28 Ländliches Oregon Freitag 13:03 Uhr
Der Holztransporter war von der Straße abgekommen und stand mit nach vorn gekipptem Fahrerhaus schräg im flachen Straßengraben, was ihn wie einen metallischen Leviathan mit gebrochenem Genick aussehen ließ.
Als sie mit dem Streifenwagen vorfuhren, erkannte Mulder augenblicklich, daß etwas nicht stimmte, daß sie es hier nicht mit einem normalen Verkehrsunfall zu tun hatten. Ein roter Ford-Lieferwagen parkte am Straßenrand neben dem Holztransporter, und ein Mann mit einem Regencape aus Plastik öffnete die Fahrertür und stieg aus, als Officer Jared Penwick anhielt.
Mulder sah sich forschend um und entdeckte Reifenspuren im nassen Gras, die ihm verrieten, daß der Holztransporter in unkontrollierten Schlangenlinien gefahren war, bevor er im Graben zum Stehen gekommen war. Ein paar Regentropfen zerplatzten an der Windschutzscheibe des Streifenwagens, und Jared ließ die Scheibenwischer weiterlaufen. Er griff nach seinem Funkgerät, drückte den Sendeknopf und meldete der Zentrale, daß er am Unfallort eingetroffen war.
Der Mann aus dem Lieferwagen wartete unter seinem Regencape aus Plastik geduckt neben dem Fahrzeug, als
sich ihm der Polizist mit knirschenden Schritten näherte. Mulder folgte ihm und knöpfte seinen Mantel zu, weil er fror. Der Wind und der Regen zerzausten sein Haar, aber es gab nichts, das er dagegen tun konnte.
»Du hast doch da drinnen nichts angerührt, oder, Domi-nic?« fragte Jared.
»Ich halte mich von dem Ding da fern«, sagte Mann aus dem Lieferwagen mit einem mißtrauischen Blick in Mulders Richtung. »Dieser Kerl da drinnen ist mir unheimlich.«
»Das hier ist Agent Mulder vom FBI«, sagte Jared. Es klang fast ehrfürchtig.
»Ich kam hier die Straße entlang«, berichtete Dominic, die Augen noch immer auf Mulder gerichtet, um dann zu dem schräg stehenden Holztransporter hinüberzusehen. »Als ich den Truck entdeckte, dachte ich zuerst, der Fahrer hätte auf der regennassen Fahrbahn die Kontrolle verloren. Manchmal halten die Trucker einfach am Straßenrand und machen ein Nickerchen - auf dieser Strecke ist nicht viel los, wissen Sie -, aber so wie er parkte, gefährdete er den Verkehr. Er hatte auch kein rotes Warndreieck aufgestellt, obwohl das Vorschrift ist. Ich wollte ihm den Arsch dafür aufreißen.« Dominic wischte sich den Regen aus dem Gesicht und schüttelte den Kopf. Er schluckte hart. »Aber dann habe ich einen Blick ins Fahrerhaus geworfen. Mein Gott, so was habe ich noch nie gesehen.«
Mulder ließ Jared und den Besitzer des Lieferwagens stehen und ging hinüber zum Holztransporter. Er hielt sich am Griff der Fahrertür fest und zog sich vorsichtig aufs Trittbrett.
Der Fahrer des Lastwagens hing verkrümmt auf seinem Sitz, die Arme verdreht, die Beine angezogen, die Knie gegen das Lenkrad gedrückt, wie ein Kakerlake, den man mit einem besonders heimtückischen Insektengift besprüht hatte.
Das Gesicht des korpulenten Mannes war von Geschwülsten entstellt, die Kinnlade hing nach unten. Das Weiß seiner Augen war rauchig grau und von roten Linien durchzogen, die viel dicker als geplatzte Äderchen waren. Seine ganze Haut war von rötlich-schwarzen Flecken bedeckt, als hätte es einen Bombenangriff auf seine Blutgefäße gegeben.
Das Seitenfenster war geschlossen. Der Regen rann vom schräg stehenden Dach der Kabine und tropfte am Beifahrerfenster hinunter. Die Windschutzscheibe war innen an einigen Stellen beschlagen. Von der Leiche schien Dampf aufzusteigen.
Mulder drehte sich auf dem Trittbrett zu dem Staatspolizisten um, der neugierig zu ihm hinüberblickte. »Überprüfen Sie das Kennzeichen«, rief er. »Wir müssen feststellen, wer dieser Mann war und wohin er wollte.«
Mulder gefiel es ganz und gar nicht, in unmittelbarer Nähe des vermuteten Aufenthaltsortes von Patrice und Jody Kennessy noch eine dieser schrecklich entstellten Leichen gefunden zu haben - nur wenige Kilometer von dem Blockhaus entfernt, zu dem Scully gefahren war.
Der Polizist kam näher und spähte durch das Seitenfenster der
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