Akte X
hingen Fäden, als wäre es während eines heftigen Kampfes aus einer Hemdtasche gefallen. Er drehte das Foto mit dem Kugelschreiber um. Mulder hatte das Bild noch nie zuvor gesehen, aber er erkannte sofort die Gesichter der Frau und des Jungen. Er hatte sie in den vergangenen Tagen oft genug gesehen, hatte Hunderten von Leuten andere Fotos von Patrice und Jody gezeigt.
Das bedeutete, daß derjenige, den der Trucker mitgenommen hatte, der Träger der Nanotechseuche, ebenfalls auf dem Weg zu der Frau und ihrem Sohn war.
Genau wie Scully.
Mulder wagte nicht, den Kugelschreiber wieder einzustecken, sondern warf ihn in den Laster. Als er um den Truck bog und zur Straße zurückkehrte, rief der Polizist nach ihm und winkte ihn zu seinem Streifenwagen. »Agent Mulder!«
Durchnäßt und durchgefroren, von zunehmender Spannung erfüllt, löste sich Mulder von dem Laster und ging zu Officer Penwick.
»Ein paar Kilometer hinter uns auf der Straße befindet sich eine Truckwiegestation. Sie ist nur selten geöffnet, aber mit automatischen Überwachungskameras der Highway Patrol ausgerüstet. Ich habe die Aufnahmen der letzten Stunden von einem Kollegen überprüfen lassen, ob sich darunter ein Foto von diesem Laster befindet.« Penwick grinste, und Mulder nickte lobend; der Mann hatte Scharfsinn bewiesen. »So können wir zumindest den genauen Zeitpunkt des Unfalls feststellen.«
»Haben Sie etwas gefunden?« fragte Mulder.
Der Staatspolizist lächelte. »Zwei Fotos. Das eine zeigt den vorbeifahrenden Holztransporter - 10 Uhr 52. Und ein paar Minuten früher ist ein Mann vorbeigegangen. Auf der Straße war kaum Verkehr.«
»Können Sie mir das Video zeigen?« fragte Mulder begierig. Er ließ sich in den Beifahrersitz sinken und sah auf den kleinen Monitor unter dem Armaturenbrett, der mit dem Polizeicomputer verbunden war.
»Ich dachte mir schon, daß Sie das fragen«, sagte Pen-wick und hantierte an der Tastatur. »Ich hatte es gerade... ah, da ist es ja.«
Die erste Aufnahme zeigte den Holztransporter, wie er die Straße hinunter brauste; offenbar handelte es sich um dasselbe Fahrzeug, das jetzt im Graben stand. Der digitale Zeitkode am unteren Rand des Bildes bestätigte die Angaben des Polizisten.
Aber Mulder war mehr an etwas anderem interessiert. »Zeigen Sie mir den Anhalter, den anderen Mann.« Nachdenklich runzelte er die Stirn. Wenn der Nanotechnologie-Erreger so tödlich war, wie er vermutete, dann konnte der Trucker in der engen Fahrzeugkabine nicht lange überlebt haben.
Das neue Bild war etwas verschwommen, zeigte aber einen Mann, der am schlammigen Straßenrand entlang ging, ohne den Regen zu beachten. Er blickte direkt in die Kamera der Wiegestation, als wäre er versucht, im Schuppen Unterschlupf zu suchen, ging dann aber weiter.
Doch Mulder hatte genug gesehen. Er kannte die Bilder aus den Akten, die
DyMar-Hintergrunddossiers, die Fotos der beiden Forscher, die angeblich in dem verheerenden Feuer umgekommen waren.
Es war Jeremy Dorman - David Kennessys Assistent. Er war noch am Leben.
Und wenn sich Dorman in DyMar infiziert hatte, dann war er in diesem Moment der Träger einer Substanz, die bereits mindestens zwei Menschen getötet hatte.
Er schlüpfte aus dem Streifenwagen und sah den Staatspolizisten eindringlich an. »Officer Penwick, Sie bleiben hier und bewachen die Unfallstelle. Dies ist ein sehr gefährlicher Ort. Niemand darf sich ohne entsprechende Schutzvorkehrungen der Leiche nähern oder gar in die Kabine des Trucks steigen.«
»Verstanden, Agent Mulder«, nickte der Officer. »Aber wo wollen Sie hin?«
Mulder wandte sich an Dominic. »Sir, ich bin Bundesagent. Ich benötige Ihr Fahrzeug.« »Meinen Lieferwagen?« fragte Dominic.
»Ich brauche ihn, um zu meiner Partnerin zu kommen. Ich fürchte, sie befindet sich in großer Gefahr.« Bevor Dominic protestieren konnte, öffnete Mulder die Tür des Ford-Lieferwagens und streckte die Hand aus. »Die Schlüssel, bitte.«
Dominic sah fragend den Staatspolizisten an, aber Officer Penwick zuckte bloß die Schultern. »Ich habe seinen Ausweis gesehen. Er ist, was er sagt.« Dann zog der Polizist seinen Hut ins Gesicht, um sich vor dem Regen zu schützen. »Keine Sorge, Dominic. Ich bringe dich nach Hause.«
Der Lieferwagenfahrer runzelte die Stirn, als würde ihm dieser Punkt die geringsten Sorgen bereiten. Mulder schlug die Tür zu und startete den Motor des alten Kleintransporters. Er hantierte an der Gangschaltung, fand
Weitere Kostenlose Bücher