Akte X
Fleischwunde, nichts Ernstes. Major Jakes schien es nicht einmal zu bemerken.
»Dies ist ein kriegerischer Akt«, brüllte Barreio zurück. »Sie sind Eindringlinge und haben illegal Waffen in unser Land geschmuggelt.« Das Gewehrfeuer ebbte ab, während der Guerillaführer sprach. »Uns bleibt keine Wahl, als unsere Kultur zu schützen. Wir können nicht zulassen, daß militärische Eindringlinge aus den Vereinigten Staaten sich mit unseren nationalen Schätzen aus dem Staub machen.«
»Aber wir sind doch nicht hier, um alte Steine zu stehlen«, murmelte Major Jakes kopfschüttelnd. »Wir wollen doch nur die Pyramide in die Luft jagen.«
Mulder stützte sich auf einen Ellbogen. »Na, wenn das alles nur ein großes Mißverständnis ist, vielleicht sollten wir ihm dann die Hand schütteln und über die Sache reden?«
Doch Major Jakes hatte ihm offensichtlich nicht zugehört. »Jetzt wird mir alles klar... Das sind Separatisten, Angehörige der militanten revolutionären Front von Yucatan – Liberacion Quintana Roo. Sie wollen ihr eigenes kleines Land gründen und sich vom mexikanischen Staat trennen, egal, was der Rest der Bevölkerung von Yucatan will. Sie haben nicht viele Waffen und genauso wenige moralische Bedenken.«
Mulder sah ihn kalt an. »Ganz anders als Sie und Ihre Männer.«
Major Jakes erwiderte seinen Blick, das Gesicht ausdruckslos und völlig frei von Zorn. »Richtig, Agent Mulder.«
»Legen Sie Ihre Waffen nieder und ergeben Sie sich!« forderte Barreio. »Sie werden festgenommen, als illegale Eindringlinge angeklagt und entsprechend bestraft werden... es sei denn Ihr Land stellt einen Auslieferungsantrag.«
Major Jakes’ Nasenflügel blähten sich. Da dies keine offizielle Mission war, wußte Scully, daß die Regierung ihre Existenz abstreiten und die Kommandoeinheit abschreiben würde. Jakes und seine Männer würden vor irgendeinem Femegericht oder in einer finsteren Folterkammer landen, wie es der Guerillatruppe beliebte.
»Meine Männer werden sich niemals ergeben«, rief Major Jakes zurück, und weitere Schüsse zerrissen die Nacht. »Nicht vor irgendwelchen feigen Heckenschützen, und auch nicht vor Terroristen!«
»Ich wollte schon immer mal bei einer richtigen mexikanischen Schlägerei dabeisein«, spöttelte Mulder.
Scully wußte, daß die amerikanische Spezialeinheit vielleicht in der Lage war, die Rebellen der Liberacion Quintana Roo in einem offenen Kampf durch überlegene Feuerkraft zu überwältigen – doch sie konnten weder entkommen noch den Rückzug antreten, wenn so viele Feinde im Hinterhalt lagen. Sie saßen in Xitaclan fest.
Die Leuchtkugel zischte und erlosch endgültig, während die zweite Bogenlampe zerplatzte, so daß das Gelände wieder in völlige Dunkelheit getaucht war, unterbrochen nur von gelegentlichen Mündungsfeuern und den Nachbildern auf Scullys Netzhaut.
»Sie beide bleiben dicht bei mir«, ordnete Major Jakes an. »Mir ist klar, daß Sie nicht am Kampf beteiligt sind – auch wenn das Ihre Probleme kaum lösen wird.«
»Könnten wir dann unsere Waffen wiederhaben, Sir?« fragte Mulder. »Da es nun einmal zum Kampf gekommen ist.«
»Nein, Agent Mulder. Ich glaube nicht, daß das gut für Sie wäre.« Major Jakes richtete seine Nachtsichtbrille auf den Dschungel.
Während sie auf den Steinplatten lag und immer wieder zusammenzuckte, wenn eine Kugel dicht neben ihnen einschlug, spürte Scully, wie der Boden zu schwingen begann und langsam in heftige Vibration geriet, als rolle noch mehr schweres Gerät auf sie zu – doch dann erkannte sie, daß das Zittern aus der Tiefe der Erde kam. Wie schon an ihrem ersten Abend bebte die antike Stadt, als sich der vulkanische Druck unter der Kalksteinkruste aufstaute.
»Scully, passen Sie auf!« warnte Mulder. Er packte sie am Arm, während Major Jakes und seine Männer noch nicht begriffen hatten, was geschah.
Der Boden bäumte sich auf und bog sich immer heftiger unter enormen seismischen Kräften. Die große Pyramide des Kukulkan schwankte, und riesige Steinquader polterten die steilen Stufen herab. Im Dschungel heulten einige der Heckenschützen vor Entsetzen auf, während Jakes’ Soldaten ebenso verwirrt durcheinanderliefen.
Eine der Stelen mit den gefiederten Schlangen ächzte und kippte wie in Zeitlupe auf die Steinplatten – mit einem ohrenbetäubenden Krachen zerbarst der antike Obelisk zu bröckeligem Schutt. Die Bäume tanzten und peitschten die Erde mit zunehmender Heftigkeit.
Dampf sprühte aus den Spalten
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