Akte X
um sie herum schien sie nicht im mindesten zu berühren. Bemerkt sie überhaupt irgend etwas davon? fragte sich Mulder.
Er setzte sich auf einen der Stühle, und dabei fiel sein Blick auf den Nachttisch. Es dauerte eine Weile, bis er begriff, was dort nicht stimmte. Scullys Blutprobe war verschwunden.
Er stutzte kurz, dann wirbelte er herum. Seine Augen wurden schmal. Am gegenüberliegenden Ende des Ganges herrschte noch immer hektische Betriebsamkeit, aber irgend etwas hatte sich verändert. Was...?
Der Mann! Der Mann mit dem dunklen Mantel. Wo war er?
Verschwunden.
Mulder sprang auf und lief zum Ausgang. Auch dort konnte er den Fremden nicht entdecken. Aber die Flügel der Doppeltür schwangen noch leicht nach, als habe sie gerade jemand durchquert, der es sehr eilig gehabt hatte.
Mulder stieß die Tür auf und entdeckte eine Bewegung am Ende des Flurs, einen dunklen, huschenden Schemen.
»Hey!« rief er.
Keine Antwort. Er rannte den Korridor entlang und erreichte die Biegung gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie sich die Metalltür des Fahrstuhls schloß und eine dunkelgekleidete Gestalt dahinter verschwand. Die Etagenanzeige über dem Fahrstuhl begann zu blinken und verriet ihm, daß die Kabine abwärts fuhr. Sein Kopf zuckte in die Höhe. Direkt neben dem Fahrstuhl war eine Tür, über der ein grünes Schild mit der Aufschrift NOTAUSGANG hing.
Mulder stürzte darauf zu und riß sie auf. Das Treppenhaus war nur notdürftig beleuchtet. Seine Absätze klapperten laut auf den Metallstufen, seine Schritte hallten von den Wänden wider, als er die Treppe hinabhastete.
Er erreichte das nächste Stockwerk, stieß die Tür auf und spähte den langen menschenleeren Korridor hinunter. Nichts.
Die nächsten beiden Stockwerke jagte Mulder in halsbrecherischem Tempo hinab. Als er erneut eine Tür aufriß, starrte ihn ein verblüffter Hausmeister an, der über einen Wischeimer gebeugt dastand. Aber von einem dunkelgekleideten Mann war nirgendwo etwas zu sehen.
Das Treppenhaus endete an einer Tür mit der Aufschrift GARAGE, EBENE EINS. Mulder zog die Tür auf und betrat eine typische Tiefgarage. Er zögerte und ließ den Blick hin- und herschweifen. Nichts.
Langsam schob er sich in das Zwielicht hinein, versuchte, seinen keuchenden Atem zu beruhigen und keine Geräusche zu verursachen. Wieder verharrte er einen Moment lang.
Die geparkten Autos schimmerten matt.
Plötzlich glaubte Mulder, eine Bewegung wahrzunehmen, vielleicht das Flattern eines dunklen Mantels in einem der unzähligen Schatten.
Er konzentrierte sich auf den Schemen und schlich, dicht an die Wand gepreßt, auf ihn zu. Als er das Ende der Wand erreicht hatte und sich um die Ecke schob, krallte sich eine schwere Hand in seine Schulter, riß ihn herum und stieß ihn brutal gegen die Betonwand.
Mulder starrte in das Gesicht von X. Und in die gähnende Mündung einer großen automatischen Pistole, die nur Zentimeter von seiner Nase entfernt war. Automatisch versuchte er, vor der Waffe zurückzuweichen, und erstarrte gleich wieder, als sich X' Finger schmerzhaft in seine Schultermuskeln bohrten.
»Ich hätte Sie eigentlich erst nach der Besuchszeit hier erwartet«, stieß X zischend hervor. Schweiß glänzte auf seinen Wangen und seiner Stirn und ließ sein Gesicht, in dem sich zugleich Wut und verborgene Furcht widerspiegelte, herrisch, aber auch geheimnisvoll aussehen.
Er ist verrückt, schoß es Mulder plötzlich durch den Kopf, aber er hatte keine Zeit, sich damit länger auseinanderzusetzen, selbst dann nicht, wenn es sich um X handelte.
»Da ist ein Mann... er hat Scullys... Blut gestohlen«, stieß Mulder hervor.
X drückte ihn noch fester gegen die Wand und schob sich näher an ihn heran. Mulder konnte seine Ausdünstungen riechen, einen dunklen bitteren Geruch unter einem teuren Rasierwasser. »Vergessen Sie ihn!« fauchte X ungehalten.
Mulder schluckte. »Nehmen Sie die Waffe weg.«
X grinste ohne eine Spur von Belustigung. »Diese Sig-Sauer zielt auf Ihr Gesicht, um Ihnen unmißverständlich nahezulegen, sofort Ihre Suche nach den Leuten einzustellen, die Ihre Partnerin auf die Intensivstation befördert haben!«
Mulder unterdrückte mühsam das Verlangen, X ins Gesicht zu spucken. »Sie ignorieren meinen Hilferuf, und jetzt erwarten Sie von mir, daß ich mich Ihren Befehlen füge?«
»Sie haben es erfaßt«, erwiderte X etwas ruhiger.
»Gehen Sie zum...«, begann Mulder, und X stieß ihn erneut
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