Akte X
Krankheit.
Vierzig Minuten später betrat Mulder die Abteilung für Infektionskrankheiten des New York Hospital. Die Station war nichts anderes als eine ausgelagerte Abteilung des
Seuchenkontrollzentrums; zwei Gänge und ein halbes Dutzend Krankenzimmer mit einem unabhängigen Ventilationssystem und dichtschließenden Spezialtüren. Die Zimmer waren geeignet, diversen Sicherheitsstufen zum Schutz vor biologischen Gefahren zu genügen. Von der höchsten Sicherheitsstufe mit Sauerstoffzelten und speziellen Schutzanzügen bis zu Zimmern für leichter zu handhabende Bedrohungen, in denen Handschuhe, Richtlinien und eine strikte Videoüberwachung durch Seuchenexperten ausreichend waren.
Mulder wurde zu einem Eindämmungsraum im hinteren Bereich der Abteilung geführt, wo er mit Handschuhen und Gesichtsmaske ausgestattet wurde, ehe er in ein kleines Einzelzimmer gebracht wurde. Scully stand neben einem Krankenbett und brachte mit entschlossener Stimme ihre Argumente dar. Dr. Bernstein, der plastische Chirurg, der Perry Stanton behandelt hatte, saß in seinem weißen Arztkittel auf der Bettkante und hatte das Gesicht zu einer skeptischen Miene verzogen. In seinem Arm steckte eine Infusionsnadel, die er alle paar Sekunden mit deutlicher Verachtung betrachtete. Es war offensichtlich, dass er nicht den Wunsch verspürte, hier zu sein, und es war ebenso offensichtlich, dass er absolut nicht krank war.
»Sehen Sie«, sagte er gerade, als Mulder den Raum betrat, »ich kann Ihnen versichern, dass es während der Operation keinen Kontakt zwischen seinem und meinem Blut gegeben hat. Ich habe Handschuhe und Maske getragen, ebenso wie die Schwestern. Ich habe ähnliche Operationen bei Patienten durchgeführt, die HIV-positiv waren, und ich hatte nie irgendwelche Probleme.«
»Dr. Bernstein«, erwiderte Scully, »ich habe diese Quarantäne nicht angeordnet. Der Experte für Infektionskrankheiten beim Seuchenkontrollzentrum hat beschlossen, keine Risiken einzugehen. Sie und Ihre Mitarbeiter bilden die am meisten gefährdete Risikogruppe, und diese Quarantäne ist lediglich eine logische Vorsichtsmaßnahme .«
»Das ist nicht logisch, es ist nutzlos. Wir wissen beide, dass es kein Heilmittel für die Schlafkrankheit gibt. Ich kann es ja verstehen, dass Sie mich nicht operieren lassen, bis die Inkubationszeit abgelaufen ist, aber wozu halten Sie mich und die Schwestern in diesen Zellen fest?«
Scully seufzte und deutete mit einem Kopfnicken auf den Infusionsbeutel. »Der Experte vom Seuchenkontrollzentrum hat vorgeschlagen, Ihnen mindestens bis zum Ablauf der Inkubationszeit Aciclovir zu verabreichen. Das Mittel hat sich bei der Bekämpfung diverser Formen der Enzephalitis als sehr wirkungsvoll erwiesen.«
Bernstein verdrehte die Augen. »Aciclovir war lediglich bei den Formen der Enzephalitis wirkungsvoll, die durch ein Herpes Simplex-Virus ausgelöst wurden. Schlafsucht wird nicht von Herpes verursacht.«
Scully nickte und zuckte gleich darauf die Schultern. »Dr. Bernstein, ich habe nicht die Absicht, mich mit Ihnen über Medizin zu streiten. Ihr Spezialgebiet ist die plastische Chirurgie, meines die forensische Pathologie. Keiner von uns ist ein Experte für Infektionskrankheiten. Wir sollten uns beide den Wünschen des Spezialisten vom Seuchenkontrollzentrum fügen.«
Bernstein antwortete nicht. Schließlich verzog er die Lippen zu einem Ausdruck widerwilligen Einverständnisses, ehe er Mulder anblickte und sagte: »Ich schätze, ich sollte tun, was sie sagt.« Mulder lächelte. »Üblicherweise ist das meine Rolle. Scully, kann ich Sie für einen Moment sprechen?«
Scully folgte ihm hinaus auf den Korridor. Nachdem die Tür hinter ihnen ins Schloß gefallen und versiegelt war, zog sie die Maske von ihrem Gesicht. »Mulder, ich habe gute Neuigkeiten. Dr. Cavanaugh, der Verwaltungschef des Krankenhauses, hat Fortschritte bei der Suche nach dem Leichnam von John Doe gemacht. Einer seiner Mitarbeiter hat ein Überstellungsformular aus der Rutgerschule für Medizin in New Jersey gefunden. Cavanaugh sagt, der Leichnam könnte versehentlich zu einer Sezierung dorthin geschickt worden sein. In ein paar Stunden werden wir es genau wissen.«
Mulder überdachte diese Information, aber er konnte nicht an eine so einfache Lösung glauben. »Ich werde gespannt den Atem anhalten. In der Zwischenzeit möchte ich, dass Sie sich etwas ansehen. Sagen Sie mir, ob Sie irgendeine Vorstellung davon haben, was das ist.«
Er griff in seine
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