Akte X
Autopsiebericht gesehen hatte, aber immerhin war es eine nicht von der Hand zu weisende Möglichkeit. Und trotzdem war auch das noch keine Erklärung. »Ich möchte diese Bilder in den Computer einspeisen und herausfinden, ob so etwas schon früher vorgekommen ist.«
Mulder starrte immer noch sehnsüchtig in die Richtung, in der Stanton verschwunden war. »Scully, wie oft haben wir bisher mit dem Seuchenkontrollzentrum zusammengearbeitet?« Scully zog eine Braue hoch. »Sechsmal, vielleicht mehr. Warum fragen Sie?«
Mulder zuckte die Schultern. »Zuerst dieser John Doe. Jetzt Perry Stanton. Es scheint beinahe, als würde sich jemand große Mühe geben, damit wir niemanden in die Finger bekommen, der etwas mit dieser Hauttransplantation zu tun hat.«
Scully widerstand dem inneren Drang, die Augen zu verdrehen. »Mulder, ich habe das Seuchenkontrollzentrum über die Schlafkrankheit informiert, nicht umgekehrt.«
Mulder deutete auf die Ultraschallbilder. »Sieht das etwa nach der Schlafkrankheit aus?« Scully zögerte. »Die Wahrheit ist, dass ich keine Ahnung habe, was das ist, und genau darum müssen wir herausfinden, ob das schon einmal passiert ist.«
Zehn Minuten später hockten Scully und Mulder zusammen in einer Ecke eines vollgestopften Verwaltungsbüros, ein Stockwerk oberhalb der Pathologie. Sie hatten das Büro von einem Verwaltungsmitarbeiter entliehen und sich sämtlichen Fragen und bürokratischen Widerständen durch ein kurzes Aufblitzen lassen ihrer FBI-Ausweise entzogen. Die Einrichtung des Büroraums war karg, kaum mehr als ein Schreibtisch, ein paar Stühle und eine IBM-Workstation. Mit anderen Worten: ein absolut schmuckloses Fenster in den Cyberspace.
Der Computer surrte, als das interne Modem den beiden Agenten Zugang zu der nationalen medizinischen Datenbank, Medline, in Washington D.C. verschaffte. Scully saß dicht vor dem Monitor, und ihre Haut leuchtete in einem künstlichen Blauton, während sie sich mit Hilfe eines Trackballs durch Dutzende von Menüs mit unzähligen Optionen und Navigationsbefehlen tastete. Mulder hatte bereits eines der Ultraschallbilder auf den Scanner gelegt, und schon in wenigen Minuten würden sie anfangen können, hundert Millionen gespeicherter Krankenakten nach einer Entsprechung zu durchsuchen.
»Diese Suche sollte alle Ultraschalluntersuchungen, Computertomographien und
Schädelröntgenaufnahmen mit ähnlichen Symptomen umfassen«, sagte Scully. »Das System von Medline ist landesweit mit jedem Krankenhaus vernetzt, und weltweit mit vielen weiteren. Wenn es irgendwo ein ähnliches Syndrom gegeben hat, dann werden wir bestimmt etwas finden ...«
Sie unterbrach sich, als der Bildschirm sich veränderte. Plötzlich weiteten sich ihre Augen. Mulder las die Überschrift über der Akte, die nun auf dem Bildschirm zu sehen war. »Eine Übereinstimmung. New York Hospital, 1984.«
Scully erkannte die Bedeutung dieser Überschrift sofort, und während sie die ersten Absätze der Akte las, nahm ihr Entsetzen noch weiter zu. Das Ultraschallbild stimmte mit zwei Computertomographien überein, die von zwei Insassen des Gefängnisses Rikers Islands in New York kurz vor ihrem Tod angefertigt worden waren.
Beide Insassen hatten sich freiwillig für ein Forschungsexperiment gemeldet, das in den frühen Achtzigern durchgeführt worden war. Noch verblüffender aber war, dass das Experiment dieser Akte zufolge unter der Schirmherrschaft eines aufstrebenden Biotechnologieunternehmens ganz in der Nähe von Manhattan stattgefunden hatte. Den Namen des Unternehmens erkannte Scully auf Anhieb.
»Fibrol International«, konstatierte Mulder in dem für ihn so typischen, ruhigen Tonfall. »Die gleiche Firma, die das rote Pulver herstellt, das ich an der Unfallstelle gefunden habe.«
Scully wusste nichts zu sagen. Sie blätterte weiter und fand schließlich die angekündigten Computertomographien. Auf beiden Abbildungen entdeckte sie das unverkennbare Muster der Polypen am Rand des vergrößerten Hypothalamus. Am Ende der Akte befand sich ein Verweis auf eine andere Datei. Scully klickte den Verweis an, und anstelle der Computertomographien erschien eine Seite mit einem offiziell wirkenden Text.
»Das ist ein Ermittlungsbericht der Staatsanwaltschaft«, sagte sie, als sie die Kopfzeile gelesen hatte. »Es hat eine kriminaltechnische Untersuchung gegen den Mann stattgefunden, der hinter diesen Experimenten stand - der Gründer und Leiter von Fibrol, Emile Paladin. Aber es sieht
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