Akte X
drei Stockwerke tiefer in einem Kellerlabor mit Organschalen aus Kunststoff und stählernen Abflußrinnen.
Scully sollte das Autopsielabor nicht erreichen. Sie hatte gerade drei Schritte aus dem Fahrstuhl heraus getan, als sie Mulders wütende Stimme hörte, die von den Backsteinmauern der pathologischen Abteilung widerhallte.
Auf dem langen Gang, der sich durch das Zentrum der Station zog, entdeckte sie ihren Partner, dem drei rotgesichtige Männer in weißen Laborkitteln den Weg versperrten. An allen drei Kitteln hingen Namensschilder mit kleinen roten Emblemen, die Scully von früheren Begegnungen mit den Mitarbeitern des Seuchenkontrollzentrums bekannt waren. Mulder konzentrierte sich auf den größten der Männer, einen Afroamerikaner, Mitte Fünfzig, mit geschwollenen Augenlidern und graumeliertem Haar. Der Mann hatte die Arme vor der Brust verschränkt, während er Mulder mit geringschätzigem Blick musterte. Sein Namensschild wies ihn als Dr. Basil Georgian, einen ranghohen Untersuchungsbeamten für Infektionskrankheiten, aus. Scully bekam gerade noch die Schlußphase der hitzigen Auseinandersetzung mit, als sie die Männer schließlich erreichte.
»Das ist nicht nur blinder Alarm, sondern eine Ermittlung des FBI.« Mulder brüllte beinahe. »Ihre
Untersuchung genießt nicht automatisch Priorität, und Sie sind nicht zuständig.«
Georgian schüttelte den Kopf. »Und genau da irren Sie sich. Uns liegen Berichte über zwei Fälle von Enzephalitis Lethargica vor, und damit unterliegt diese Angelegenheit unserer Zuständigkeit. Ihr Mörder ist tot, Agent Mulder. Er wird nirgends mehr hingehen. Unser Virus ist aber noch ausgesprochen lebendig - zumindest in einem komatösen Patienten. Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass er dort bleibt.«
Mulder drehte sich zu Scully um. »Diese Burschen scheinen zu glauben, sie könnten sich einfach mit unserer Leiche aus dem Staub machen.«
Scully sah Georgian an. Georgian zuckte die Schultern. »Unsere Vorgesetzten in Atlanta haben bereits mit Ihren Vorgesetzten in Washington gesprochen. Alle sind sich einig, dass es angebracht ist, wenn wir die Autopsie in unserem Eindämmungslabor in Hoboken durchführen - wo die Mikroben ausführlich studiert und sicher verwahrt werden können. Wir werden Ihnen den Bericht zukommen lassen, wenn wir fertig sind. Lethargica kommt nicht oft vor, und wir würden gern herausfinden, was das Virus nach New York verschlagen hat.«
Ohne ein weiteres Wort machte Georgian auf dem Absatz kehrt und lief den Gang hinunter, flankiert von seinen beiden Kollegen. Scully sah, dass die Rolltrage, auf der Stantons Leichnam lag, zehn Meter vor ihnen durch eine Doppeltür geschoben wurde, vermutlich zu einer Tiefgarage, in der bereits ein Ambulanzfahrzeug wartete. Mulder wollte den Männern folgen, doch Scully hielt ihn mit ausgestrecktem Arm zurück. »Sie werden ihre Meinung nicht ändern. Und sie haben Priorität. Offiziell gesehen, ist unsere Ermittlung beendet. Unser Mörder ist sozusagen unter Verschluß.«
Seufzend schüttelte Mulder den Kopf. »Die schicken uns ihren Bericht? Das ist lächerlich. Es ist unser Fall.«
»Aber durch die Infektionskrankheit ist es nun ihr Fall. Mulder, ich glaube nicht, dass wir eine Wahl haben.«
»Also lassen wir sie einfach gehen?«
Scully gefiel der Gedanke ebenso wenig wie ihm. Aber sie mussten die Experten des Seuchenkontrollzentrums ihre Arbeit tun lassen. In der Zwischenzeit - Scully hatte schließlich immer noch die Ultraschallaufnahmen. Sie zog sie unter dem Arm hervor und zeigte Mulder eines der Bilder. »Während wir auf den Autopsiebericht warten, können wir immer noch diese Spur verfolgen. Das ist eine der seltsamsten Ultraschallaufnahmen, die ich je gesehen habe. Sehen Sie die Polypen am Hypothalamus?«
Blinzelnd folgte Mulder ihrem Finger mit seinen Augen. Für einen ungeübten Betrachter war die Anomalie kaum zu erkennen, doch für Scully schien sie so deutlich wie eine Neonreklame. »Angesichts des plötzlich eintretenden psychotischen Schubs nehme ich an, dass diese Polypen in Zusammenhang mit einer exzessiven Dopaminüberproduktion stehen. Davon wäre der Hypothalamus betroffen - und es würde Gewaltbereitschaft und Orientierungslosigkeit erklären.«
»Dopamin«, wiederholte Mulder. »Das ist ein Neuro-transmitter, richtig? Eine Chemikalie, die das Nervensystem dazu benutzt, Informationen weiterzuleiten?«
Scully nickte. Sie konnte zwar erst sicher sein, wenn sie den
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