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Al Wheeler und der Tanz in den Tod

Al Wheeler und der Tanz in den Tod

Titel: Al Wheeler und der Tanz in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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reichte, und seine Augen sahen wie zwei tiefgefrorene
kleine Muscheln aus, als er mich fasziniert anstarrte.
    »Der Voyeur, Lieutenant ?« sagte er in seiner gutturalen Stimme, die aus so mannigfaltigen
Akzenten zusammengesetzt war. »Haben Sie ihn gesehen ?«
    »Ich hatte keine Gelegenheit
dazu«, sagte ich mürrisch. »Er fiel mich von hinten an .«
    »Ja?« Er rieb sich heftig mit
der Handfläche die Nase. »Er ist also stark ?«
    »Stimmt !«
    »Warum ist er heute nacht zurückgekommen ?« Die
kleinen Muscheln tanzten in ihren Höhlen einen nervösen Hula-Hula. »Um noch
einmal jemand umzubringen? Glauben Sie das ?«
    Beaumont gab mir das Glas mit
Scotch, lächelte unsicher und trat schnell zurück. Natasha beobachtete mich
eindringlich und wartete offensichtlich darauf, daß demnächst Blut aus meinen
Schlagadern oder einem sonst lebenswichtigen Organ durch mein Hemd sickern
würde. Ich trank einen Schluck Scotch und spürte, wie er mein Inneres
beruhigte.
    »Lieutenant«, sagte Charvossier mit zitternder Stimme. »Ist das der Grund,
warum er heute nacht wiedergekommen ist? Sie haben meine Frage nicht beantwortet !«
    »Wer weiß ?« Ich zuckte die Schultern.
    Cissie kam ins Zimmer geschwankt, Gamble lehnte sich schwer auf ihre Schulter und hinkte
schmerzerfüllt, wie ich mit wilder Befriedigung feststellte. Sie half ihm in
einen Stuhl und begab sich auf eine Samariter-Safari zur Bar. Er blickte mich
mit mordlüsternem Ausdruck in den Augen an. Ich nickte vergnügt zurück und hob
gleichzeitig mit einer Bewegung, die er schwerlich für einen Toast halten
konnte, mein Glas.
    »Wer weiß ?« wiederholte Charvossier mit empörter Stimme. »Sie
müßten das doch wissen. Sie sind doch Polizeibeamter, nicht? Jemand muß das
doch wissen, bevor wir alle in unseren Betten ermordet werden, oder nicht ?«
    »Ich werde mich überall
erkundigen«, versprach ich ihm. »Dem ersten, der Ihre Frage beantworten kann,
werde ich sagen, er soll sofort zu Ihnen kommen .«
    »Verdammt !« Er warf die Arme verzweifelt in die Luft und stampfte aus dem Zimmer, und auf
seinem Gesicht lag ein Ausdruck wie auf dem des Managers eines Call-Girl-Rings,
der in der einen Nacht, in der er sich einsam fühlt, entdeckt, daß seine
gesamte Belegschaft beruflich unterwegs ist.
    Zwei dunkle, feuchte Augen
beobachteten mich intensiv. »Ich glaube nicht, daß Sie irgendwo bluten, Al«,
sagte Natasha vorsichtig. »Inzwischen müßte man das irgendwo sehen, meinen Sie
nicht auch ?«
    »Morgen werde ich ein paar
blaue Flecken und eine wunde Kehle haben — vielleicht zur Gesellschaft auch
noch einen steifen Hals«, bemerkte ich ungeduldig. »Im übrigen geht es mir ausgezeichnet .«
    »Trotzdem bleiben Sie, glaube
ich, am besten die Nacht über hier«, sagte sie energisch. »Ich werde mit Cissie darüber reden .«
    »Reden Sie mit diesem weiblichen
Aasgeier, soviel Sie wollen«, krächzte ich. »Aber gleich, nachdem ich dieses
Glas leergetrunken habe, fahre ich nach Hause in meine Wohnung, und damit basta !«
     
    Ich ging zu dem Fenster des
Zimmers, in dem Anton Leckwick nur geschlafen hatte,
blickte auf die hintere Rasenfläche und die rote Zeder hinab, die gespenstisch
im Mondlicht gleißte, und zündete mir eine Zigarette an. Für einen Burschen,
der sich etwas auf seine Willenskraft einbildete, war ich mir erstaunlich im
unklaren darüber, wie ich in diesem Schlafzimmer gelandet war, um die Nacht
dort zuzubringen, anstatt im Healey nach Haus zu fahren. Vielleicht war es die
zweite Portion reinen Scotchs gewesen, verbunden mit einem unbehaglichen Blick
auf meine Uhr und der Feststellung, daß es bereits nach zwei Uhr morgens war,
vielleicht auch war es die Überredungskunst zweier dunkler, feuchter Augen
gewesen.
    Ich schloß für eine Sekunde
meine Augen und konnte erneut diesen mächtigen Arm um meine Kehle spüren und
die heisere Stimme das auf der mit Kupferblech verkleideten Haustür gravierte
Zitat flüstern hören. Ungefähr zum selben Zeitpunkt, als er mich angesprungen
hatte, mußte für Natasha die Spannung des Wartens unerträglich geworden sein,
und sie hatte Beaumont gebeten, nachzusehen, was geschehen war. Nachdem er sich
höflich geweigert hatte, war sie nach oben gerannt und hatte Gamble geweckt. Ich überlegte interessiert, ob sie wohl
sittsam den Kopf abgewandt hatte, als er aus dem Bett gesprungen war und sich
angezogen hatte? Charvossier mußte zu diesem Zeitpunkt
noch geschlafen haben; als ich mich bei Natasha während meines

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