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Al Wheeler und der Tanz in den Tod

Al Wheeler und der Tanz in den Tod

Titel: Al Wheeler und der Tanz in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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die Wildnis. Das Unterholz wurde rapide dichter
und kniehoch. Die Bäume waren größer und standen enger beisammen, so daß ihr
dichtes Laub den Mondhimmel verdeckte. Es war, als ob man einen Tunnel beträte
und dabei ein Stoßgebet zum Himmel schickte, daß nicht zur gleichen Zeit am
anderen Ende der Expreß einfährt. Ich blieb stehen
und lauschte eine Weile. Dann hörte ich ein langgezogenes Rascheln, als sich
der Streuner irgendwo vor mir mit bedächtigen
Schritten weiterbewegte. Aber nach ein paar Sekunden war wieder alles still.
    In diesem struppigen Unterholz
hätte es eines Indianerscouts und nicht eines einfältigen Lieutenants bedurft,
um den Burschen lautlos anzuschleichen. Aber vielleicht bestand eine
Möglichkeit, daß die umgekehrte Strategie ihre Wirkung tat; wenn ich plötzlich
lärmend durch das Gestrüpp brach, veranlaßte das vielleicht den Kerl, aus Panik
dasselbe zu tun. Auf diese Weise würde ich genau wissen, wo er sich aufhielt,
weil ich ihn hören konnte.
    Gedacht, getan, und woher, zum
Kuckuck, sollte ich wissen, daß das Resultat ein ausgesprochen ungesetzliches
sein würde? Meine Beine stampften durch das dichte Unterholz, und das Geräusch,
das meine wild um sich schlagenden Arme verursachten, erinnerte mich vage an
die Tonbänder eines dieser alten Tarzan-Filme. Wie zum Beispiel in diesem
atemberaubenden Augenblick, bevor das angreifende Rhinozeros aus dem Busch
bricht. Jane pflegte immer bei allem, was da im Dschungel fleuchte und kreuchte, eine enorme Reaktion hervorzurufen — mit Ausnahme von Tarzan,
soweit ich mich erinnere.
    Ich mußte bereits eine große
Strecke zurückgelegt haben, bevor mir plötzlich bewußt wurde, daß das Schweigen
der Wildnis nur von einer Sorte stampfender und krachender Laute durchbrochen
wurde — und von wem stammten sie wohl? Meine Füße — und beinahe auch mein Herz —
kamen gleichzeitig zum Stillstand. Danach war als einziges nur noch das
krampfhafte Keuchen meiner Lungen, während meine roten Blutkörperchen sich
allmählich zu Eissplittern in meinem Kreislauf entwickelten, und mein Verstand
teilte mir mit einer Art unterdrücktem Aufschrei mit, daß ich soeben Opfer
einer grundlegenden Fehlbeurteilung geworden war. Irgendwie hatte ich mich
falsch verhalten und in keinem Fall so, wie es meine Sorte Polizeibeamter zu
tun pflegt. Meine Sorte Polyp pflegt irgendwelche Strolche nur hellerleuchtete
Straßen einer Stadt entlangzujagen und hätte außerdem
eine Wagenladung uniformierter Kollegen zur Gesellschaft mitgenommen!
    Es war typisch einer dieser
Augenblicke schlagartiger Erkenntnisse — eben wie diese meine letzte, daß ein
Polizeibeamter wie ich niemals hinter einem Streuner ,
der zugleich Indianerscout zu sein schien, herjagen sollte, nicht einmal für
eine Goldmedaille und ein festes Angebot, gegen prozentuale Beteiligung die FBI zu übernehmen.
    In diesem Augenblick war die
mir zugestandene Zeit des Bedauerns zu Ende, da ein sich wie ein Stahlkabel
anfühlender Arm von hinten um meinen Hals gelegt wurde und mir wirkungsvoll die
Luftröhre abklemmte, während mir ein paar Finger wie Schraubenfedern mit
verächtlicher Leichtigkeit die Pistole aus der Hand wanden.
    Ich stieß mit dem rechten Bein
nach hinten und verspürte eine flüchtige Befriedigung, als mein Absatz gegen
ein Schienbein prallte. Der Streuner gab ein
schmerzliches Brummen von sich und verstärkte dann noch seinen Griff um meinen
Hals. Unmittelbar danach schien ein glänzender weißer Komet vor meinen Augen zu
explodieren und zugleich in meinen berstenden Lungen ein Feuer zu entfachen.
    »Mit der Nacht kommt der
Jäger«, flüsterte mir plötzlich eine heisere Stimme ins Ohr, und vor meinen
Augen explodierten ganze Bündel von Kometen.
    In einer letzten, wahnsinnigen
Anstrengung schleuderte ich den Kopf in dem verzweifelten Versuch zurück, sein
Gesicht hinter mir zu treffen. Irgendwie schien sich mein Kopf nicht mehr als
allenfalls zwei Zentimeter weit zu bewegen, und ich spürte einen heftigen
brennenden Schmerz in meinen Nackenmuskeln. Die trübe Erkenntnis durchfuhr
mich, daß er, während er seinen Griff um meine Kehle verstärkt hatte,
gleichzeitig seinen anderen Arm als eine Art Querriegel benutzte, indem er ihn
gegen meinen Nacken preßte, so daß ich jetzt wie in einem Schraubstock
eingeklemmt war.
    Das gesamte Universum
explodierte mit funkelndem Glanz, der plötzlich verschwand, als ob jemand die
Hauptsicherung herausgezogen hätte, und ich stürzte hilflos in die

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