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Al Wheeler und die Besessene

Al Wheeler und die Besessene

Titel: Al Wheeler und die Besessene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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    »Doktor Maybury hat mich heute vormittag angerufen«, fuhr er fort.
»Ich wollte mich mit Ihnen in Verbindung setzen; aber Maybury sagte, er habe Ihnen meine Adresse gegeben, und ich war überzeugt, daß Sie
bereits auf dem Weg zu mir seien. Ich habe auf Sie gewartet, Lieutenant, aber
ich hatte nicht damit gerechnet, daß Sie so spät kämen .«
    »Das war sehr rücksichtsvoll
von Doktor Maybury «, sagte ich und bleckte, um ein
Lächeln bemüht, die Zähne.
    »Wollen Sie nicht hereinkommen,
Lieutenant ?«
    Ich folgte ihm durch den Flur
ins Wohnzimmer und war verblüfft über dessen Größe. Von außen wirkte das
Blockhaus klein. Innen war es geräumig und luxuriös ausgestattet. Wände und
Boden waren mit rauchgrauem Holz ausgelegt, und die Möbel machten einen
kostspieligen Eindruck. Die eine Wand war völlig mit Büchern ausgefüllt. Über dem
offenen Kamin hing das düstere Ölporträt einer Frau, deren üppige Kleidung im
Stil des siebzehnten Jahrhunderts gehalten war. Sie wäre schön gewesen — ohne
die abstoßende, schlangenhaft wirkende Kälte in ihren Augen.
    »Bitte, setzen Sie sich,
Lieutenant«, sagte Arist gastfreundlich. »Darf ich
Ihnen etwas zu trinken anbieten ?«
    »Nein, danke«, sagte ich.
    »Stört es Sie, wenn ich... ?«
    »Nur zu«, sagte ich und sank in
einen bequemen Ledersessel.
    Er machte sich an der
reichbestückten Bar am anderen Ende des Zimmers einen Drink zurecht und nahm
ihn zu dem mir gegenüberstehenden Sessel mit.
    »Es ist mir klar, daß Sie
tausend Fragen an mich zu richten haben, Lieutenant .« Er lächelte und zeigte dabei bemerkenswert gute Zähne. »Ich will versuchen.
Ihnen einige davon zu beantworten. In erster Linie muß ich Ihnen erklären, daß
zwischen Diana und mir kein übertrieben herzliches Einvernehmen herrschte,
obwohl sie meine Nichte war. Ich verlor zu meiner Schwester vor ungefähr
zwanzig Jahren jeden Kontakt, als Diana noch ein kleines Kind war. Vor etwa
zwei Jahren besuchte mich Diana plötzlich, erzählte mir, wer sie war, daß ihre
beiden Eltern vor sechs Monaten gestorben seien und ich ihr einziger Verwandter
wäre .«
    Er nippte eine kleine Weile mit
Genuß an seinem Glas. »Ich bin kein sentimentaler Mensch, Lieutenant, und das
sagte ich ihr auch. Ihr sei das recht, erwiderte sie, sie habe ebenfalls keine
Zeit für Gefühlsduseleien. Sie war im Osten Modell gewesen, war entschlossen,
damit an der Westküste weiterzumachen, und alles, was sie wollte, war ein
Zimmer, bis sie auf eigenen Füßen stehen würde. Zum Ausgleich wollte sie meinen
Haushalt führen oder sonst etwas Nützliches dafür tun, daß ich sie versorgte.
    Sie blieb ungefähr sechs Monate
bei mir. Manchmal war sie eine Nacht über weg, manchmal eine Woche. Ich stellte
nie Fragen, und sie erzählte niemals freiwillig etwas. Sie war eine typische Arist : kühl, selbstgenügsam und getrieben von einem
Ehrgeiz, der alles und jedes opfern würde, einschließlich ihres eigenen Ichs,
um das Ziel zu erreichen! Nach den bewußten sechs Monaten teilte sie mir mit,
daß sie das Zimmer nicht mehr brauche, und zog weg.
    Lange Zeit hörte und sah ich
nichts mehr von ihr und machte mir keinerlei Gedanken darüber. Dann, vor etwa
drei Monaten, erschien sie plötzlich wieder und erzählte mir, sie hätte eine
Erfolgschance, wie man sie nur einmal im Leben geboten bekäme, und ob ich ihr
Geld leihen würde. Ich sagte ihr natürlich, sie sei verrückt; und wir gerieten
in eine scheußliche Auseinandersetzung, die erst endete, als ich ihr einen
Schlag gab, daß sie auf den Boden fiel .«
    Er hielt inne, um noch einen
Schluck Whisky zu trinken, und fuhr dann mit unbarmherziger Genauigkeit, was
Details betraf, in seiner Geschichte fort. »Ich muß gestehen, Lieutenant,
nachdem sie weg war, fühlte ich mich scheußlich. Schließlich war sie meine
Nichte. Dann, nach einem Monat, kam sie zum letztenmal zurück. Sie traf gegen drei Uhr nachts in völlig verschrecktem Zustand bei mir
ein; in den ersten zehn Minuten brabbelte sie nur unzusammenhängendes Zeug zu
mir her. Schließlich gelang es mir, sie ein wenig zu beruhigen, und sie
erzählte mir, mit ihrem Plan sei alles entsetzlich schiefgegangen, und nun sei er hinter ihr her und wolle sie umbringen .«
    Arist seufzte und schüttelte
bedächtig den Kopf. »Mehr wollte sie nicht sagen. Ich fragte natürlich, wer er
sei, aber sie verriet es mir nicht. Sie behauptete, sie müßte sich irgendwo
verstecken, und ich sollte ihr einen Ort suchen, wo sie sich in

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