Al Wheeler und die Besessene
war auf fünfundfünfzig, als wir auf
die Straße einbogen, und auf neunzig, als wir die nächste Kreuzung erreichten.
Etwa fünf Minuten später, als wir Valley Heights sicher hinter uns hatten, nahm
ich meinen Fuß vom Gaspedal.
»Al ?« wimmerte eine mitleiderregende Stimme neben mir.
»Ja?«
»Al, ich habe ein Bein
zurückgelassen! Als Sie mich in dieses aus einem Kinderweihnachtsstrumpf
übriggebliebene Zwergautomobil hineingeworfen haben, muß es außen
hängengeblieben und vom Torpfosten abgerissen worden sein.«
Sie quietschte entrüstet, als
ich eine fachmännische Untersuchung mit der linken Hand vornahm.
»Alles okay, Margie«,
versicherte ich ihr. »Sie sitzen nur darauf, das ist alles .«
»Ich dachte, das sei nur noch
so ein komisches Stück von dieser verdammten Botanisiertrommel .« Ihre Stimme begann, zuversichtlicher zu klingen. »Na,
jedenfalls bin ich froh, daß ich es noch habe, auch wenn ich es nicht spüre .«
Sie wollte wissen, was vor dem
Hause passiert war, und ich erzählte es ihr. Dann berichtete sie mir von den
Vorgängen im unteren Korridor. Ihr Auftritt war bei den drei Strolchen ein
Erfolg gewesen — sie wären liebend gern die ganze Nacht über dageblieben, um
sich nach sämtlichen Details zu erkundigen. Aber als Bladen eintraf, änderte
sich die Situation, sagte Margie. Er wollte wissen, was für Fragen der Polyp
gestellt hätte, und Johnny Crystal erkundigte sich immer wieder, ob er nicht
nach oben gehen und sich des windigen Burschen annehmen sollte. Bladen habe ihn
zur Ruhe gemahnt, solange er Margies Geschichte zuhörte, aber nachdem sie Mühe
zu haben anfing, neue, angeblich von mir gestellte Fragen zu erfinden, hatte er
sein Interesse verloren.
Margie schauderte plötzlich.
»Er sagte zu Crystal: >Okay, holen Sie ihn, aber lebendig. Wir müssen das
sofort und ohne Aufhebens machen, und wir brauchen sie beide lebendig, damit es
nachher natürlich wirkt .< Wissen Sie was?« Sie
schauderte wieder. »Erst eine volle Minute später begriff ich, daß er mit einem
von den >beiden< mich meinte! Ich glaube, Panik bemächtigte sich ein
wenig meiner, und so begann ich das herunterzuhaspeln ,
was Sie mir wegen des Streifenwagens, der dreiviertel acht kommen sollte,
gesagt hatten. Ich merkte, daß Johnny besorgt war, aber Bladen schnaubte nur
verächtlich .«
Sie konzentrierte sich ein paar
Sekunden. »Ich weiß nicht mehr genau, was er über Sie gesagt hat, Johnny —
irgendwas davon, daß Sie in Pine City den Ruf hätten,
alles allein zu machen und daß Sie niemals irgendwohin einen Streifenwagen
bestellten, damit es nicht herauskäme, falls Sie irgendwo alles versauten .«
»Ich habe das Gefühl, Bladen
kennt mich«, sagte ich bescheiden.
»Bei der Gelegenheit benutzte
er diesen Ausdruck: einsamer Wolf. Ich glaube, das war es .«
»Er kennt mich wirklich gut«,
sagte ich und grinste die Windschutzscheibe an.
»Nein!« Sie schnippte mit den Fingern.
»Das war’s gar nicht. Jetzt weiß ich’s wieder. Egoist — das hat er
gesagt !«
»Dieser blöde Hammel«, knurrte
ich. »Wie kann sich ein Mensch nur so täuschen .«
Wir kamen kurz nach acht in
meine Wohnung, und ich verschwand sofort in der Küche, um eine Portion
exotischer Getränke, wie Scotch auf Eis mit ein bißchen Soda, einzuschenken.
Margie vergnügte sich höchlichst damit, die ganze Wohnung zu betrachten, bis zu
dem Augenblick, als sie einen Spiegel fand. Ich hatte in der Vergangenheit
schon mehr haarsträubende Geräusche gehört, aber dieses
schmerzliche Gewimmer hoffe ich niemals wieder in meinem Leben hören zu
müssen. Dann knallte die Badezimmertür zu, und das war das letzte, was ich von
ihr während der nächsten drei Viertelstunden sah und hörte.
Das Mädchen, das aus dem
Badezimmer zurückkehrte, sah aus wie Margies kleine Schwester. Ihr Haar war
ausgekämmt, so daß es sich leicht um ihre Schultern lockte. Ihr
frischgewaschenes Gesicht glühte, und irgendwie war nicht nur das Make-up,
sondern auch die Eckigkeit ihrer Züge verschwunden. Außerdem hatte sie die
Überreste ihres Silberlamékleides und ihres
Taftunterrockes entfernt, aus denen ich bei meiner fieberhaften Suche nach dem
Schalthebel Stücke herausgerissen hatte. Als ich sie in ihrem weißen trägerlosen
Büstenhalter und den winzigen dazupassenden Höschen
aufkreuzen sah, wurde mir plötzlich klar, daß alles nur eine Frage der
Proportion ist. Ihre Brust war klein, stand aber genau in richtigem Verhältnis
zu ihrer schmalen Taille.
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