Al Wheeler und die Callgirls
zwar
handelt es sich um eine ganz tolle Verabredung.«
Burt Evans räusperte sich
sachte. »Mein Rechtsanwalt wird auf Sie warten, wenn Sie dort eintreffen,
Lieutenant.«
»Ausgezeichnet!« sagte ich.
»Jedenfalls solange Lennie bei der Hinfahrt sein Temperament beherrscht.«
»Was, zum Teufel, soll das
heißen?« knurrte Silver.
»Sie sind der leicht erregbare
Typ des Polizistenhassers, Lennie«, ich grinste ihn bösartig an, »genau der
Typ, der dazu neigt, sich auf der Fahrt in die Stadt auf mich zu stürzen.
Daraufhin muß ich Sie natürlich mit einem Pistolenkolben beruhigen und Sie im
Augenblick, in dem wir in der Zentrale angekommen sind, einsperren.«
»Dabei kommen Sie nicht mit
heiler Haut davon«, sagte er scharf.
Ich spreizte die Hände. »Wie
Sie gestern abend schon sagten: Ich bin ein kleiner Polyp, der im Büro eines
kleinen Sheriffs arbeitet. Aber das macht das Ganze eben so gemütlich, Lennie.
Jeder, der in dieser Stadt etwas gilt, ist wütend, weil einer ihrer führenden
Mitbürger vorgestern nacht ermordet wurde. Glauben Sie vielleicht, die werden
sich wegen eines kleinen Ganoven, der sich weigert, Fragen zu beantworten, den
Kopf zerbrechen?«
»Nun reden Sie schon, Lennie«,
sagte Evans ruhig.
»Ich war bei einem Mädchen und
blieb die Nacht über in ihrer Wohnung«, sagte Silver mürrisch. »Ist das was
Ungewöhnliches?«
»Ich will keine Debatte
darüber«, knurrte ich. »Ich will ihren Namen und ihre Adresse haben!«
»Burt?« Silver fuhr sich
vorsichtig mit der Zunge über die Lippen. »Vielleicht wird Ihnen das, was ich
sage, nicht recht sein.«
»Das werde ich Ihnen dann
mitteilen«, sagte Evans.
»Sie rief ein paar Tage,
nachdem wir hierhergezogen waren, hier an. Sie und Merle waren ausgegangen«,
murmelte Silver. »Sie sagte, sie wolle Sie gern sehen, um alter Erinnerungen
willen, und ich erzählte ihr von Merle und Ihnen. Darauf sagte sie, ob ich sie
nicht einmal besuchen wolle?« Er zuckte verlegen die Schultern. »Das habe ich
dann getan.«
Evans starrte ihn einen
Augenblick lang an. »Lisa Nettheim?«
»Sie heißt jetzt Lisa Landau,
und ist Witwe.«
»Sie blöder kleiner Halunke!«
Evans stand auf, legte seine Zigarre vorsichtig auf den Aschenbecher und fuhr
dann zu Silver herum. Sein Handrücken knallte erst gegen Lennies eine, dann
gegen seine andere Wange, so daß er in seinen Grundfesten bebte. »Es ist mir
völlig egal, mit wem Sie in Ihrer Freizeit schlafen«, sagte Evans mit gepreßter
Stimme. »Aber was sie anbetrifft, so hätten Sie mir Bescheid sagen müssen! Sie
hätte ein von Nick Kutter ausgesetzter Lockvogel sein können. Sind Sie je auf
den Gedanken gekommen?«
»Verdammt!« murmelte Silver
durch geschwollene Lippen. »Daran habe ich nie gedacht. Es tut mir leid,
Burt, wirklich!«
»Jetzt, nachdem Nick tot ist,
spielt es keine Rolle mehr.« Evans nahm seine Zigarre und ließ sich wieder auf
der Couch nieder. »Aber es hätte eine Rolle spielen können.«
»Wo wohnt sie?« fragte ich.
Silver gab die richtige Nummer
im richtigen Apartment-Hochhaus an, ohne zu zögern. Ich zündete mir eine
Zigarette an, um ein paar Sekunden zum Überlegen zu haben, aber es fielen mir
keine Fragen mehr ein. Sein Alibi für die Zeit der Ermordung Kutters war
festgelegt, und solange ich nicht nachweisen konnte, daß er log, war nichts zu
machen.
»Sonst noch etwas, Lieutenant?«
fragte Evans abrupt.
»Ich glaube nicht«, sagte ich.
»Dann kann ich jetzt vermutlich
gehen?« sagte Silver hoffnungsvoll.
»Den Teufel können Sie!« bellte
Evans. »Sie und Lisa Nettheim sind etwas, woran ich mich erst gewöhnen muß, so
plötzlich, wie Sie mir damit ins Haus gefallen sind. Eine Nacht lang können Sie
jedenfalls auf sie verzichten. Sie können heute nacht zu Hause bleiben und Ihre
Kräfte sparen, Lennie.«
Ich wollte auf die Tür zugehen
und stellte fest, daß Silver mir den Weg blockierte. Seine Augen hatten vor Haß
einen glasigen Ausdruck, als er mich anstarrte.
»Dafür bin ich Ihnen noch was
schuldig, Polyp«, sagte er mit belegter Stimme.
»Dann schlagen Sie zu«, sagte
ich. »Legen Sie nur den allerkleinsten Finger an mich, Lennie — bitte!«
»Versuchen Sie, sich mit dem
Lieutenant anzulegen«, sagte Evans’ kalte Stimme hinter mir, »und Sie werden
als halbe Leiche daraus hervorgehen. Mir soll’s recht sein. Ich kümmere mich
dann um die andere Hälfte.«
Einen Augenblick lang konnte
ich förmlich die Enttäuschung in Silvers Innerem spüren, dann wich er
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