Al Wheeler und die Callgirls
wiedergesehen?«
»Nein. Ich habe gehört, daß sie
einen reichen alten Mann geheiratet und Santo Bahia verlassen hat. Aber das muß
jetzt drei Jahre her sein.«
»Sie wohnt in Pine City«, sagte
ich.
»Was?« Die Überraschung auf
ihrem Gesicht wirkte echt. »Das wußte ich gar nicht.«
»Erinnerst du dich an einen
Burschen namens Burt Evans in Santo Bahia?«
»Ja, an den erinnere ich mich.«
»Er war ein Kunde Lisa
Nettheims?«
Toni nickte. »Ein regulärer
Kunde, und sie behielt ihn für sich.«
»Wie steht’s mit Lennie
Silver?«
Ein Ausdruck leichten
Widerwillens erschien auf ihrem Gesicht. »Er war nicht normal — so etwas wie
ein Tier! Lisa traf für ihn eine Verabredung mit Miriam, nachdem ich mich
geweigert hatte, ihn wiederzusehen, und dann weigerte sich Miriam ebenfalls.
Monate hinterher hatte ich wegen Lennie Silver noch Alpträume.«
»Wie verhielt sich Lisa ihm
gegenüber?«
»Ich glaube, sie versuchte
lediglich, Evans einen Gefallen zu tun, weil er ihr regulärer Kunde war. Lisa
hatte nichts als das Geschäft im Kopf, ich glaube, sie betrachtete Sex nicht
mal als Vergnügen, ihr ganzes Leben lang nicht.«
»Warst du überrascht, als du
erfuhrst, daß George Kutter Miriams Liebhaber ist?« fragte ich, abrupt das
Thema wechselnd.
»Erstaunt, wäre wohl richtiger
ausgedrückt.« Sie lächelte ein wenig. »Ich hätte nie gedacht, daß George der
Typ ist, auf den Miriam fliegt. Er ist so langweilig.«
Ich sah mich in der riesigen
Eingangsdiele um, die jetzt weitgehend im Dunkeln lag. »Fühlst du dich in
diesem Mausoleum hier nicht manchmal einsam?«
»Man gewöhnt sich dran. Wenn es
wirklich schlimm wird, kann ich immer noch weggehen und die Nacht bei einem
Freund zubringen, der auf einer Hi-Fi-Couch lebt.«
»Jederzeit«, sagte ich. »Wobei
mir einfällt, daß ich mir eine neue Sendung Aphrodisiakum besorgen muß.«
»Der gute alte Großvater
Wheeler!« Sie schob ihren Arm unter den meinen, während wir auf die Tür
zugingen, und hielt ihn so fest an sich gepreßt, daß ich ihre feste Brust
spüren konnte. »Weißt du was? Ich habe in meinem Leben nur vier Leute
kennengelernt, die ich leiden mochte, und zwei davon waren Polypen.«
»Polypen sind nette Menschen,
wenn man sie richtig kennenlernt«, sagte ich selbstgefällig.
Sie öffnete die Tür, wartete,
bis ich unter den Portiko getreten war, und schüttelte dann den Kopf. »Polypen
können nett sein«, gab sie zu. »Aber Menschen? Niemals!«
Ich fuhr in die Stadt zurück,
wobei ich über dieses Stück freiwillig gespendeter Philosophie nachgrübelte,
ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Dann ließ ich mir Zeit für ein Steak-Sandwich
in einem Restaurant. Es war gegen acht Uhr dreißig, als ich vor Lisa Landaus
Wohnungstür eintraf und klingelte. Sekunden später steckte sie den Kopf heraus
und spähte vorsichtig zu mir herüber. Ein einladendes Lächeln erschien auf
ihrem Gesicht, als sie entdeckte, daß ich es war.
»Sie haben also Ihre
Reitstiefel gefunden«, sagte sie mit befriedigter Stimme. »Kommen Sie herein,
Al.«
Sie öffnete weit die Tür, und
ich trat in die Wohnung. Drinnen kam ich zu einem plötzlichen Stillstand. »Ich
habe schon von der berühmten >scharlachroten Frau< reden hören«, murmelte
ich, »aber das ist das erstemal, daß ich eine in Fleisch und Blut sehe.«
»Fleisch« traf es genau. Sie
trug ein Hemd von lebhaftem Rot, das am Hals offenstand und sich behaglich
gegen die kräftige Rundung ihrer Brüste schmiegte, eng um ihre schmale Taille
und ebenso eng um ihre geschwungenen Hüften anlag und gleich darunter endete.
Ihre langen, schlanken Beine mit den festen, gerundeten Schenkeln waren von
blendendem Weiß, und als sie sich umdrehte, um ins Wohnzimmer zu gehen, sah
ich, daß das Hemd rechts und links geschlitzt war und dadurch ein winziges
pulverblaues Höschen enthüllte.
»Ich wußte nicht, daß Sie zu
Besuch kommen würden«, sagte sie über ihre Schulter hinweg. »Sonst hätte ich
mich gar nicht erst angezogen.«
»Sie hätten mich jetzt glatt
täuschen können«, sagte ich aufrichtig.
Sie setzte sich auf die Couch
und schlug ohne Eile die Beine übereinander, während ich eilig einem in
sicherer Entfernung stehenden Stuhl zustrebte.
»Feigling!« Sie lächelte, und
ihre Unterlippe berührte beinahe ihr Kinn. »Ich weiß eigentlich gar nicht,
weshalb Sie solche Angst vor mir haben, Al?«
»Vielleicht weil Sie eine
solche Lügnerin sind?« gab ich zu bedenken. »Wissen Sie, daß Sie vier
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