Al Wheeler und die Callgirls
das
Abendessen hinter uns gebracht — so gegen acht Uhr, schätze ich —, als das
Telefon klingelte. Ich meldete mich. Am anderen Ende der Leitung war irgendein
Mann, der behauptete, er wisse, wer Nick umgebracht habe und könne es auch
beweisen — wenn ich ihm genügend für die Information bezahle. Ich erklärte ihm,
dazu sei ich bereit, aber nur, nachdem ich Namen und Beweise von ihm erhalten
hätte. Danach wies er mich an, mich mit ihm am Ende der Valley-Straße zu
treffen. Das ist sieben bis acht Kilometer von hier entfernt, und es gibt dort
einen ungeteerten Weg, der um den See herumführt. Er sagte, ich solle etwa
siebenhundert Meter weit den Weg entlangfahren, dort halten und auf ihn warten.
Und das tat ich.«
»Und er ist nicht aufgetaucht?«
»Nein.« Er schüttelte so
langsam den Kopf, als hätte er Angst, er könne ihm von den Schultern fallen.
»Ich wartete eine halbe Stunde lang, aber er erschien nicht. Ich gab noch eine
weitere Viertelstunde drauf, und dann überlegte ich, daß er wahrscheinlich
nicht kommen würde, und wenn ich eine Woche auf ihn wartete. Ich wendete also
den Wagen und fuhr heim und«, sein Atem ging stoßweise, »trat ins Wohnzimmer
und fand Eve dort auf dem Boden liegen.«
»Sie haben die Stimme am
Telefon nicht erkannt?«
»Es könnte eine x-beliebige
Stimme gewesen sein.«
»Was für einen Wagen fahren
Sie?«
»Einen Cadillac.«
»Mit Vierradantrieb?«
Er starrte mich verblüfft an.
»Soll das ein Witz sein, Lieutenant?«
»Vermutlich ja«, sagte ich.
»Aber es ist im Augenblick nicht wichtig.«
Ich ging in die Diele hinaus
und sah Polnik, die Hände in den Hosentaschen, neben der Haustür stehen und mit
mildem Desinteresse auf ein an der Wand hängendes Stilleben starren. Ich
verspürte einen Stich des Neides, während ich auf ihn zuging. Polnik hatte nie
in seinem Leben irgendwelche Probleme. Wenn etwas auch nur so aussah, als könne
es sich zu einem Problem auswachsen, hörte er einfach auf, darüber
nachzudenken, und so blieb dem Problem keine andere Wahl, als sich zu
verflüchtigen.
»Kommen Sie mit mir, Sergeant«,
sagte ich energisch, während ich an ihm vorbei hinaus unter den Portiko trat.
Er holte mich ein, als ich den
Healey erreicht hatte, und zwängte sich in den Mitfahrersitz. »Wohin fahren
wir, Lieutenant?«
»Irgendwohin, wo ich Sie mit
einer schönen Blonden allein lassen kann«, sagte ich, während ich den Motor
anließ, die Zufahrt hinunter- und auf die Straße hinausfuhr. »Das ist sehr
wichtig, Sergeant. Wenn wir dort sind, werde ich diese schöne Blondine anweisen,
ein paar Dinge für mich zu tun, und dann muß ich gehen. Aber Sie bleiben da, um
zu beaufsichtigen, ob sie diese Dinge so macht, wie ich es ihr gesagt habe.
Wenn es auch nur den Anschein hat, als ob sie im Begriff sei, sich zu
widersetzen, müssen Sie dafür sorgen, daß das nicht geschieht. Auf welche Weise
Sie sie überreden, ist mir egal, solange es Ihnen nur gelingt. Brechen Sie ihr
den Arm, wenn es nötig ist.«
»Aber, Lieutenant!« In seiner
Stimme lag ein ehrfurchtsvoller Unterton. »Ich habe noch nie einem Frauenzimmer
den Arm gebrochen!«
»Na, dann gibt’s vielleicht ein
weiteres erstes Mal in Ihrem Leben«, brummte ich.
Etwa zehn Minuten später trafen
wir vor der weißen Villa ein, die in totaler Finsternis dalag. Ich preßte den
Daumen gegen den Klingelknopf und ließ ihn dort, bis etwa dreißig Sekunden
später Licht aus der Eingangsdiele drang. Dann öffnete sich die Tür, und eine
zerzauste Blonde starrte mich, den Schlaf aus den Augen blinzelnd, wütend an.
Sie trug einen seidenen Morgenrock. Er stand vom weit offen, so daß der Anblick
des halbdurchsichtigen Negliges Polnik veranlaßte, einen tief aus seiner Kehle
dringenden Grunzlaut von sich zu geben.
»Du hast keine Zeit, wütend auf
mich zu sein, weil ich dich mitten in der Nacht aus dem Bett gezerrt habe.« Ich
warf einen schnellen Blick auf meine Uhr. »Oder vielmehr Viertel nach elf. Eve
Kutter ist heute abend ermordet worden, und der Sheriff hat George als
Opferlamm ausersehen.«
»Eve Kutter — ermordet?« Tonis
Augen begannen zu rollen, und ich gab ihr eine Ohrfeige, gerade so kräftig, daß
es weh tat, aber nicht stärker.
»Du hast jetzt keine Zeit für
so etwas«, sagte ich. »Wie geht es Miriam Kutter?«
»Ich habe ihr gegen acht Uhr
die Tabletten gegeben«, sagte sie mit dumpfer Stimme. »Vor morgen früh wacht
sie höchstens an einem Erdbeben auf.«
»Das ist gut.« Ich ergriff sie
am
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