Al Wheeler und die Nackte
jeder seine Marotten hat«, sagte sie. »Und die beiden gestern
nacht schienen ganz einfach solchen Marotten zu frönen.« Sie schauderte
plötzlich. »Ich wußte ja nicht, daß er die arme Person ermorden würde.«
»Natürlich nicht«, sagte ich.
»Danke, Mrs. Van Heuten. Es tut mir leid, daß ich Sie
in Ihrer Mittagsruhe gestört habe.«
»Macht nichts«, sagte sie. »Und
ich heiße Gloria.«
»Al Wheeler«, sagte ich. »Und
ich besitze keine Ranch. Nur eine kleine Wohnung mit einem Stereo und einer
Doppelcouch.«
»Immer zu Diensten«, sagte sie
mit kehliger Stimme. »Rufen Sie einfach an.«
4
Die blaue Rauchspirale der
Zigarre trieb in gerader Richtung zur Decke empor, während mich Sheriff Lavers unheildrohend anstarrte.
»Sie sah, daß der Kerl
ebenfalls splitterfasernackt war und eine Ziegenbock-Maske trug?«
»Das hat sie jedenfalls
behauptet«, bestätigte ich.
Seine Kinne zitterten. »Die Hardesty muß eine Irre gewesen sein.«
»Vielleicht war auch der Mörder
ein Irrer«, wandte ich ein.
»Was ist mit dieser Virginia
Reid?« brüllte er. »Wo, verdammt noch mal, steckt die denn?«
»Eine ausgezeichnete Frage,
Sheriff«, sagte ich. »Ich habe die Mordabteilung von Los Angeles gebeten, dort
Nachforschungen anzustellen.«
Er rutschte mit seinem
Zweizentnerleib hin und her, und sein Stuhl knarrte gefährlich. »Ich wette, Hardesty ist der Mörder.«
»Wahrscheinlich haben Sie
recht«, pflichtete ich höflich bei.
»Ich hasse Privatdetektive«,
brummte er. »Beinahe so sehr wie Sie, Wheeler.«
»Jawohl, Sir«, sagte ich, weil
mir das im Augenblick die sicherste Reaktion erschien.
»Was ist bei der Obduktion
herausgekommen?«
»Sie wurde erstochen«, sagte
ich. »Wie Dr. Murphy gleich vermutete, hat einer der Stiche ihr Herz
durchbohrt. Die Todeszeit liegt zwischen Mitternacht und zwei Uhr früh.
Sexueller Verkehr hatte, zumindest kurz vor ihrer Ermordung, nicht
stattgefunden.«
»Warum, verdammt noch mal,
waren die beiden dann nackt?« fauchte er.
»Eine berechtigte Frage, Sir.«
»Scheren Sie sich zum Teufel,
Wheeler«, sagte er angewidert.
»Ja, Sir.« Ich stand auf und
hustete dann diskret. »Ich brauche in dieser Sache Hilfe, Sheriff.«
»Was brauchen Sie — Hilfe?« Er
starrte mich verblüfft an. »Was ist denn aus dem einsamen Wolf geworden,
Lieutenant? Machen Sie vielleicht schlapp? Wenn Sie Ihre Aufmerksamkeit ein
bißchen mehr Ihrer Arbeit und weniger den Weibern widmen würden, brauchten Sie
keine Hilfe.«
»Ich möchte, daß jemand sich heute abend gründlich in diesem Hotel umsieht«, sagte ich.
»Sich mit den Angestellten am Empfang anbiedert und so weiter.«
»Sie selbst sind dazu zu
beschäftigt?«
»Ja, Sir.«
»Und wie heißt sie?«
»Sie sind wahnsinnig komisch,
Sheriff.« Ich wies ihm die Zähne. »Ihr Sinn für Humor ist ungeheuer ausgeprägt,
und wenn Sie ihn je wiederfinden sollten, wird das ein Freudenfest geben.«
»Ich habe da diesen neuen
Sergeant«, brummte er. »Peterson. Den werde ich dafür einsetzen. Ein bißchen
Nachtdienst wird ihn vielleicht aufmöbeln.«
»Danke, Sheriff«, sagte ich. »Ich
werde mit ihm reden und—«
»Den Teufel werden Sie tun!«
brüllte er. »Der Bursche ist erst zwei Tage bei uns, und ich denke nicht daran,
ihn gleich Ihrem korrumpierenden Einfluß auszusetzen! Es ist schon schlimm
genug, daß er Doc Murphy kennengelernt hat.«
»Ich möchte, wie gesagt, daß er
sich im Hotel umschaut. Er soll herausfinden, ob sich der Angestellte am
Empfang daran erinnert, spät in der Nacht einen Mann gesehen zu haben, der das
Hotel verließ. Und vielleicht kann er auf eigene Faust herausfinden, wie
schwierig es ist, ungesehen in den zehnten Stock hinauf und wieder hinunter zu
gelangen.«
»Na gut«, sagte Lavers zögernd.
»Und wenn er morgen früh nicht
zu müde ist«, fuhr ich entschlossen fort«, dann könnte er herumschnüffeln und soviel wie möglich über die Porterhard Agentur und ihre Reputation herauskriegen.«
»Und wenn er ein braver kleiner
Sergeant ist, reservieren Sie ihm auch eine Blondine für den morgigen Abend,
ja?« Lavers ’ Gesicht wurde rapide kirschrot.
»Verdammt noch mal, warum stehen Sie eigentlich noch hier rum, Wheeler? Ich
habe Ihnen doch schon vor fünf Minuten gesagt, Sie sollen sich zum Teufel
scheren!«
Ich trat ins Vorzimmer, wo der
honigblonde Stolz des Südens, Annabelle Jackson, saß und so tat, als sei sie
Sekretärin des Sheriffs und nicht der Wirklichkeit gewordene Wunschtraum
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