Al Wheeler und die Nackte
Dienstmarke. »Ich werde warten.«
»Sie haben nicht alle Tassen im
Schrank«, stellte er fest und schlug mir die Tür vor der Nase zu.
Ich preßte den Daumen auf den
Klingelknopf und ließ ihn dort. Eine halbe Minute später wurde die Tür wieder
geöffnet. Der kalten Wut nach, die in seinen Augen schimmerte, war der
Gentleman offensichtlich mißvergnügt .
»Ich habe Ihnen doch gesagt,
daß Donna beschäftigt ist«, zischte er. »Hauen Sie ab. Es sei denn, Sie wollen
riskieren, mit einer dicken Lippe herumzulaufen.«
»Sie werden doch wohl keinen
Polizeibeamten tätlich angreifen wollen«, sagte ich freundlich. »Das könnte
nämlich bedeuten, daß ich Sie ins Sheriffbüro schaffen und dort ins Loch
schmeißen würde. Es könnte auch bedeuten, daß ich mich wehren würde — und ich
verfüge über ziemlich gemeine Tricks.«
Er holte schnell und tief Luft
und fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund. »Wheeler?« fragte er mit
belegter Stimme. »Den Namen werde ich mir merken müssen. Sie gehen mir nicht
durch die Lappen.«
»Und ich werde warten, bis Ihre
Schwester Zeit hat«, sagte ich.
»Sie ist unter der Dusche«,
sagte er. »Von mir aus können Sie im Haus warten. Ich mache jetzt einen Besuch.
Es wäre mir unerträglich, mit Ihnen in einem Raum zu sein.«
»Schönen Gruß an Linda«, sagte
ich freundlich und empfand etwas wie milde Befriedigung, als er den Ausdruck
von Überraschung auf seinem Gesicht nicht unterdrücken konnte.
Das Wohnzimmer sah aus, als sei
es seit der Zeit, als Grandma Moses es für die
Nachwelt gemalt hatte, nicht verändert worden. Alle Möbelstücke mußten entweder
wirklich antik oder erstklassige Nachbildungen sein. Ich ließ mich äußerst
vorsichtig auf etwas nieder, das nach einem Hepplewhite-Stuhl aussah, und
wartete. Die Tür öffnete sich, und Donna Barnes kam ins Zimmer gestürmt.
»Gib mir was zu trinken, Cal«,
sagte sie. »Ich —« Dann sah sie mich. »Ach du lieber Himmel.«
Sie trug einen BH, der wie ein
knapper Witz wirkte und ein winziges Höschen — beides dunkelblau. Ohne Schuhe
konnte sie meiner Schätzung nach höchstens einen Meter fünfundfünfzig groß
sein. Die abgedroschene Bezeichnung >Venus im Westentaschenformat< paßte ausgezeichnet auf sie. Ihre volle Unterlippe wirkte
plötzlich noch fülliger, als sie lächelte.
»Was ist passiert?« fragte sie.
»Hat jemand den Zauberstab geschwungen und meinen Bruder in einen Bullen
verwandelt?«
»Er behauptete, er könne es
nicht mit mir zusammen in einem Raum aushalten«, sagte ich. »Deshalb wollte er
jemand besuchen.«
Sie zog eine Grimasse. »Er ist
heute miserabler Laune. Ich werde mich nicht für ihn entschuldigen — das kann
niemand, wenn er in dieser Verfassung ist. Würden Sie mir etwas zu trinken
einschenken, während ich gehe und mir etwas anziehe?«
»Muß das sein?« fragte ich.
»Entweder das — oder ich ziehe
mir die Kleinigkeiten, die ich anhabe, auch noch aus«, sagte sie gelassen.
»Aber ich glaube nicht, daß unsere Bekanntschaft bereits so weit gediehen ist,
Lieutenant. Und es gibt nichts Lächerlicheres als ein Mädchen, das in BH und
Höschen umherwandert.«
»Kein Kommentar«, sagte ich.
»Ich bin gleich zurück«, sagte
sie. »Und ich trinke einen Campari mit Soda.«
Es gab da eine Bar, die auf
Knopfdruck aus der Wand sprang, als hätte sie auf nichts anderes gewartet. Als
ich die Drinks eingegossen hatte, war Donna Barnes zurück; sie trug eines ihrer
Minikleider und hochhackige Sandalen.
»Ich würde gern Hosenanzüge
oder lange Kleider tragen«, sagte sie. »Aber Minis sind die Lösung für Mädchen
mit abgesägten Läufen. Vor allem, wenn sie ordentlich geformte Beine haben.«
»Sie haben sogar prachtvolle
Beine«, sagte ich und reichte ihr ihren Drink.
»Danke.« Sie lächelte träge.
»Bisher ist alles verlaufen wie in einem französischen Boulevardstück. Sie sind
aber nicht nur gekommen, um mich zu verführen, Lieutenant, oder?«
»Nein«, sagte ich bedauernd,
»wenn ich es mir recht überlege, nicht. Ich habe heute mit Jason Porterfield gesprochen.«
»Das muß ein Vergnügen gewesen
sein.« Sie verzog das Gesicht. »Wollen Sie sich nicht setzen?«
Ich blickte auf das Mobiliar.
»Ist das alles echt?«
»Imitiert«, sagte sie. »Aber
gut. Das war Cals Einfall. Mich macht es komplett verrückt.«
Ich ließ mich wieder vorsichtig
auf dem imitierten Hepplewhite-Stühlchen nieder, und sie setzte sich mir
gegenüber.
»Sie arbeiten für die Porterhard
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