Al Wheeler und die tote Lady
»Wie war’s denn gestern nacht ?«
»Wissen Sie was?« Sie senkte
ihre Stimme zu einem Flüstern. »Ich halte diesen Pat Nelson für einen
verkappten Schwulen! Als wir unten am Strand waren, war er an Sex noch nicht
mal interessiert, er stellte mir nur eine Menge langweiliger Fragen über das
Motorboot, das ich gestern morgen gesehen habe.«
»Über das, welches Sie für sein
Boot gehalten haben?« fragte ich scharfsinnig.
»Ja, genau.« Sie paßte meinen
Martini in der Größe dem ihren an und schob mir das Glas zu. »Da stand ich nun,
bereit für Spiel und Spaß. — Und alles, woran er interessiert war, war bloß dummes
Geplapper.« Sie schürzte die Unterlippe. »Ich finde, das ist beleidigend für
ein Mädchen.«
»Vor allem für eins mit einer
so schönen Figur wie Sie, Sam«, pflichtete ich bei.
»He!« Sie lächelte voller
Wärme. »Meinen Sie das wirklich, Al?«
»Ein Mann, der das, was Sie ihm gestern nacht zu bieten hatten, nicht zu würdigen
weiß, muß verrückt sein«, sagte ich mit aufrichtiger Stimme. »Es sei denn
natürlich, er war innerlich mit etwas anderem beschäftigt?«
»Wie zum Beispiel mit diesem
Motorboot, meinen Sie?«
»Klar!« Ich nickte. »Vielleicht
befürchtete er ernsthaft, Sie könnten es als seins erkannt haben. Erinnern Sie
sich an die Leiche, die man gestern früh am Strand gefunden hat?«
Ihre Augen hinter der
Hornbrille weiteten sich, dann konterte sie den Schock automatisch. Das Glas
hob sich zu ihren Lippen, und sein Inhalt verschwand wie das Wasser aus der
Badewanne, wenn jemand den Stöpsel herausgezogen hat.
»Teufel, Teufel«, sagte sie mit
ehrfürchtiger Stimme. »Daran habe ich noch nicht mal gedacht.«
»Sam«, ich beugte mich zu ihr
hinüber und senkte meine Stimme zu vertraulichem Flüstern, »ich brauche Ihre
Hilfe.«
Die Ginflasche verharrte
regungslos in der Luft, während sie mich für einen langen Augenblick anstarrte.
»Okay«, sagte sie dann mit heiserer Stimme. »Warten Sie bloß, bis ich diesen
Badeanzug ausgezogen habe.«
»Aber doch nicht das«, schrie
ich und faßte mich dann schnell. »Ich meine, nicht jetzt gleich. Es dreht sich
um Louise.«
»Louise?« Der eisige Ausdruck
erschien wieder in ihren Augen.
»Ich kenne das Mädchen kaum«,
babbelte ich, »aber Mardi ängstigt sich halb tot um sie.«
Das war ein weiterer großer
Fehler. Sams Mund verzog sich in den Winkeln nach unten, bevor sie zischte:
»Mardi!«
»Ein süßes Geschöpf,« sagte ich
verzweifelt. »Jamie ist ein Glückspilz, daß er ein solches Mädchen hat.«
Ihre Augen begannen wieder ein
bißchen aufzutauen. »Sie und Jamie sind wie füreinander geschaffen. Ja?«
»Noch nie haben Sie ein so
wahres Wort gesagt«, beteuerte ich. »Aber sie macht sich wirkliche Sorgen, und
ich habe ihr versprochen, ihr zu helfen. Sie hat Louise seit zwei Monaten nicht
gesehen. Und dann hat ihr Camel gestern
nacht erzählt, Louise sei vergangenen Samstag bei seiner Party gewesen.«
»Louise kommt und geht die
ganze Zeit über.« Sie zuckte die Schultern. »Ein albernes Frauenzimmer mit
einer völlig verrückten Leidenschaft fürs Spielen, mehr steckt nicht hinter
ihr.«
»Aber vielleicht besteht bei
alldem ein Zusammenhang, Sam.« Ich blickte sie voller Ernst an. »Louise war mit
Chuck Fenwick am vergangenen Samstagabend bei Camels Party, aber sie kehrte
nicht in die Wohnung zurück. Gestern, am Dienstag, wird plötzlich die Leiche
eines unbekannten Mädchens hier am Paradise Beach angeschwemmt. Gestern nacht nun war Pat Nelson so besorgt, Sie hätten
sein Motorboot am frühen Morgen draußen auf dem Meer erkennen können, daß er
noch nicht einmal die Gelegenheit wahrnahm, mit Ihnen zu schlafen.« Ich wartete
ein paar Sekunden und zog dann eine Grimasse. »Wer ist nun Pat Nelsons Partner
im Casino? Chuck Fenwick ist es!«
Ihre Augen waren riesengroß,
als sie mich anstarrte. »Al?« flüsterte sie. »Halten Sie es für möglich, daß es
Louises Leiche war, die da angeschwemmt worden ist?«
»Für möglich halte ich es.« Ich
nickte. »Die einzige Möglichkeit, das mit Sicherheit herauszufinden, ist die,
nachzuforschen, was Louise nach dem Samstagabend getan hat. Wie Mardi ganz
richtig sagt, würden wir alle dumm dastehen, wenn wir zur Polizei gingen und
dann taucht Louise plötzlich gesund und munter zwei Tage später auf.«
»Las Vegas«, sagte Sam
plötzlich.
»Hm?«
»Da ist sie — in Las Vegas.«
Ihre Stimme klang absolut zuversichtlich. »Wenn ich jetzt in Las Vegas
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