Al Wheeler und die tote Lady
unter
meiner persönlichen Aufsicht arbeiten. Verstanden?«
Ich schüttelte bedächtig den
Kopf. »Dann suspendieren Sie mich lieber.«
»Was? Sie, Sie...« Lavers
fehlten die Worte. Er saß da und kollerte wie ein Truthahn am Thanksgiving Day.
»Aus irgendeinem Grund bin ich
das auserkorene Opfer in dieser Geschichte«, sagte ich schnell. »Hal möchte
mich entweder umbringen oder zumindest ausschalten. Als sein Versuch, meinen
Selbstmord vorzutäuschen, mißglückte , fand er, daß
Albie entbehrlich sei und will mir den Mord in die Schuhe schieben. Wenn Sie
mir den Fall wegnehmen oder ihn mich nicht in meinem eigenen Stil behandeln
lassen, dann spielen Sie ihm in die Hände, Sheriff.«
Eine dicke Wolke beißenden
blauen Rauchs bildete sich über seinem Kopf, während er widerwillig nachdachte.
»Na gut«, brummte er schließlich. »Aber Sie werden gut daran tun, mit positiven
Resultaten aufzuwarten — und zwar schnell — , sonst ändere ich noch meine Ansicht.«
»Vielen Dank, Sheriff«, sagte
ich erleichtert. »Ich wußte schon immer, daß unter all dem Fett doch ein
menschliches Herz schlägt.«
Er hievte seinen Schmerbauch
hoch und marschierte auf die Tür zu. Mir fiel ein bisher noch unbesprochenes
heikles Thema ein, und ich folgte ihm schnell.
»Dieser Hal«, sagte ich, »ist
ein Killer. Er könnte erneut einen Versuch unternehmen.«
»Na, und?« brummte Lavers.
»Meine Pistole muß zu den
Ballistikern gebracht werden.« Ich spreizte mit einer flehenden Geste die
Hände. »Ich habe nichts dagegen, als lebender Köder für einen bösartigen Killer
zu dienen — aber unbewaffnet?«
Ein widerwärtiges Grinsen
breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Es gibt da ein paar maßgebliche Punkte,
Lieutenant. Erstens habe ich bis jetzt nur Ihr Wort dafür, daß dieser Hal
wirklich existiert und daß er nicht einfach ein in der Not schnell
hervorgezaubertes Phantasiegebilde von Ihnen ist. Zweitens erwarte ich, daß Sie
ihn mir in Bälde — und lebend präsentieren! Ein toter Hal würde Ihnen gar nicht
gut bekommen.« Sein Gesicht strahlte förmlich vor sadistischer Schadenfreude.
»Um Ihretwillen, Wheeler, halte ich es für sehr viel sicherer, wenn Sie im
Augenblick ohne Waffe sind.«
»Wie wäre es, wenn ich Ihnen
meine eigene Leiche präsentierte?« fragte ich niedergeschlagen. »Würde Sie das
befriedigen?«
»Es wäre eine perfekte Lösung
des Problems.«
Er trat in den Korridor hinaus,
und ich hörte ein letztes fettes Gekicher, bevor ich die Tür hinter ihm
zuschlug.
FÜNFTES KAPITEL
P aradise Beach badete sich im
Spätvormittagssonnenlicht, als ich vor dem im Ranchstil erbauten, dem Ozean
zugewandten Haus hielt. Knapp vier Stunden Schlaf hatten mir lediglich trübe
Augen und miserable Laune beschert, und ich freute mich nicht einmal besonders
darüber, noch am Leben zu sein. Nachdem ich zum sechstenmal auf den Klingelknopf gedrückt hatte, öffnete Camel schließlich die Tür. Bei
seinem Anblick fühlte ich mich etwas besser. Seine Eulenaugen öffneten sich gerade
weit genug, um das rotgeäderte Weiße erkennen zu lassen, und seine Haut hatte
das runzelige, wachsartige Aussehen eines verfaulenden Apfels.
Ein Sonnenstrahl umtanzte sein
sich lichtendes Haupt, und er protestierte mit wimmernden Lauten.
»Gehen Sie weg«, krächzte er.
»Lassen Sie mich in Frieden sterben, Al Fortuna.«
» Gestern
abend war es Fortuna, heute ist es Wheeler«, sagte ich energisch.
»Lieutenant Wheeler.« Ich hielt ihm meine Dienstmarke unter die Nase.
»Heute glaube ich alles, aber
lassen Sie uns um Himmels willen aus diesem scheußlichen Sonnenlicht
verschwinden.« Er drehte sich um und stolperte ins Haus zurück. Ich folgte ihm.
Das Wohnzimmer war eine einzige riesige Wüstenei, übersät mit leeren und
zerbrochenen Gläsern, überquellenden Aschenbechern, frischen Alkoholflecken auf
Teppichen und Boden und dazwischen zwei demolierte Stühle. Eine Bronzebüste
Napoleons hatte durch ein über die Schulter gehängtes hellorangefarbenes
Unterhöschen etwas Ausschweifendes bekommen. Camel schlurfte zur Bar, schaffte
sich dort mit einer umfassenden Armbewegung Luft und Platz, worauf ein weiterer
Schub schmutziger Gläser das Zeitliche segnete. Dann suchte er auf dem Regal
unter der Tischplatte und tauchte mit einer Flasche Scotch auf. »Wollen Sie
auch einen, Lieutenant?«
»Nein, danke«, sagte ich.
Er goß sich in großzügiger
Weise ein, wobei er Eis und Wasser als unwesentlich beiseite ließ, und
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