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Al Wheeler und die tote Lady

Al Wheeler und die tote Lady

Titel: Al Wheeler und die tote Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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und
wieder raus, nur um die Spinnweben abzuwaschen.« Ein verlegener Ausdruck trat
auf ihr Gesicht. »Camel, du erinnerst dich wohl nicht, wann ich die Party
verlassen habe?«
    »Ich erinnere mich nur an die
Leute, die heute früh um sechs Uhr noch nicht gehen wollten«, sagte er düster.
»Warum?«
    »Es ist völlig verrückt.« Sie
lachte unsicher. »Aber ich kann einfach die Sachen, die ich gestern
abend getragen haben muß, nicht finden.«
    »Ein stahlgraues Kleid«, sagte
ich, »mit Perlen bestickt und mit einer Schlaufe um den Hals gehalten.«
    »Oh, sind Sie ein kluger
Mensch, daß Sie sich erinnern.« Sie strahlte mich huldvoll an.
    »Und darunter«, fuhr ich im Ton
der Unterhaltung fort, »einen trägerlosen schwarzen Büstenhalter und ein dazu
passendes Höschen.«
    Ihr Gesicht erstarrte. »Seien
Sie nicht so geschmacklos.«
    »Ich erinnere mich deutlich«,
sagte ich. »Sie zogen alles auf dem Balkon aus, kurz bevor Sie hinter Pat
Nelson zum Strand hinunterrannten.«
    Sie stand schnell auf und
starrte Camel finster an. »Ich komme später zurück«, sagte sie eisig, »wenn
dein obszöner Freund gegangen ist.« Dann drehte sie mir ostentativ den Rücken
zu und stolzierte aus dem Zimmer.
    »Sam hat ein Problem«,
flüsterte Camel.
    »Ich weiß«, flüsterte ich
zurück. »Betrunken ist sie ein Sexpott, und nüchtern ist sie frigide.«
    »Noch schlimmer«, vertraute er
mir an. »Nüchtern erinnert sie sich nicht im mindesten mehr daran, was
geschehen ist, als sie beschickert war. Es ist, als ob sie einen eingebauten
Zensor in sich hätte, der alle Erinnerungen an ihre alkoholbedingten Erlebnisse
aus ihrem Gedächtnis streicht, bis sie wieder einiges intus hat.«
    »Sie meinen«, sagte ich trübe,
»daß sie sich an nichts erinnert, was auf einer Party geschehen ist, bis zum
nächsten Mal, wenn sie wieder betrunken ist?«
    »Genau, Lieutenant!« Er nickte
wissend. »So, als ob sie eine völlig gespaltene Persönlichkeit wäre — Miss
Spröde, wenn sie nüchtern ist, und Miss Ausschweifung, wenn sie einen sitzen
hat; und die beiden führen ein völlig voneinander getrenntes Leben.«
    Ein schriller Schrei völliger
Verzweiflung veranlaßte mich, auf den Balkon hinauszurennen. Das dunkelhaarige
Mädchen stand wie angewurzelt da, einen Ausdruck nackten Entsetzens auf dem
Gesicht, während das stahlgraue Kleid von der einen und Büstenhalter und
Höschen von der anderen Hand herabbaumelten.
    »Ich glaube es nicht«, stöhnte
sie. »Es ist unmöglich...! Ich kann doch nicht...! Nie würde ich...!« Der
plötzliche Schreck eines Wiedererkennens blitzte in ihren Augen auf, als sie
mich ansah, dann drehte sie sich um und floh die Holztreppe hinunter, die zum
Strand führte.
    »Trauma«, sagte Camel
selbstzufrieden hinter mir. »Miss Spröde wurde mit Miss Ausschweifung
konfrontiert.«
    Ich blickte ihn erwartungsvoll
an. »Und wodurch kann das Trauma geheilt werden?«
    »Durch Alkohol.«
    »Wo wohnt sie?«
    »Gleich nebenan.« Er wies mit
dem Daumen über die Schulter. »In der weißen Villa in spanischem Stil.«
    »Bleiben Sie hier«, sagte ich.
»Ich komme gleich zurück.«
    »Klauen Sie ein bißchen was zu
trinken, wenn Sie dort sind«, sagte er ängstlich. »Ich weiß nicht,
wie lange der Scotch vorhalten wird.«
    Ich ging die Holztreppe hinab
und den Strand entlang, bis zum Haus nebenan, wo ich ein paar Steinstufen zu
einem Patio hinaufstieg. Die offene Glastür stellte eine stumme Aufforderung
dar, und so trat ich in einen Raum, der von einer massiven, halbrunden Bar am
anderen Ende beherrscht wurde. Dahinter war das dunkelhaarige Mädchen damit
beschäftigt, letzte Hand an etwas zu legen, das wie ein Dutzend Martinis in
einem einzigen Glas aussah. Sie leerte den gesamten Inhalt in drei
verzweifelten Schlucken, während ich sie fasziniert beobachtete, und machte
sich dann erneut an die Arbeit des Mixens. Nachdem sie den zweiten Drink
hinuntergekippt hatte, seufzte sie befriedigt und ein Ausdruck der Heiterkeit
breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Ich räusperte mich dezent, während ich auf
die Bar zutrat.
    »Hallo!« Ihre Augen waren ein
paar Sekunden lang verblüfft, dann lächelte sie voller Wärme. »Das ist doch Al
Fortuna, oder nicht?«
    »Ganz recht«, pflichtete ich
bei.
    »Ich erinnere mich von Camels Party gestern abend an
Sie. Wie wär’s mit was zu trinken, Al! Ich mache mir gerade selbst was
zurecht.«
    »Ausgezeichnet!« Ich setzte
mich auf einen hohen Hocker und sah sie über die Bar hinweg an.

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