Al Wheeler und die tote Lady
in die Stadt zurück,
aß im Drugstore ein Sandwich zu Mittag und ging dann in die Bank, um einen
Scheck über zweihundert Dollar einzuwechseln. Damit verblieben noch ungefähr
fünfundachtzig Dollar auf meinem Konto, und ich drückte mir selber den Daumen,
daß der Zeitpunkt kommen würde, an dem Lavers einsah, daß die Kosten der Fahrt
nach Las Vegas dienstlich vertretbar gewesen waren. Von der Bank aus fuhr ich
in meine Wohnung und packte schnell einen Koffer. Die leere Gürtelhalfter
baumelte nach wie vor über der Rücklehne eines Sessels, und allein ihr Anblick
verursachte mir ein Gefühl leichter Übelkeit. Ich hätte mir ohne weiteres
selber eine neue Pistole kaufen können, aber ich hatte Lavers’ Warnungen
hinsichtlich seiner Reaktion im Gedächtnis, für den Fall, daß ich mit einem
toten Hal aufkreuzte. Ein toter Wheeler war seiner Ansicht nach das weit
kleinere Übel.
Es war mitten am Nachmittag,
als ich an dem Haus in Grenville Heights eintraf. Die luxuriöse Umgebung wirkte
so verschlafen wie immer; und selbst die einsame Biene, die in den
Hibiskussträuchern herumirrte, schien nur gedämpft zu summen. Tracy Tenison
öffnete die Haustür. Sie trug ein frappierendes, ärmelloses schwarzes Kleid mit
großen weißen Phantasieblumen.
Ihre grünen Augen betrachteten
mich düster. »Sie schon wieder?«
»Dienstlich«, sagte ich. »Die
nie endende Wachsamkeit des Gesetzeshüters, die schlaflosen Nächte und...«
»Ach, halten Sie den Mund!«
Sie drehte sich um und kehrte
ins Haus zurück, wobei sie die Tür als eine Art halbherzige Aufforderung
offenließ. Ich holte die rothaarige Frau im Wohnzimmer ein, wo sie in der Mitte
stehenblieb, die Hände vor sich verschränkt und offensichtlich entschlossen,
das Interview so kurz wie möglich zu gestalten.
»Ist Ihr Mann jetzt zu Hause,
Mrs. Tenison?« fragte ich.
»Nein.« Sie lachte kurz.
»Typisch Dane! Ich bekam heute früh ein Telegramm, in dem er mir mitteilte, er
habe eine Glückssträhne — und käme erst in ein paar Tagen nach Hause.«
»Woher wurde das Telegramm
geschickt?«
»Aus Las Vegas. Und das
bedeutet mit Sicherheit, daß er dort jedenfalls nicht ist! Wann immer Dane mir
ein solches Telegramm schickt, verwischt er damit seine Spuren, damit ich mich
nicht mit ihm in Verbindung setzen und ihn zwingen kann, früher heimzukommen.«
»Besitzen Sie ein Motorboot,
Mrs. Tenison?«
»Eine kleine Motorjacht. Ich
habe sie zu Danes Vergnügen gekauft, aber er benutzt sie kaum. — Warum?«
»Jemand hat sie gestern früh
vor dem Paradise Beach auf dem Meer draußen gesehen«, sagte ich, bewußt
übertreibend. »Nur ein paar Stunden, bevor die Leiche Ihrer Schwester gefunden
wurde.«
»Das ist möglich«, gab sie zu.
»Dane geht immer sehr großzügig mit meinem Eigentum um. Ich weiß, daß er seinen
Freunden grundsätzlich erlaubt hat, das Boot zu benutzen, sooft sie wollen.«
»Gibt es eine Möglichkeit für
mich, der Sache auf den Grund zu gehen?«
»Das Boot liegt in einem
kleinen Hafen ungefähr fünf Kilometer südlich von Paradise Beach. Ich kann dort
anrufen, wenn Sie wollen.«
»Sehr gut«, sagte ich. »Darf
ich an einem Nebenapparat mithören?«
»In der Diele draußen.« Ihre
Lippen verzogen sich zu einem verkrampften Lächeln. »Der vertrauensvolle
Lieutenant. Ihnen entgeht auch gar nichts. Oder?«
Ich hörte zu, während sie mit
einem Burschen namens Barney im Hafen telefonierte. Er sagte ihr, einer von Mr.
Tenisons Freunden habe das Boot am Montagabend gegen sechs Uhr abgeholt und es
gegen Mittag am Dienstag zurückgebracht. Nein, an den Namen des Mannes erinnere
er sich nicht, aber er mußte um Vierzig herum sein, habe gelichtetes Haar und
einen dichten schwarzen Bart auf der Oberlippe. Er sei allein gewesen,
erinnerte sich Barney — sowohl als er hinausfuhr wie auch als er zurückkam.
Tracy Tenison dankte ihm und legte auf.
Als ich ins Wohnzimmer
zurückkehrte, saß sie auf der Couch und rauchte eine Zigarette. Ihr Lächeln war
um mehrere Grade wärmer, als sie mich aufforderte, mich im Sessel ihr gegenüber
niederzulassen.
»Das ist sehr interessant,
Lieutenant. Haben Sie Barneys Beschreibung gehört?«
»Ja«, sagte ich. »Paßt das auf
irgend jemanden, den Sie kennen?«
»Auf Chuck Fenwick. Er ist
einer der Partner meines Mannes im Chrystal
Inn.«
»Was wissen Sie von ihm?«
»Leider nicht sehr viel.« Ihre
rechte Hand glättete, wahrscheinlich gänzlich geistesabwesend, die Vorderseite
ihres Kleides, so daß sich das
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