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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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ausführlicheres Referat vorbereiten – und zwar schriftlich. Der Lehrer für Benimmregeln gab ihr ein weiteres Kapitel aus dem Buch über Etikette zu lesen und ließ sie die ganze Stunde über Verbeugungen üben. Der Nachmittag war katastrophal. Da Alanna so
steif war und ihr alles wehtat, machte sie mehr falsch als am Tag zuvor und handelte sich weitere Extraaufgaben ein.
    »Du musst dich daran gewöhnen, dass du nie alles schaffen wirst«, erklärte ihr Gary freundlich. »Tu, so viel du kannst, und nimm die Strafen auf dich, ohne zu murren. Manchmal frage ich mich, ob es nicht das ist, was sie uns in Wirklichkeit beibringen wollen – alles zu akzeptieren und den Mund zu halten.«
    Alanna war nicht in der Laune, sich gedanklich weiter damit zu befassen. Als sie an diesem Abend in ihr Zimmer zurückkehrte, war sie müde und aufgebracht.
    »Pack deine Sachen«, befahl sie Coram, als sie zur Tür hineinstapfte. »Wir reiten heim.«
    Coram sah sie an. Er saß auf seinem Bett und reinigte sein Schwert. »Wirklich?«
    Alanna lief auf und ab. »Ich schaff das nicht«, erklärte sie dem Diener. »Dieses Tempo bringt mich um. Keiner kann Tag für Tag so leben. Ich werde nicht ...«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass du so leicht aufgibst«, unterbrach Coram sie leise.
    »Ich gebe nicht auf!«, fauchte Alanna. »Ich – ich protestiere! Ich protestiere gegen die ungerechte Behandlung – und  – und dagegen, dass ich schuften muss, bis ich umfalle. Ich will Zeit haben für mich selbst. Ich will jetzt lernen mit einem Schwert zu kämpfen und nicht dann, wenn die es wollen. Ich will ...«
    »Du willst. Du willst. Was du hier lernen sollst, ist was anderes. Disziplin nennt man das. Die Welt läuft nicht immer so, wie du es willst. Du musst lernen, Disziplin zu üben.«
    »Das hat nichts mit Disziplin zu tun! Das ist unmenschlich!
Ich kann so nicht leben und ich werde es auch nicht! Coram, ich habe dir einen Befehl erteilt! Pack deine Sachen!«
    Coram rieb bedächtig einen winzigen Schmutzfleck von seinem funkelnden Schwert. Schließlich legte er es sorgfältig aufs Bett. Stöhnend kniete er sich auf den Boden, griff unters Bett und zerrte seine Tasche hervor. »Wie du meinst«, entgegnete er. »Aber ich hab gedacht, ich hätt dir ’n bisschen mehr Schneid beigebracht. Ich hätt nicht erwartet, dass aus dir so ein wehleidiges Prinzesschen werden würd ...«
    »Ich bin kein wehleidiges Prinzesschen!«, rief Alanna. »Aber ich bin doch nicht verrückt! Ich schufte von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang und noch länger ohne Pause und kein Ende in Sicht. Meine freie Zeit ist ein Witz – sie ist schon vormittags vor meiner dritten Schulstunde auf null zusammengeschrumpft. Und sie erwarten von mir, dass ich alles schaffe, und wenn mir das nicht gelingt, werde ich bestraft. Und ich muss lernen, wie man hinfällt; ich lerne noch mal ganz von Anfang an die Haltung, die man beim Bogenschießen einnehmen muss, dabei war ich die beste Jägerin von Trebond. Und wenn ich etwas sage, dann geben sie mir noch mehr zu tun!«
    Coram kniete auf dem Boden und sah sie an. »Du wusstest doch, dass es schwer sein würde, als du den Entschluss gefasst hast hierherzukommen«, erinnerte er sie. »Keiner hat je behauptet, es sei einfach, Ritter zu werden. Also ich jedenfalls nicht. Ich hab dir gesagt, es sei nichts als harte Arbeit den ganzen Tag lang und nicht nur den ganzen Tag lang, sondern noch bis weit in die Nacht hinein. Und jetzt rennst du schon nach zwei Tagen davon.«
    »Ich renne nicht davon!«
    »Wie du meinst, Prinzesschen.« Coram ließ sich stöhnend
auf sein Bett nieder und griff nach seinen Stiefeln. »Ich hab in einer Minute gepackt.«
    Alanna ging in ihr Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu. Sie zerrte eine ihrer Taschen hervor und starrte sie an. Seufzend setzte sie sich und rieb sich entnervt den Kopf. In Trebond konnte sie kommen und gehen, wie es ihr beliebte. Hier war das Leben völlig anders. Aber war es deshalb schlechter?
    Sie war sich nicht mehr sicher. Corams Worte »aufgeben« und »davonrennen« steckten wie Stacheln unter ihrer Haut. Sie versuchte sich einzureden, sie renne ja in Wirklichkeit gar nicht davon, doch sie hatte nicht viel Erfolg.
    Schließlich öffnete sie ihre Tür und sah zu Coram hinaus.
    »Na gut«, knurrte sie. »Ich werd es noch eine Woche probieren. Nicht mehr und nicht weniger. Und ich hoffe bei den Göttern, dass es in der Zeit einfacher wird.«
    »Du bist die Herrin – oder der

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