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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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Gelder, die ihr Sir Myles zu ihrem Unterhalt schickte, zwei Kleider, Damenunterwäsche, Schuhe und einen schönen Schal kaufte. Jonathans höhnische Bemerkung, sie wäre nicht besonders weiblich, war ein Stachel, der tief in ihr saß. Georgs Blick, als sie in einem weichen, violettfarbenen Wollkleid erschien, trug viel dazu bei, diese Wunde zu heilen.
    Allen voran versuchte Georg, ihr jeden Wunsch und jede Laune von den Augen abzulesen. Er nahm sich die Zeit, mit ihr am Strand spazieren zu gehen, lange Abende mit ihr am Schachbrett zu verbringen oder einfach nur zu reden. Zuvor, in Corus, hatten sie alle beide unter den prüfenden Blicken der Palast- und Stadtbewohner gelebt. Es war eigenartig, jetzt, da nur die anderen Hausbewohner wussten, dass sie sich in Caynnhafen aufhielten, plötzlich wieder gemeinsam Zeit zu verbringen. Falls Georg sich, wie schon zuvor, wieder um sie bemühte, so ging er sehr behutsam dabei vor.
    »Ich wollte, er zeigte nicht ganz so viel Zartgefühl, falls er tatsächlich noch ein Auge auf mich geworfen hat«, vertraute
sie eines Abends Trusty an, nachdem Georg sie in ihr Schlafzimmer gebracht hatte. »Aber vielleicht hat er auch gar kein Auge mehr auf mich geworfen. Vielleicht ist er ja auch der Meinung, ich sei nicht weiblich genug.« Ohne Vorwarnung kullerte ihr eine Träne über die Wange. Sie zog die Nase hoch.
    Du bemitleidest dich, entgegnete Trusty ohne jegliches Mitgefühl. Du hast Jonathan dazu herausgefordert, dass er diese Dinge sagte. Du weißt doch, wie stolz er ist. Hättest du ihn nicht dazu gebracht, wäre er vermutlich nie auf den Gedanken gekommen, du seiest nicht weiblich genug.
    Alanna wurde knallrot vor Wut. Sie warf ihrem Kater ein Kissen nach, doch traf sie weit daneben. »Du bist genauso gemein wie Coram!«, brüllte sie. Wo sie war, hatte sie komplett vergessen. »Wenn ich an allem schuld bin, wieso macht ihr euch dann die Mühe, bei mir zu bleiben? Wieso verschwindet ihr nicht und nervt Jonathan mit euren Ratschlägen? Ich bin sicher, er wüsste sie viel mehr zu schätzen als ich!« Sie griff nach der Türklinke, um hinauszustürmen und die Tür hinter sich zuzuknallen, doch dann blieb sie abrupt stehen. Die Tür war offen, im Türrahmen lehnte Georg. Die muskulösen Arme hatte er vor der breiten Brust übereinandergeschlagen.
    »Es gehört sich nicht zu lauschen!«, fuhr sie ihn an.
    »Da hast du völlig recht«, stimmte er mit sanfter Stimme zu. »Andererseits – wenn du nur ein kleines bisschen lauter gebrüllt hättest, würde Jonathan mit eigenen Ohren gehört haben, dass er hier in Caynnhafen zwei unerwartete Verbündete hat.« Er streckte die Hand aus und berührte sie sacht an der Wange. »Kleine – willst du mir nicht sagen, was in der Wüste passiert ist?«
    Alanna wich vor seiner Berührung zurück. Ungewollt
liefen ihr Tränen übers Gesicht. »Ich kann nicht, Georg«, wisperte sie. »Verlang es nicht von mir – bitte!«
    Er seufzte. »Na gut.« Er drehte sich um und ging davon, wobei seine Füße auf dem steinernen Boden keinerlei Geräusche machten. Alanna schloss die Tür und weinte sich in den Schlaf.
    Am nächsten Morgen brach sie mit der Gewohnheit, die sie als Page angenommen hatte, schlief lange und erwachte erst kurz vor Mittag. Immer noch müde und mit verschlafenem Blick tapste sie nach unten. Als sie Georgs Stimme aus seinem Arbeitszimmer hörte, drehte sie der Küche den Rücken zu. Sie wollte ihm heimzahlen, dass er sie gestern belauscht hatte. Also schlich sie zu einer Stelle, wo sie alles mithören konnte.
    »Bildschön ist sie also«, bemerkte Georg gerade nachdenklich.
    »Eine von diesen großen, kurvigen Blondinen«, erwiderte Marek begeistert. »Königlich. Mit Lippen, die der Göttin selbst gehören könnten.«
    »Weißt du sicher, dass der Prinz sie ebenso mag wie sie ihn?« Das tiefe Knurren kam von Coram. Alanna fuhr überrascht zusammen. Wieso war Coram mit dabei, wenn Georg und Marek eine Besprechung abhielten?
    »Ja doch, er verbringt den lieben langen Tag mit ihr und geht mit ihr um, als wär sie seine Verlobte«, war Mareks Antwort. Jetzt begriff Alanna, von wem die Rede sein musste. Sie legte die Hand an ihre plötzlich schmerzende Kehle. »Der König und die Königin scheinen einverstanden zu sein. Wenn Prinzessin Josiane nicht mit ihm zusammen ist, stecken sie und die Königin die Köpfe zusammen. Zweifellos machen sie Pläne für die Hochzeit.«

    »Aber um ihre Hand hat er noch nicht angehalten«, warf Georg

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