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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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Edelfrauen schenkte. Nun brachte ihr Georg diese Aufmerksamkeit entgegen, gleichzeitig aber behandelte er sie wie einen Kameraden. Die Mischung gefiel ihr.
    Gegen Mittag wurde sie plötzlich zum Umfallen müde. Sie schaffte es gerade noch bis in ihr Bett, bevor sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf versank.
    Als sie erwachte, war es stockfinster, und draußen vor den Fensterläden heulte der Sturm. Sie streckte die Hand aus und befahl den Kerzen im Leuchter neben ihrem Bett sich zu entzünden. Seit sie Schamanin der Bazhir geworden war, tat sie das, ohne darüber nachzudenken. Doch keine der Kerzen entzündete sich. Als sie in sich blickte und nach ihrer Gabe suchte, fand sie nur noch eine winzige Spur von Magie. Erst da entdeckte sie, dass der Glutstein wild flackerte; das Kristallschwert summte in seiner Scheide wie schon seit Wochen nicht mehr.
    Während sie schlief, war etwas gekommen und hatte ihre Gabe fortgenommen.
    Sie entzündete ihre Kerzen mit einem Span aus der unter Asche begrabenen Glut, dann machte sie sich auf den Weg
in die Bibliothek. Sie hatte sich schon lange vorgenommen einen Blick in die dicken Wälzer über Magie zu werfen, die dort standen. Jetzt schien ihr der richtige Augenblick gekommen.
    Trusty war nirgends zu entdecken, als sie durch die stillen Gänge tapste. Marek und die anderen Männer waren mit Georg unterwegs, Rispah und Coram hielten sich vermutlich in Rispahs Räumen auf, Harra, Rispahs Freundin, ging früh zu Bett. Die Mägde und Diener waren für die Nacht nach Hause gegangen. Alanna kam sich einsam und verlassen und von allem abgetrennt vor. Eigentlich hätte sie sich ja aufregen müssen, weil irgendjemand ihre Gabe angezapft hatte, aber das gelang ihr nicht.
    Es war fast Mitternacht, als sie den letzten Band zuklappte und sich müde die Augen rieb. Wie sie vermutet hatte, war ihr Zwillingsbruder der Einzige, der genügend Macht besaß und ihr nahe genug stand – was Voraussetzung war, wenn einer ihre Gabe anzapfen wollte. Eigentlich hätte sie wütend auf ihn sein müssen, aber ihre waren Gefühle wie abgestorben. Außerdem wurde sie schon wieder müde.
    Plötzlich hörte sie – und hörte doch nicht – ein Donnern, ein Krachen, das selbst ihre betäubten Sinne aufschreckte. Das Kristallschwert kreischte auf und verstummte. Irgendwo stieß Trusty einen qualvollen Schrei aus. Sekunden später sprang die Tür auf, der Kater machte einen Satz und landete auf Alannas Brust. Sie beruhigte ihn, streichelte ihm das Fell, hielt seinen zitternden Körper eng an sich gepresst. Es dauerte eine volle Stunde, bis er sich so weit entspannte, dass er ihre Bluse losließ und sich auf ihrem Schoß niederließ.
    Was es auch immer gewesen sein mag, es ist vorbei, miaute er
kläglich und gähnte. Er hat den Zauberspruch gesprochen, für den er diese ganze Macht brauchte.
    Alanna brachte ihn zurück in ihr Schlafzimmer. Sonst rührte sich keiner im Haus, also waren sie und Trusty die Einzigen, die in der Lage waren zu spüren, was da vor sich ging. »Am besten vergessen wir die Sache«, meinte sie zu dem Kater, als sie das Kristallschwert an seinen Haken hängte. »Ich bezweifle, dass uns Thom eine Erklärung geben wird.«
    Aber als Georg am nächsten Tag zurückkam, brachte er zu ihrer Überraschung einen kurzen Brief von dem jungen Zauberer mit. Er schrieb:
     
    Liebste Alanna, vielleicht hätte ich Dir diesen Brief schon früher schreiben sollen, aber erst als Dein Freund Georg eine Erklärung verlangte, wurde mir klar, dass Du von meiner gegenwärtigen Arbeit betroffen sein könntest. Am Fest der Toten will ich einige Experimente machen – alle sehr obskur und esoterisch und ohne irgendeine Bedeutung für jeden, der nicht gerade Zaubermeister ist, das verspreche ich Dir. Diese Arbeit ist äußerst heikel und verlangt eine Menge Macht. Um die zu kriegen, werde ich Dich anzapfen, da du ja nie mehr als einen kleinen Teil Deiner Gabe benutzt. Ich weiß, Du wirst nichts dagegen haben. Bitte verzeih mir, falls ich Dir irgendwelche Unannehmlichkeiten oder Sorgen bereitet habe.
    Dein Dich liebender Bruder
    Thom
     
    »Also ich hab was dagegen!«, schimpfte Georg, als sie ihm davon erzählte. »Ich konnte die Stadt beben fühlen, als er seine tollen ›Experimente‹ machte! Nimmt dein Zwillingsbruder denn keinerlei Rücksicht auf uns normalere Leute?«
    Alanna hatte ihrem Bruder an diesem Morgen einen wutentbrannten
Brief geschrieben, in dem dasselbe stand. Jetzt lächelte sie und

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