Alanna - Das Lied der Loewin
Krallen. »Fühle das Leben in ihnen, Ylira. Es ist wie eine Flamme. Diese beiden werden ausreichend sein für uns alle.«
Alanna schob sich näher an Jonathans Seite. Blitz zitterte in ihrer Hand. »Das war deine Idee«, murmelte sie.
»Wer seid ihr?«, fragte Jonathan die Fremden. Seine Stimme war klar und ruhig, und er zeigte keinerlei Angst.
»Sie sprechen«, höhnte ein großer Mann. »Und seht euch nur den Kleinen an. Er wird mit seinem Schwert nach uns schlagen.«
Die Lebewesen – die Namenlosen – lachten. Alanna zitterte, als sie hörte, wie grausam dieses Lachen klang.
Der größte unter den Männern wedelte achtlos mit der Hand. Er hatte breite Schultern und einen schwarzen Bart und selbst unter diesen Kreaturen war er ein Riese. »Eure Menschenwaffen werden uns nichts tun«, verkündete er mit dröhnender Stimme. »Wir sind die Ysandir. Wir sind unsterblich. Unser Fleisch ist nicht wie das eure.«
»Ihr könnt uns nicht hier zurückhalten«, entgegnete Jonathan mit fester Stimme.
»Wir sind hungrig.« Die Augen der Frau mit den Krallen blitzten. »Nach eurer Zeitrechnung haben wir ein Jahr lang nicht gegessen. Die Ziegenhüter sind zu tüchtig darin, ihre Kinder von uns fernzuhalten.«
Eine Frau, deren Haar weißer war als Schnee, schnurrte: »Er denkt, sein Vater, der König, wird kommen, um nach ihnen zu suchen und uns zu vernichten.«
Sie lachten. Alanna wollte sich die Hände auf die Ohren legen, um diesen grässlichen Klang nicht hören zu müssen. Doch sie zwang sich, ruhig zu bleiben. Sie stellte ihre Füße anders, damit sie einen festen Stand hatte, wenn der Angriff kam.
Der Schwarzhaarige lächelte. »Ich bin Ylon, der Herrscher über die Ysandir. Ich habe mich von Hunderten eurer Sterblichen ernährt. Soll dein Vater seine Heere nur bringen. Wir werden uns an ihren Seelen laben. Das wird uns Kraft geben. Und dann werden wir den Feuerfluch brechen, den die Bazhir über diesen Ort gelegt haben.«
Jonathan atmete tief ein. »Ich brauche die Soldaten meines Vaters nicht. Ich werde von hier verschwinden, und ihr werdet mich nicht daran hindern.«
»Hört euch das kleine Prinzchen an!«, höhnte die rotkrallige Frau. »Wie du brüllst, junger Löwe!«
»Wagt es nicht, so mit ihm zu reden!«, rief Alanna. Mit einer raschen Bewegung zog sie ihr Schwert. Der Kristall am Heft flammte auf und warf ein grelles Licht in die Dunkelheit, die sie umgab. Die Ysandir wichen zum Altar zurück und bemühten sich, ihre Augen vor dem Licht zu schützen.
»So? Du kommst also mit ihren Waffen ausgerüstet?«, sagte Ylon. »Aber kannst du auch mit ihnen umgehen?«
»Ylanda«, sagte Ylira, die Frau in Rot. »Ich kann nicht in den Kopf dieses Jungen sehen. Er verbirgt etwas. Wo hast du dieses Schwert her?«, fuhr sie Alanna an.
»Das geht dich nichts an«, entgegnete Alanna und konzentrierte sich auf das rot gekleidete Wesen. Eine Sekunde lang spürte sie, wie etwas in ihr Bewusstsein griff, als scharrten Klauen durch ihren Kopf. Sie schrie auf. Blitz flammte auf, und die Frau mit den Klauen – Ylanda – fiel, nach Luft schnappend, gegen den Altar.
»Gib ihnen nicht noch mal so eine Gelegenheit«, warnte sie Jonathan. Schon jetzt war er von einem blau schimmernden Licht umgeben. Alanna baute ihren eigenen violettfarbenen Zauberschild auf und behielt ihr Schwert in der Hand – für alle Fälle.
»Ich hatte nicht vor, ihnen so eine Gelegenheit zu geben«, murmelte sie.
Ylanda atmete wieder ruhiger. Plötzlich lachte sie. Die anderen beobachteten sie. »In all den Jahrhunderten, die ich schon existiere«, keuchte sie schließlich, »habe ich so etwas Lächerliches noch nie erlebt. Junger Löwe – sieh deinen Begleiter als das, was sie in Wirklichkeit ist!«
»Sie?«, flüsterte Jonathan.
Bevor Alanna den Kristall ihres Schwertes hochreißen konnte, brach ihre Abwehr unter dem Ansturm von Ylandas und Ylons Kraft zusammen. Sie krümmte sich vor Schmerzen vornüber. So schnell, wie es begonnen hatte, war es wieder vorbei. Nur etwas hatte sich verändert. Ihre Kleidung war verschwunden. Sie trug lediglich noch ihren Gürtel und die Scheide ihres Schwertes.
Die Ysandir lachten mit Ylanda. »Ein Mädchen! Sein Begleiter ist ein Mädchen!«
Diejenige, die Ylira genannt wurde, lachte zornig, als Alanna versuchte, sich mit den Händen zu bedecken. »Ein Mädchen, das ihren Prinzen verteidigen will? Wirklich lächerlich!«
Alanna hob den Kristall ihres Schwertes hoch, damit ihnen das Licht in
Weitere Kostenlose Bücher