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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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freue mich darauf, sie zu lesen«, entgegnete der Prinz und folgte seinen Freunden hinaus in die Halle.

    »Was für eine Geschichte!« Raoul grinste. »Dämonen und Geister – ich frage mich, was in Wirklichkeit vorgefallen ist.«
    »Aus den Mosaikbildern an den Wänden geht hervor, dass die Wirklichkeit ziemlich beängstigend war«, erklärte ihm Alex.
    »Die Mosaiken wurden von den Bazhir gemacht«, meinte Gary. »Kommt – Schlafenszeit. Schon längst.« Sie machten sich auf den Weg zu ihren Zimmern und bemerkten nicht, dass Alan und Jon zurückblieben.
    »Ich frage mich, wer sie wirklich waren«, sinnierte Alanna. »Die Namenlosen.«
    Jons Stimme klang unbeteiligt. »Vermutlich ein alter Feind, den man aufgebauscht hat, um den Kindern Angst einzujagen. Das scheint mir eine plausible Erklärung. Vermutlich gibt es viele Stellen in diesen alten Ruinen, wo sich ein Kind verirren kann. Gute Nacht, Alan.«
    Sie schaute ihn scharf an. Zuerst war er so interessiert an den Bazhir und nun sagte er, ihre Legenden seien bloß Geschichten, um die Kinder zu erschrecken. Das sah Jonathan nicht ähnlich. Und auch der bemüht unschuldige Blick nicht.
    »Gute Nacht«, murmelte sie und ging in ihr Zimmer. Keiner war aufgeblieben, um auf sie zu warten, denn Coram hatte sie ja im Palast zurückgelassen. Sofern irgendeiner annahm, Alan könne sich mehr Probleme einhandeln als gewöhnlich, da ja sein adleräugiger Diener nicht dabei war und auf ihn aufpasste, so hatte keiner etwas davon erwähnt.
    Alanna blies die Lampe aus und zog sich im Dunkeln aus. Sie grübelte noch immer über Jonathans wechselhaftes Verhalten nach.
    Sie erwachte ganz plötzlich, noch vor Morgengrauen. Jeder Nerv ihres Körpers vibrierte, als stünde ihr gleich eine
Prüfung auf den Übungshöfen bevor. Schnell zog sie sich an, bandagierte ihre Brüste und streifte ein locker herabhängendes blaues Hemd über den Kopf. Sie stopfte es in ihre Reithosen und quälte sich, die Reitstiefel über ihre Füße mit den Strümpfen zu ziehen. Mit zitternden Händen befestigte sie ihr Schwert Blitz und den Dolch an ihrer Seite. Sie wusste nicht, warum sie derart in Eile war, und sie nahm sich auch nicht die Zeit darüber nachzudenken. Endlich war sie fertig und schlich in den Flur hinaus.
    In Jonathans Zimmer brannte Licht, doch plötzlich erlosch es, und seine Tür ging auf. Alanna stand in einer dunklen Nische versteckt und sah zu, wie der Prinz vollständig bekleidet vorsichtig auf den Flur trat.
    »Du musst verrückt sein«, zischte sie, als er seine Tür schloss.
    Seine Augen suchten den Flur ab, bis er sie in der dunklen Ecke entdeckte. Seine Zähne blitzten, als er grinste. »Kommst du mit? Ich jedenfalls gehe, mit dir oder ohne dich.«
    Sie folgte. Sie tappte in ihren weich getragenen Stiefeln so leise über den Boden wie auf Katzenpfoten. Unten in den Ställen war noch keiner wach. Rasch sattelten sie ihre Pferde. Eine Goldmünze sorgte für die Verschwiegenheit des riesigen Bazhir, der am Stadttor postiert war. Und dann ritten sie zusammen in Richtung Westen.
    Es gab keinen Sand in der Schwarzen Stadt, keinen Staub – nichts, woran man hätte ablesen können, dass Jahrhunderte vergangen waren, seit hier Menschen gelebt hatten. Die Straßen waren hart, schwarz und öde und sie schimmerten in der Sonne. Die fremdartigen Gebäude, die wunderschön und sorgsam behauen waren, erhoben sich ohne Übergang aus dem Stein der Straßen. Sofern es einen Turm gab, der
nicht unmittelbar aus dem Felsen herauswuchs, aus dem die Straße bestand, so fanden sie ihn jedenfalls nicht. Die Stadt erhob sich wie eine Gruppe von Nadeln, die sich in den Himmel bohrten.
    »Sehr schön hier«, meinte Alanna anerkennend, nachdem sie das Stadttor passiert hatten. »Und jetzt reiten wir wieder zurück.«
    Ganz plötzlich fiel ihr ihre Vision ein, die sie von einer schwarzen Stadt gehabt hatte; nicht nur einmal, sondern zweimal. War es diese Stadt gewesen? Nun – wenn dem so war, dann hatte sie jetzt echt Angst.
    »Geh du nur zurück«, erwiderte ihr Freund und fuhr mit der Hand über einen behauenen Stein. »Ich schaue mich noch ein wenig um.«
    Alanna zuckte die Achseln und folgte ihm. Ihre Hand lag auf dem Heft ihres Schwertes. Vielleicht war es ja vorausbestimmt, dass sie das tun musste. Schweigend sahen sie sich um und lugten in widerhallende Gebäude, während ihnen die Mittagssonne auf die Köpfe brannte. Die mächtigen Türme waren vollkommen leer. Da gab es weder Möbel noch

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