Alantua
Novize der Finsternis weiterhelfen?
„Was
is? Holste mich jetz hier raus?“
„Einen
Moment noch... wir können hier nicht einfach herausspazieren.“
Ich
Nachbar fluchte unflätig.
„Ich
will auch hier raus“, war plötzlich ein dünnes
Stimmchen in der Nähe zu hören.
„Ja,
ich auch!“ brummte eine andere.
Weitere
Gefangene hatten die Unterhaltung mitbekommen. Natürlich wollten
sie alle hier heraus.
„Wir
müssen warten“, seufzte Anyún.
Und
sie warteten. Lange. Bald hörte sie ein tiefes Schnarchen aus
der Nachbarzelle. Die Fackel im Gang spendete kaum noch Licht.
„
Promaja“,
flüsterte
Anyún und pustete über ihre Hand gen Fackel. Die Flamme
flackerte auf, bevor sie ganz erlosch. Sie wartete, niemand regte
sich über das fehlende Licht auf. Sie schliefen. So konnte sie
auch einen Schritt weiter gehen. Es war so einfach, dass sie selbst
fast nicht daran gedacht hatte. Die Gitterstäbe waren aus Metall
... nicht so die Wände, an denen sie befestigt waren. Sie legte
ihre Hand neben eines der Scharniere auf den Stein.
„
Kettetor.“
Ein
Knacken und Anyún spürte den Riss in der Wand. Sie
rüttelte ein wenig an dem Gitter und es ließ sich ein
Stück weit nach innen ziehen. Anyún zögerte, in die
Dunkelheit lauschend. Sie hätte einen kleinen Lichtball erzeugen
können, der sie aber für jeden sichtbar gemacht hätte.
‚Es ist nur ein wenig dunkel’, beruhigte sie sich. ‚Die
Dunkelheit ist heute Nacht meine Freundin.’ Vorsichtig
quetschte sie sich durch den schmalen Spalt zwischen Gitter und Wand.
Sie blieb mit dem Saum ihres Kleides hängen. Als sie sich von
der abstehenden Gitterstange befreite, riss der Stoff. Um nicht zu
stolpern, trennte sie den kompletten Saum ab.
„Hallo?
Ist da jemand?“ hörte sie das dünne Stimmchen.
Anyún
hielt die Luft an und bewegte sich nicht. Erst als sie glaubte, aus
jener Richtung nichts mehr zu hören, ging sie vorsichtig zur
Wand des Gangs. Mit beiden Händen stützte sie sich auf dem
rauen Gestein ab. Der Stein war warm. Schritt für Schritt ging
sie den Gang entlang, vorbei an weiteren Zellen, in denen Gefangene
schnarchten. Manchmal hörte sie das Rascheln von Heu oder ein
leises Jammern, Schluchzen und Stöhnen. Die Menschen taten ihr
leid, egal warum sie hier unten saßen, Dunkelheit und Moder
waren für keinen Menschen akzeptabel, auch wenn sie ihre Strafe
verdient hatten.
Sie
konzentrierte sich auf den Weg und tastete sich weiter voran.
Manchmal berührten Anyúns Finger kalte glitschige
Lebewesen, die sofort wegkrabbelten. Sie war froh, dass sie nicht
sehen konnte, was genau sie da anfasste. Dann streichelten feine
Fäden ihre Wange. Rasch wischte sie die Spinnweben fort. Kam
Anyún in die Nähe einer weiteren Fackel, so löschte
sie diese mit Magie, bevor sie deren Schein erreichte. Anyún
wusste nicht, wie weit sie bereits in das Labyrinth vorgedrungen war.
Wann immer sie an eine Kreuzung der Gänge kam, ging sie
geradeaus und bog nicht ab. Zumindest hoffte sie das. Diese
verschlungenen Gänge boten einen eindeutigen Vorteil für
den Inhaber des Verlieses. Selbst wenn ein Gefangener aus seiner
Zelle entkam, würde er sich vermutlich verirren und irgendwann
von den Wächtern aufgefunden werden, mit viel Glück, bevor
er verdurstete.
Als
sie die sechste Fackel gelöscht hatte, vernahm sie ein besonders
lautes Stöhnen und verharrte. Vorsichtig tastete sie mit dem Fuß
in diese Richtung. Sie stieß an das Gitter einer Zelle. Mit
beiden Händen hielt sie sich an den Stäben fest.
„Hallo?“
sagte sie leise.
„Wer
ist da?“ krächzte jemand schwach.
„Seid
Ihr der Novize aus Zaroms Tempel?“
„Geh
weg. Du bist nur ein Traum.“
„Nein,
ich bin wirklich hier.“
„Dann
bist du ein weiterer Trick der Feuerpriester, um mich zum Reden zu
bringen. Ich hab ihnen doch schon alles gesagt!“ Er stöhnte.
„Ihr
habt Schmerzen.“
„Natürlich!
Deine Priester waren nicht sehr sanft zu mir!“
„Sie
sind nicht meine Priester...“ Anyún tastete nach der
Steinwand, an der das Stahlgitter befestigt war. Sie löste den
Stein mit Magie, wie sie es in ihrer Zelle getan hatte und drängte
sich durch den Spalt. Drinnen erlaubte sie sich einen kleinen Funken
des Lichts auf ihrer Handfläche entstehen zu lassen.
In
einer Ecke zusammen gekrümmt lag eine magere Gestalt, gehüllt
in dunkle Fetzen. Dunkle Augen mit glasigem Glanz begegneten ihr, die
Lippen waren blass und ausgetrocknet. An der Schläfe prangte die
dunkle Kruste
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