Alarm! Das Weiberschiff
eigentlich noch möglich, die Station VENUS XI anzupeilen?«
Und Nicholson antwortete ganz nüchtern: »Nein.«
Porter atmete auf. Sein breiter Brustkasten wölbte sich ungeheuerlich. »Dann … dann weiß niemand, daß sie an Land sind?«
»Niemand, Jimmy.«
»Aber die drüben an Land glauben, daß sie abgeholt werden?«
»So ist es.«
»Sie werden also verrecken?«
»Das hoffe ich nicht. Sie müssen sich nur etwas einfallen lassen, wenn sie merken, wie die Lage wirklich ist. Wir können ihnen nicht mehr helfen.«
»Und warum nicht, Sir?«
»Jimmy, frag nicht so dämlich.« Nicholson musterte Porter kritisch. Das bullige Gesicht des Obermaats färbte sich rot. Vom Hals herauf kroch das Blut, die Schläfenadern wurden zu dicken bläulichen Strängen. »Über uns liegt ein Russe, hinter uns lauern zwei andere Russen. Es kann sein, daß wir ein oder zwei Wochen auf Grund liegenbleiben müssen, bis die Luft oben nicht mehr rot ist. Wir dürfen uns nicht rühren.«
»Und die Mädchen krepieren«, sagte Porter empört. »Das lasse ich nicht zu, Sir.«
»Man wird dich nicht danach fragen!«
Porters Gesicht war jetzt feuerrot. Seine dicken Lippen zuckten. Wenn er jetzt platzt, soll er bloß keinen Krach machen, dachte Nicholson besorgt. Aber soviel man weiß, sind Gehirnschläge lautlos. Das beruhigt. Ich muß ihn nur rechtzeitig auffangen, damit er nicht zu Boden poltert. Das würden die Russen sofort in ihrem Sonar haben.
»Ich verlange«, sagte Porter mühsam, »daß Sie sofort, wenn der Russe über uns weg ist, auftauchen, die Kameraden und die Mädchen wieder an Bord nehmen – für VENUS XI ist es sowieso zu spät.«
»Verlangen!« Nicholsons Stimme war voll Bitterkeit. »Du kannst eher verlangen, daß der Papst sich einen Harem zulegt.«
»Wir reden weiter, Sir, wenn der Russe weg ist.« Porter stand wieder auf seinen Strümpfen stramm und grüßte. »Die Mädchen kommen an Bord zurück, sonst ist die Hölle eine Grillparty gegen das, was ich hier machen werde!«
Er verließ den Kommandantenraum und zog ganz leise die Tür hinter sich zu. Nicholson blieb sitzen und legte einen Augenblick die Hände gegeneinander, als wolle er beten. Dann griff er zum Mikrophon der Rundsprechanlage. Um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen, hustetet er leise hinein.
»An alle«, sagte er dann flüsternd. »Hier spricht der Kommandant. Kraft meiner Befugnisse für Ausnahmesituationen und damit im Namen der US-Navy degradiere ich wegen Aufsässigkeit den Obermaat Jim Porter zum Gefreiten. Leutnant Prescott, schneiden Sie Porter die Litzen ab. Ende.«
Er schaltete ab. Es geht wirklich zu Ende mit uns, sagte er zu sich.
Einen Weltuntergang kann man sich in den verschiedensten Variationen vorstellen: als riesige Feuersäule zerplatzender Atome, als explodierender Zusammenprall mit einem Kometen, als einen von einer erloschenen Sonne in die Ewigkeit freigegebenen, vereisenden und lichtlosen Erdklumpen.
Es gab noch eine andere Möglichkeit, und an die begannen die Menschen in den drei gepolsterten Zelten auf dem Landplateau von Grönland zu glauben: Der Untergang in einem alles vernichtenden, infernalischen Sturm.
Es gab keine Atempause. Vier Tage und vier Nächte hieb der Wind auf das Land, riß an den Verspannungen der Zelte, schleuderte Berge von Treibschnee über die Kisten und baute über die gepolsterte Leinwand eine zweite Haut aus Eis.
Völlig unmöglich war es, einen Blick nach draußen zu werfen. Oberleutnant Bernie Cornell, von Angst getrieben, wollte nachsehen, ob das kleine Zelt der Mädchen noch stand. Als er den Reißverschluß des Eingangs endlich etwas geöffnet hatte und den Kopf hinausstreckte, traf ihn der Sturm mit einem solchen Hieb, daß er zurücktaumelte und sich an Dr. Blandy festhalten mußte.
»Ich habe das Gefühl, mir ist der Kopf abgerissen!« stammelte er. »Doc, das ist kein Sturm mehr, das ist die Hölle.«
»Noch formulieren Sie einen vollständigen Satz, Bernie, also ist's nicht so schlimm.« Blandy trat an den kleinen Schlitz des Eingangs, durch den jetzt, wie durch eine Düse, der Schnee trieb. Die Zeltleinwand blähte sich. Er riß den Reißverschluß wieder zu und pustete sofort in die Hände. Die wenigen Sekunden hatten genügt, sie fast erstarren zu lassen. Dr. Blandy sah nachdenklich auf den Propangasofen. Er war ihr einziger Lebensretter.
»Wo liegen die Ersatzflaschen?«
»Draußen im Magazin.«
»Sehr klug! Ich gebe dem Ofen noch ein paar Stunden, dann ist die Gasflasche
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