Alarm! Das Weiberschiff
leer! Es müssen also Leute raus und neue Flaschen holen!« Er sah sich im Kreise um. Bill Slingman grinste breit. Die anderen lagen auf ihren Luftmatratzen, in Decken gewickelt, und kauten die zur amerikanischen Marschverpflegung obligatorisch gehörenden Fruchtstangen. »Wer umsonst fliegen lernen will, soll sich melden! Da draußen bleibt keiner stehen.«
»Die Mädchen sind allein«, sagte Cornell unsicher. »Wenn bei ihnen das Gas ausgeht … Einer muß raus und nach ihnen sehen. Sie müssen ja vor Angst umkommen!«
»Ich werde gehen!« sagte Bill Slingman und stand von seiner Luftmatratze auf. Er reckte sich, dieser wie aus schwarzem Granit gehauene Klotz. »Einen solchen Wind gibt es gar nicht, der mich umhaut!«
»Und wenn du im Zelt bei den Weibern gelandet bist, mußt du dich aufwärmen. Und wie du dir das denkst, ist mir klar! Nichts gibt's, Blackboy!«
»Doc!« Slingman grinste verlegen. »Es geht wirklich nur um die Sicherheit der Girls.«
»Das ist in erster Linie die Aufgabe eines Arztes!« Dr. Blandy musterte den schwarzen Riesen, als wäre er ein Roß, das zum Verkauf steht. »Ich glaube, wir haben das gleiche Gewicht. Mich bläst auch kein Wind um.«
Er zog seinen dicken Pelz an, stülpte die Pelzkappe bis weit über die Ohren auf seinen dicken Schädel, band sich einen Wollschal um den Mund, daß nur die Augen freiblieben, setzte eine Schneebrille auf und ließ sich die Fellhandschuhe um die Handgelenke binden. Leutnant Hendricks, der das tat, benutzte dazu eine Nylonschnur.
»Viel Glück, Doc«, sagte er dabei. »Ich würde kriechen. Das gibt die geringste Angriffsfläche.«
»Genau das habe ich auch vorgehabt!« Blandy trat an den Eingang. »Verdrückt euch, Jungs«, sagte er laut. »Für ein paar Augenblicke wird der Sturm hineinblasen. Bernie, reißen Sie sofort hinter mir den Verschluß wieder zu! Kümmern Sie sich bloß nicht darum, was mit mir passiert!«
Er öffnete den Reißverschluß, der Sturm heulte sofort ins Zelt und warf Schneestaub hinein. Mit einem Hechtsprung fast stürzte Dr. Blandy ins Freie und ließ sich dort sofort aufs Eis fallen. Der Sturm erfaßte ihn und riß ihn herum. Das ist doch nicht möglich, dachte er erschrocken. Ich wiege über zwei Zentner. Es ist, als wäre ich gegen eine Mauer gesprungen.
Er kroch auf allen vieren weiter. Der Sturm hämmerte auf ihn herunter wie mit Riesenfäusten, aber er kam vorwärts, auch wenn er sofort mit einer zähen Schnee- und Eisschicht bedeckt war.
Mit großer Erleichterung stellte er fest, daß das Mannschaftszelt noch stand und daneben, ebenfalls durch eine Eismauer geschützt, das kleinere Zelt der Mädchen. Es sah nicht mehr wie ein Zelt aus. Es glich eher einem Eskimo-Iglu, denn es war völlig zugeweht.
Dr. Blandy kroch weiter. Der Sturm packte ihn, als er zwischen den beiden schützenden Eismauern ein Stück freies Land überwinden mußte, mit einer solchen Wucht, daß er sich flach hinlegen mußte, um nicht weggerollt zu werden. Und wieder dachte er: So etwas von Wind gibt es gar nicht. Ich habe in der Südsee einen Tornado erlebt und dachte damals, toller geht's nicht. Und ein flaues Gefühl hatte ich im Magen. Aber das hier! Verdammt – Junge, bleib nicht liegen, beweg dich … du bist sonst in Sekundenschnelle ein Eiszapfen.
Er erreichte das kleine Zelt, hieb mit der Faust dagegen und schlug damit große Eisbrocken ab. Innen rührte sich nichts. Natürlich, sie denken, das ist der Wind, sagte sich Blandy. Und schreien nützt auch nichts. Sie können einen kaum hören.
Er trat gegen die vereiste, innen gepolsterte Leinwand, immer und immer wieder, und immer gegen die gleiche Stelle. Das müssen sie merken, dachte er. So dämlich kann keiner sein, zu glauben, daß der Sturm immer die gleiche Stelle einbeult. Nun bewegt euch schon, Mädchen! Ich spüre den Frost bereits auf den Knochen!
Auf der Eingangsseite bröckelte das Eis ab. Der Reißverschluß wurde von innen ein wenig geöffnet. Blandy sah die kühlen Augen Monikas und einen Schimmer von ihren blonden Haaren.
»Macht auf, ihr Süßen, ich bin Väterchen Frost!« brüllte Blandy gegen das Heulen des Sturmes.
Er half, den Reißverschluß so weit aufzuziehen, daß er sich in das Zelt zwängen konnte. Und sogleich riß er ihn wieder zu.
Die Wärme, die ihn empfing, war geradezu höllisch im Vergleich zu diesem Eiswind draußen. Die Polsterung des Zeltes war fabelhaft. Der Gasofen flackerte. Die Mädchen lagen auf ihren Matratzen, mit Decken umwickelt.
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