Alarm! Das Weiberschiff
von der Küste herankommen, sondern von der Landseite! Tami Tamaroo, der auf Beobachtungsposten stand, rutschte im Schutz der Eismauer heran und machte Cornell Meldung.
»Die Russen haben es gehört, Sir! Ihr Turm ist besetzt, und sie suchen mit den Ferngläsern das Land ab.«
»Dann sollte man gleich einen Hundeschlitten demonstrativ am Rande des Felsens entlangfahren lassen«, sagte Cornell. »Das wird die Russen beruhigen.«
»Auf dem dritten Schlitten liegt etwas Großes!« schrie Evelyn. Sie schaute noch immer durchs Glas. »Und Slingman steht drauf. Pauli ist etwas passiert! Sie bringen ihn! Mein Bärchen! Dort im Schlitten liegt Pauli.«
Sie rannte den Schlitten entgegen. Ihre Pelzmütze fiel auf das Eis, ihr rotes Haar wehte frei wie eine zerzauste Fahne um ihren Kopf.
»Aufhalten!« brüllte Cornell. »Haltet das Mädchen fest! Daß die Eskimos eine rote Flagge zur Begrüßung schwenken, glauben selbst die Russen nicht! Aufhalten!«
Ein kleiner Sergeant stellte Evelyn ein Bein. Sie stolperte darüber, stürzte hin und schlug wild um sich, als zwei Mann sie festhielten. Dann waren die Schlitten da. Sie hielten. Die Hunde heulten wie toll, wälzten sich auf der Erde und standen dann zitternd in den Seilen. Aus ihren Fellen stiegen dichte Dampfwolken. Cornell, Hendricks und fünf Mann waren die ersten, die die Schlitten erreichten. Ihnen rannte Yenkins entgegen.
»Der Doc ist schwer verletzt!« schrie er. »Ein Eisbär! Er muß sofort behandelt werden! Los! Schnell!«
Sie hoben Blandy vom Schlitten und brachten ihn in das große Zelt. Er wurde vorsichtig auf eine Luftmatratze gelegt, und Cornell begann, ihn auszuwickeln. Blandy schwebte in einem Zustand von Wachsein und Dahindämmern. Was um ihn herum geschah, nahm er nur undeutlich wahr … kehrte das volle Bewußtsein zurück, war auch das wahnsinnige Brennen in Brust und Rücken wieder da, und er knirschte mit den Zähnen.
Während Cornell und Slingman den Verletzten aus dem Mantel schälten, brachten drei Männer draußen die tobende und schreiende Evelyn ins Frauenzelt. Sie war mit Worten nicht zu beruhigen, und es war auch unmöglich, daß zwei oder drei Mann sie ständig festhalten konnten.
»Sorry, Miß!« sagte ein stämmiger Gefreiter höflich. Dann zielte er vorsichtig, aber doch stark genug mit der Faust auf Evelyns Kinn und schläferte sie mit einem klassischen K.o. ein. Lili, die neben ihr hockte, starrte den Gefreiten giftig an.
»Sie Untier!« sagte sie. »Sie Mistkerl!«
»Wissen Sie was Besseres, Miß?« fragte der Gefreite. »Wenn sie aufwacht und nicht friedlich ist, sollten Sie einen kleinen Nachschlag versuchen.«
Im großen Zelt hatten sie Dr. Blandy mittlerweile ausgezogen. Nackt lag er da, ein Berg aus Muskeln und Knochen, aber trotz aller Stärke zur Strecke gebracht durch eine einzige Bärenumarmung. Die Wunden sahen furchtbar aus. Die Brust war aufgerissen, und aus dem Rücken hatte der Eisbär mit einem Hieb ein großes Stück Fleisch herausgehackt. Was Blandy befürchtet hatte, war Tatsache: Mit den Prankenhieben waren eine Menge Fellhaare und Stoffetzen in die Wunden geraten. Aus der Rückenwunde ragte ein ganzes Fellbüschel heraus.
»O Scheiße!« sagte Cornell immer wieder. Er kniete neben Blandy, den man auf die Seite gelegt hatte, um an beide Wunden heranzukommen. »Den Koffer vom Doc her! Schnell! Und heißes Wasser! Zuerst muß der ganze Mist aus den Wunden raus!«
»Kannst du das denn?« fragte Hendricks. »Das sitzt tief drin. Da bleibt immer etwas zurück. Da muß ein Arzt ran –«
»Kannst du einen zaubern?« Zwei Männer rannten aus dem Zelt, um das heiße Wasser zu besorgen. Dafür kamen die Eskimos herein, grinsten freundlich die Offiziere an und beugten sich über Blandy. Sie betrachteten die Wunden genau, sprachen dann miteinander und gingen wieder hinaus. Slingman brachte Blandys Sanitätskoffer und klappte ihn auf. In ihm war alles enthalten, was man brauchte: Medikamente, Instrumente, Verbandszeug und sogar ein Beatmungsgerät. Nur müßte man damit umgehen können … für einen Laien war das ein Labyrinth aus Tuben und Schachteln, verchromten Kästen und Spritzen.
Cornell wühlte in dem großen Instrumentenkasten und holte eine lange Pinzette heraus. »Das zuerst!« sagte er unsicher. »Und Mull, Hendricks! Da, die Schere auch!« Er beugte sich über Blandys dicken Kopf. Das Gesicht war gerötet und fühlte sich heiß an. Begann bereits das Wundfieber? Cornells Gaumen wurde knochentrocken.
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