Alarm in Sköldgatan
reckte sich, daß es in den Nähten seiner Jacke knackte. »Na, laß man. Jedenfalls sind diese Autogeschichten nicht unser Bier. Gott sei Dank.«
7
Montag nachmittag sah es so aus, als ob Benny Skacke zum erstenmal in seiner Eigenschaft als Kriminalassistent bei der Mordkommission einen Mord völlig selbständig aufklären würde. Oder zumindest einen Totschlag.
Er saß in seinem Arbeitsraum im Polizeigebäude Süd und war mit der Aufgabe beschäftigt, die Kollberg ihm zugeteilt hatte, ehe er in die Kungsholmsgatan gefahren war. Das heißt, er bewachte das Telefon und sortierte Kopien von Polizeiberichten in verschiedene Ordner. Das Sortieren dauerte lange, weil er jede Meldung sorgfältig durchlas, ehe er sie abheftete. Benny Skacke war ehrgeizig. Obwohl ihm klar war, daß er alles, was man über die Aufklärung von Mordfällen lernen konnte, bereits auf der Polizeischule eingepaukt bekommen hatte, war ihm peinlich bewußt, daß er bisher keinerlei Gelegenheit gehabt hatte, sein Wissen in der Praxis anzuwenden. Während er auf die Chance wartete, seine unentdeckte Begabung zu zeigen, versuchte er auf jede nur mögliche Weise, sich die Erfahrungen seiner älteren Kollegen zunutze zu machen. Eine seiner Methoden war es, sooft wie möglich deren Gespräche mit anzuhören, was Kollberg bereits wahnsinnig machte. Zum anderen studierte er alte Berichte, und damit war er beschäftigt, als das Telefon klingelte.
Es meldete sich der Diensthabende aus der Empfangshalle.
»Ich hab hier einen Mann, der ein Verbrechen zur Anzeige bringen will«, sagte er etwas verwirrt. »Soll ich ihn raufschicken? Oder…«
»Ja, machen Sie das«, antwortete Kriminalassistent Skacke sofort.
Er legte den Hörer auf und ging auf den Flur hinaus, um den Besucher einzulassen. Dabei überlegte er, was der Mann wohl sagen wollte, als er ihn unterbrach. Oder? Vielleicht: Oder soll ich ihn bitten, zur Polizeiwache zu gehen? Skacke war ein empfindlicher junger Mann.
Der Besucher kam langsam und schleppend die Treppe herauf. Benny Skacke öffnete ihm die Glastür und wich unwillkürlich vor dem Gestank von Schweiß, Urin und billigem Schnaps zurück. Er ging voraus in sein Zimmer und zeigte auf den Stuhl vor dem Schreibtisch. Der Mann blieb jedoch noch einen Moment stehen und wartete, bis Skacke sich hingesetzt hatte.
Benny Skacke beobachtete den Mann auf dem Besucherstuhl. Er mochte zwischen fünfzig und fünfundfünfzig sein; Größe etwa einsfünfundsechzig. Er war sehr mager, wog sicher nicht mehr als fünfzig Kilo, hatte dünnes aschblondes Haar und trübe blaue Augen. Wangen und Nase waren von dünnen blauen Adern überzogen. Seine Hände zitterten, und ein Muskel am linken Augenlid zuckte unregelmäßig. Sein brauner Anzug war voller Flecke und an verschiedenen Stellen durchgescheuert, einige Löcher in der maschinengestrickten Weste unter der Jacke waren mit verschiedenfarbigen Fäden gestopft worden. Er roch nach Schnaps, schien aber nicht betrunken zu sein.
»Sie wollten eine Anzeige erstatten. Worum handelt es sich denn?«
Der Mann sah auf seine Hände hinunter. Nervös rollte er eine Zigarettenkippe zwischen den Fingern.
»Sie können hier gerne rauchen, wenn Sie wollen«, sagte Skacke und schob ihm über den Tisch eine Streichholzschachtel zu.
Der Mann nahm die Schachtel, steckte die Kippe an, hustete trocken und heiser und blickte hoch. »Ich hab meine Frau erschlagen.«
Benny Skacke streckte die Hand nach seinem Notizblock aus und sagte mit einer Stimme, die er selbst für ruhig und beherrscht hielt: »Aha. Und wo haben Sie das getan?«
Er wünschte sich sehnlichst, daß Martin Beck oder Kollberg dabeigewesen wären.
»Auf den Kopf.«
»Nein. So hab ich's nicht gemeint. Wo ist Ihre Frau denn jetzt?«
»Ach so. Zu Hause. Dansbanevägen.«
»Wie heißen Sie?« fragte Skacke.
»Gottfridsson.«
Benny Skacke schrieb den Namen auf den Block und lehnte sich nach vorn, die Unterarme hatte er auf die Tischplatte gestützt. »Herr Gottfridsson, wollen Sie bitte der Reihe nach erzählen, was passiert ist. Wie fing es an?«
Der Mann kaute auf seiner Unterlippe. »Ja, also, ich bin nach Hause gekommen, und da hat sie zu schimpfen angefangen. Ich war müde und hatte keine Kraft, mich mit ihr zu zanken. Ich hab sie gebeten, doch ruhig zu sein. Aber sie schrie und schimpfte weiter. Zum Schluß hab ich rot gesehen und sie am Hals gepackt, da fing sie an, um sich zu hauen, und ich hab ihr ein paar Mal kräftig auf den Kopf geschlagen.
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