Alarm in Sköldgatan
ergeben. Die sogenannte interne Fahndung funktionierte nicht. Niemand hatte Olofsson seit Ende Januar oder Anfang Februar gesehen. Es hieß, er sei im Ausland. Aber im Ausland hatte ihn auch niemand gesehen.
»Wir müssen ihn fassen«, sagte Hammar mit großem Nachdruck. »Jetzt. Sofort.« Viel mehr hatte er nicht zu sagen.
»Anweisungen dieser Art sind nicht besonders originell«, meinte Kollberg. Vorsichtigerweise sagte er es erst nach der Besprechung, als er auf Melanders Schreibtisch saß und träge die Beine baumeln ließ.
Melander lehnte sich im Stuhl zurück, schlug die Beine übereinander und streckte sie von sich. Er hielt die Pfeife zwischen den Zähnen und hatte die Augen halb geschlossen.
»Was hast du denn vor?« fragte Kollberg.
»Er denkt!« sagte Martin Beck.
»Das sieht man, verdammt, aber woran denkt er?«
»An einen Kardinalfehler der Polizei«, antwortete Melander.
»Na, und an welchen von den vielen?«
»Mangel an Phantasie.«
»Und das sagst ausgerechnet du!«
»Ja. Ich leide selbst drunter«, entgegnete Melander ruhig. »Und es ist die Frage, ob diese Fahndung nicht ein Musterbeispiel für Phantasielosigkeit ist. Oder vielleicht eher für die Einseitigkeit bei der Arbeit.«
»Meine Phantasie ist in Ordnung«, behauptete Kollberg.
»Moment mal. Kannst du das mal 'n bißchen ausführlicher erklären?« fragte Martin Beck. Er stand an seinem Lieblingsplatz, direkt an der Tür und mit dem Ellbogen auf den Aktenschrank gestützt.
»Zuerst begnügen wir uns mit der Theorie, daß das Gas durch einen unglücklichen Zufall explodiert ist. Als wir dann endlich klare Beweise dafür haben, daß jemand Malm mit einer perfekt arbeitenden Höllenmaschine aus dem Weg geräumt hat, haben wir auch schon den richtigen Riecher. Wir müssen Olofsson finden. Und setzen stillschweigend voraus, daß Olofsson der Täter ist. Und dann folgen wir dieser Spur wie eine Meute Jagdhunde mit Scheuklappen. Wer weiß denn, ob wir nicht mit voller Fahrt in einer Sackgasse landen?«
»Volle Fahrt paßt genau«, warf Kollberg mürrisch ein. »Das ist eine Fehlspekulation, die immer wieder gemacht wird und schon Hunderte von wichtigen Untersuchungen hat platzen lassen. Die Polizei findet etwas und glaubt, am entscheidenden Punkt zu sein. Das Material deutet in eine bestimmte Richtung. Und dann wird die gesamte Fahndung dahin dirigiert. Alle anderen Hinweise werden beiseite geschoben oder landen ungeprüft in den Akten. Nur weil das Naheliegende meistens richtig ist, arbeitet man so, als ob es immer so sein müßte. Überall wimmelt es von Verbrechern, die wegen dieser Arbeitsweise der Polizei nicht erwischt worden sind. Überlegt doch mal, was ist, wenn Olofsson jetzt in diesem Augenblick gefunden wird. Er sitzt vor einem Restaurant in Paris oder auf dem Balkon eines Hotels in Spanien oder Marokko. Vielleicht kann er beweisen, daß er da schon zwei Monate gesessen hat. Was machen wir dann?«
»Schlägst du denn vor, daß wir uns nicht mehr um Olofsson kümmern sollen?«
fragte Kollberg zurück.
»Keinesfalls. Mahn konnte ihm gefährlich werden, und das wurde spätestens klar, als Mahn in Untersuchungshaft kam. Also liegt nahe, daß er in den Fall verwickelt ist, und wir haben durchaus gute Gründe, ihn zu suchen. Aber wir haben noch nicht an die Möglichkeit gedacht, daß er mit der Brandsache überhaupt nichts zu tun gehabt haben kann. Wenn sich dann nämlich herausstellt, daß er mit Rauschgift gehandelt und ein paar Autos mit falschen Papieren verkauft hat, hilft uns das überhaupt nicht weiter. Das ist dann ganz einfach ein Fall, der unsere Abteilung nicht betrifft.«
»Wäre verdammt komisch, wenn Olofsson in diese Sache überhaupt nicht verwickelt wäre«, meinte Kollberg.
»Hast recht. Aber manchmal passieren komische Sachen. Daß Mahn zum Beispiel zur gleichen Zeit Selbstmord begangen hat, als ein anderer ihn ermorden wollte, ist doch schon ein sehr außergewöhnlicher Fall. Ich bin bei der Untersuchung des Tatorts auch prompt drauf reingefallen. Merkwürdig ist auch Folgendes, und das ist bisher noch keinem aufgefallen: Seit dem Brand sind nun bald drei Wochen vergangen, und keiner hat seit der Zeit etwas von Olofsson gehört oder gesehen. Bestimmte Leute ziehen daraus ihre Schlüsse Aber Tatsache ist auch, daß keiner sich erinnert, Olofsson in dem ganzen Monat vor dem Brand getroffen zu haben.«
Martin Beck reckte sich und sagte nachdenklich: »Das stimmt.«
»Diese Überlegung darf natürlich nicht
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