Alarm in Sköldgatan
konnte er nicht aus der Ruhe bringen.
»Ja, wirklich eigenartig«, entgegnete dieser seelenruhig.
Kollberg saß in Hemdsärmeln da, den Schlips hatte er heruntergezogen und den Kragen aufgeknöpft. Er lehnte sich über den Tisch und rief: »Eigenartig? Wir sind vielleicht eigenartig! Einer steckt 'ne Zeitbombe in Malms Matratze. Wir glauben, es war Olofsson. Aber Olofsson ist schon seit einem Monat tot, denn einer hat ihm den Schädel eingeschlagen, ihn in ein Auto verladen und die ganze Fuhre ins Wasser befördert. Und jetzt sitzen wir hier wie die Waisenknaben.«
Er brach ab, um Atem zu holen. Melander schwieg. Beide nickten Martin Beck flüchtig zu.
»Wenn wir dabei bleiben, daß es einen Zusammenhang zwischen dem Mordversuch an Malm und dem Mord an Olofsson…«
»Das ist trotz alledem nur 'ne Vermutung«, unterbrach Melander ihn. »Wir haben keinerlei Beweise dafür, daß ein solcher Zusammenhang besteht. Obwohl es unwahrscheinlich klingt, daß beide Ereignisse überhaupt nichts miteinander zu tun haben sollen.«
»Ganz richtig. Solche Zusammenhänge sind höchst unwahrscheinlich. Also kann man vermuten, daß auch der dritte Teil dieser Geschichte in natürlichem Zusammenhang zu den beiden anderen steht.«
»Du meinst den Selbstmord? Daß Malm sich das Leben genommen hat?«
»Na klar.«
»Ja, vielleicht hat er das gemacht, als er merkte, daß das Spiel aus war.«
»Eben. Und weil er fand, daß es angenehmer ist, selbst den Gashahn aufzudrehen, verglichen mit dem, was ihn sonst erwartete.«
»Er hatte also Angst.«
»Und er hatte offenbar recht gute Gründe dafür.«
»Was darauf hindeutet, daß er nicht damit rechnete, am Leben bleiben zu können. Daß er Angst davor hatte, ermordet zu werden. Aber dann: von wem?«
Kollberg dachte nach. Dann machte er plötzlich einen Gedankensprung und fragte: »Vielleicht hat Mahn auch Olofsson totgeschlagen?«
Melander nahm einen halben Apfel aus der Schreibtischschublade, schnitt ein Stück ab und steckte es in seinen Tabaksbeutel.
»Kaum anzunehmen«, sagte er, ohne aufzusehen. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß so eine Null wie Malm den Mumm hat, ein Verbrechen von dem Kaliber zu begehen. Moralische Bedenken kannte er wohl nicht, aber so was muß man auch technisch beherrschen.«
»Schön, wirklich, Fredrik, logisch denken kannst du. Und was ergibt sich daraus?«
Melander schwieg.
»Was ist die sonnenklare logische Folgerung?« fragte Kollberg hartnäckig.
»Daß sowohl Olofsson wie Malm aus dem Weg geräumt worden sind«, antwortete Melander jetzt widerwillig.
»Und von wem?«
»Das weiß ich nicht.«
»Nein, das ist richtig. Aber eins können auch wir uns jetzt ausrechnen.«
»Ja, hast recht.«
»Erfahrene Leute«, sagte Martin Beck wie zu sich selbst. »Genau«, bestätigte Kollberg. »Profis. Nur Profis benutzen solche Werkzeuge wie den Stein im Strumpf und diese sonderbare Bombe.«
»Stimmt«, bestätigte Melander.
»Und deshalb sitzen wir jetzt hier und raufen uns die Haare und glotzen, als ob wir einen Geist gesehen hätten. Weil wir es bisher nur mit Amateuren zu tun gehabt haben. Und das haben wir nun schon so lange getan, daß wir, wenn man's richtig nimmt, auch Amateure sind.«
»Achtundneunzig Prozent aller Verbrechen werden von Laien ausgeführt. Sogar in den Vereinigten Staaten.«
»Das ist keine Entschuldigung!«
»Nein, aber eine Erklärung.«
»Hört doch mal zu«, mischte Martin Beck sich ein. »Das paßt auch zu anderen Punkten. Schon seit Gunvald seine Denkschrift, oder wie man's nun nennen soll, geschrieben hat, hab ich über eine Frage nachgedacht.«
»Ja«, unterbrach Kollberg ihn. »Warum hat der, der den Brandsatz in Malms Bett gelegt hat, die Feuerwehr angerufen?« Nach einer halben Minute gab er selbst die Antwort: »Weil er's berufsmäßig tat. Ein Fachmann. Seine Aufgabe war es, Malm umzubringen, und er hatte absolut kein Interesse daran, daß zehn andere Menschen mit dran glauben mußten.«
»Hm. Diese Überlegung hat was für sich. Ich hab gelesen, daß Berufsverbrecher häufig weniger blutdürstig sind als Amateure.«
»Ich hab das gestern auch gelesen«, sagte Kollberg. »Wenn wir den Spieß umdrehen und einen typischen Nichtfachmann nehmen wie unseren lieben Kollegen Hedin, den Polizisten in Skäne, der vor siebzehn Jahren neun Menschen totgeschlagen hat, der nahm keinerlei Rücksicht. Zum Beispiel steckte er ein ganzes Altersheim an, nur weil er sich über seine Braut geärgert hatte.«
»Aber der war
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