Alarm in Sköldgatan
locken würde, hatte aber keine Ahnung, wie er das anstellen könnte. Er regte sich bei dem Gedanken, daß Monica mit diesem selbstgefälligen Lackaffen ausgehen würde, so auf, daß er zur Beruhigung zwei Glas Milch trinken mußte, ehe er sie wieder anrief.
Gerade als er nach dem Hörer greifen wollte, klingelte das Telefon. Es war Monica, Wunder über Wunder, und sie war sehr kleinlaut und bat um Entschuldigung, und als sie über eine Stunde lang miteinander gesprochen hatten, verabredeten sie, sich am nächsten Tag, wenn Monica mit der Schule fertig war, in Sundbyberg zum Mittagessen zu treffen.
Am Freitagmorgen fuhr Skacke direkt nach seinem geliebten Sundbyberg, um seine Suche fortzusetzen. Jeden Tag strich er auf seiner Karte die Häuserblocks durch, die erledigt waren, außerdem notierte er die Wohnungen, in denen keiner zu Hause gewesen war. Das Meldeamt hatte ihm eine Liste mit allen Einwohnern Sundbybergs zur Verfügung gestellt, die nicht aus Skandinavien stammten. Er fuhr schon vor sieben los, um einige Adressen aus der Liste derer, die er nicht angetroffen hatte, erledigen zu können, ehe Leute auf dem Weg zur Arbeit waren.
Um neun waren die Namen auf seiner Liste auf die Hälfte zusammengeschmolzen, aber das war auch das einzige Ergebnis.
Benny Skacke wanderte durch Sundbyberg zu dem Wohnviertel, das an diesem Tag auf seinem Programm stand. Er kam in einen Park, der sich an einem Hang bis zu einer Gruppe von Hochhäusern hinzog, die oben auf der Kuppe standen. Der Park schien nicht als solcher angelegt worden zu sein, er sah eher aus wie ein Stück ursprünglicher Natur, das man bewußt so belassen hatte, als die Bebauung des Gebietes geplant wurde. Das Gras an beiden Seiten des Weges war frisch und grün, und weiter hinten zwischen den Fichten an einem bewaldeten Hang sah man einige graue Granitblöcke und bemooste Steine aus dem mit Nadeln bedeckten Waldboden herausragen. Der Pfad, dem er folgte, war weder aufgeschüttet noch mit Kies bestreut - er war von vielen Füßen im Laufe der Zeit ausgetreten worden und schlängelte sich zwischen den Birken und Eichen hindurch. Sonnenstrahlen fielen durch das Laub der Bäume und malten goldene Flecke auf die harte, ausgetrocknete Erde des Weges und die blankgetretenen Baumwurzeln. Skacke ging langsamer und spürte plötzlich den Duft von Tannennadeln und von der Sonne angewärmter Walderde, aber beim nächsten Atemzug roch er nichts anderes mehr als Benzingestank und den Geruch von ranzigem Fett, in dem das Grillrestaurant unten an der Straße seine Pommes frites schwenkte.
Skacke dachte an Monica. Um drei wollten sie sich treffen. Er freute sich auf sie. Es war selten vorgekommen, daß sie sich eine ganze Woche lang nicht gesehen hatten.
Im ersten Haus wurde ihm in fast jeder Wohnung geöffnet, nur an zwei Türen klingelte er vergebens. Niemand kannte einen Ausländer, und von einem Anruf bei der Feuerwehr hatte keiner etwas gehört. Im nächsten Haus traf er zwei Ausländer an, aber der eine war Finne und sprach so schlecht Schwedisch, daß kaum etwas zu verstehen war, und jedenfalls nicht mit dem Akzent, den Doris Märtensson beschrieben hatte. Der zweite war Italiener und war in der Zeit um den 7. März auf Urlaub in Mailand gewesen. Ohne danach gefragt zu werden, holte er seinen Paß und zeigte die Stempel vor. Hatten die beiden Bekannte, die Ausländer waren? Ja, viele von ihren Bekannten stammten aus fremden Ländern. Und weiter? Ja, das konnte man sich wirklich fragen.
Als Skacke mit dem Haus auf dem Hügel fertig war, zeigte die Uhr beinahe zwölf. Er ging in eine Konditorei, die im Erdgeschoß eines der Hochhäuser lag, und bestellte Kakao und ein Käsebrot. Skacke und die Kellnerin waren die einzigen Personen im Lokal. Als sie ihm das Bestellte gebracht hatte, ging sie wieder hinter die Theke und starrte gelangweilt aus dem Fenster. Vor dem Haus befand sich ein großer Platz, wie man sie häufig zwischen den Hochhäusern in den Schlafstädten am Rande Stockholms und in der Umgebung wiederfindet und die selten einfach Platz, sondern meistens Einkaufszentrum oder noch anspruchsvoller Piazza heißen, wahrscheinlich in der krampfhaften Absicht der Stadtplaner, diesen traurigen Steinwüsten einen südländischen Touch zu geben.
Die Tür ging auf, und ein Mann trat ein. Er trug eine silberbestickte blaue Samtmütze und eine leere Tragetasche in der Hand. Langsam ging er durch den Raum und blickte Skacke dabei mit zusammengezogenen Augenbrauen an.
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