Alarm in Sköldgatan
worden, in großem zeitlichem Abstand. Zuerst vor etwa anderthalb Jahren und das letzte Mal, soviel ich weiß, kurz vor Weihnachten letzten Jahres.«
»Die müssen wir finden.«
»Da bin ich ja grade bei. Ich weiß schon, wie sie aussieht und so, nicht, wie sie heißt und wo sie wohnt.« Er schwieg eine Weile. »Eigentlich komisch…«
»Was?«
»Daß ich sie nicht finden kann. Wenn sie hier in der Stadt oder in der Umgebung wohnte, müßte ich sie schon aufgespürt haben.«
»Dann wohnt sie vielleicht gar nicht in Malmö; sie kann ja auch aus Stockholm kommen. Möglicherweise ist sie nicht mal aus Schweden.«
»Nee«, antwortete Mänsson. »Sie muß hier irgendwo sein. Ihr werdet sehen, ich find sie noch.«
»Meinst du?«
»Klar, aber es dauert 'ne Weile. Außerdem will ich im Juni auf Urlaub fahren.«
»Ach so.«
»Ja, aber ich such natürlich weiter. Wenn ich sie gefunden hab, ruf ich wieder an. Bis dahin auf Wiedersehen.«
»Wiedersehen«, entgegnete Martin Beck automatisch.
Er blieb eine ganze Weile mit dem Hörer in der Hand sitzen, obwohl der andere längst aufgelegt hatte. Seufzte und schnaubte sich die Nase.
Mänsson war offensichtlich ein Mann, den man am besten allein wursteln ließ.
26
Am Sonnabend, dem 1. Juni, flog Mänsson zusammen mit seiner Frau nach Rumänien. Er hatte seinen dreiwöchigen Urlaub so geschickt ausgewählt, daß er nicht vor dem Mittsommertag zurückkommen mußte, genauer gesagt kam er erst am Montag, dem 24., nach Hause.
Seine Ergebnisse, was Wasserleichen und ähnliche Dinge betraf, wie auch seine Theorien über Olofssons Leben und unschönes Ende hatte er offenbar mit sich genommen. Denn Martin Beck hörte während der Zeit wenig oder gar nichts aus Malmö, was für ihn von Interesse war.
Mänsson war jedoch längst nicht der einzige, der im Juni Urlaub machte. Obwohl verschiedentlich deutlich darauf hingewiesen worden war, daß man mit dem Urlaub, wenn möglich, bis nach der Wahl warten solle, lichteten sich die Scharen der Polizei mit verblüffender Schnelligkeit, was besonders die höheren Dienstgrade betraf. Im September war Reichstagswahl. Juli und August konnten anstrengende Monate werden, da versuchten die meisten ihren gesetzlichen Urlaubsanspruch so schnell wie möglich in die Praxis umzusetzen. Melander zog sich in sein Sommerhaus auf Värmdö zurück, und Gunvald Larsson und Rönn verschwanden diskret nach Arjeplog, wo sie sich von der Mitternachtssonne bescheinen ließen und die fahlen Sommernächte Angeln verbrachten.
Sie sprachen hauptsächlich vom Fischen und fachsimpelten über verschiedene Angelgeräte. Ab und zu kam es vor, daß Rönn plötzlich ein ernstes Gesicht machte und eine Frage nicht beantwortete. Dann dachte er an das verschwundene Feuerwehrauto, behielt seine Gedanken aber für sich.
Hammar dachte nur an seine bevorstehende Pensionierung und hoffte, daß bis dahin nichts Außergewöhnliches geschehen würde.
Martin Beck war es gleichgültig, ob er Urlaub bekam oder nicht. Er saß draußen in Västberga und verbrachte seine Stunden mit Routinearbeiten. In seiner Freizeit überlegte er vor allem, wie es ihm gelingen könnte, der gemeinsamen Mittsommerfeier mit seiner Frau und seinem Schwager zu entgehen. Kollberg war stellvertretender Kriminalkommissar und vorübergehend zur Fahndungsgruppe in Stockholm versetzt worden. Das eine war ihm genauso unangenehm wie das andere. Er verabscheute sein stickiges Arbeitszimmer in der Kungsholmsgatan, schwitzte und fluchte. Zwischendurch dachte er an seine Familie, und das war das einzige, woran er momentan Freude hatte. Melander stand auf seinem Grundstück vor dem Haus, hackte Holz und dachte liebevoll an seine häßliche Frau, die nackt auf einer Decke hinter dem Haus lag und sich von der Sonne bescheinen ließ.
In Eforie am Schwarzen Meer starrte Mänsson faul Potemkins taubenblau schimmernden Horizont an und wunderte sich, wie man in einem Land den Sozialismus errichten und den Fünfjahrplan in drei Jahren erfüllen konnte, in dem es vierzig Grad heiß war und kein Grapetonic zu kaufen gab.
Dreitausend Kilometer weiter nördlich zog sich Gunvald Larsson Gummistiefel und seine Sportjacke an und schielte ärgerlich auf Rönns wollenen Pullover, der rot und blau und grün und geschmacklos war und auf der Vorderseite Elche hatte.
Rönn merkte davon nichts, da er gerade wieder an das Feuerwehrauto dachte. Benny Skacke saß in seinem Zimmer und las einen Bericht durch, den soeben geschrieben
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