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Alarmstufe Blond

Alarmstufe Blond

Titel: Alarmstufe Blond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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zurückkommst, zum Beispiel heute noch?«
    Ich schloss die Augen und musste mir Mühe geben, nicht die Fassung zu verlieren. Wenn es mit Sicherheit etwas gab, was ich NICHT wollte, dann ein paar Tage früher diese Person wiederzusehen. Aber das konnte ich ihr nicht sagen, da wäre ich meinen Job los, noch bevor ich meinen Plan umgesetzt hatte.
    »Ich habe drei Wochen Urlaub eingereicht und bleibe drei Wochen weg. Es tut mir leid, aber ich bin nicht für alles im Büro und in der Redaktion verantwortlich. Ich bin nur eine kleine Assistentin mit dem Gehalt einer niederen Sekretärin. Ich kümmere mich um alles, sobald ich wieder da bin. Mehr kann ich nicht für Sie tun. Auf Wiederhören.« Das hätte ich ihr am liebsten gesagt, glaubt mir, und wie gerne ich das gesagt hätte! Aber ich sagte es nicht. Stattdessen stotterte ich, dass es einen Todesfall gäbe, der mich hier festhielte.
    Ich wartete einen Moment, ob sie antwortete, doch ich hörte nur ihren Atem.
    »Ehrlich, ich kann nicht früher weg, das Haus ist auch noch nicht fertig. Dann soll mich Fiona anrufen und ich weise sie noch einmal telefonisch ein.«
    Sie schnaubte leise. »Ich sage ihr Bescheid.« Dann legte sie auf.
    Gesenkten Hauptes schlurfte ich zurück auf meine Matratze und legte mich wieder hin, um noch etwas zu schlafen. Das Telefon blieb stumm.
     
    Zwei Stunden später wachte ich erneut auf und streckte mich. Draußen war es bewölkt, aber trocken. Ich fühlte mich einigermaßen ausgeruht, und die Endlosschleife in meinem Kopf schien tatsächlich verstummt. Ein perfekter Tag, um etwas Ordnung zu schaffen und meinen Artikel endlich fertigzustellen. Bei diesem Gedanken an meine Reportage zuckte ich zusammen, denn auf einmal kam die Erinnerung an das frühe Telefongespräch zurück.
    »Sie wird dich immer weiter quälen, wenn du ihr nicht mal die Meinung sagst«, flüsterte das Stimmchen auf meiner linken Schulter. War es der Engel?
    »Aber du hängst doch an deinem Job, was machst du, wenn sie dich feuert?«, flüsterte das Stimmchen von der anderen Seite. War das der Teufel? Oder der Engel? Wer sprach denn nun zu mir?
    »Du musst endlich deinen Artikel schreiben, damit sie weiß, was du kannst.«
    »Nein, bloß nicht, lass sie, genieße es, dass du überhaupt einen Job hast!«
    Ich stöhnte auf und blendete die Stimmen aus.  Noch im Schlafanzug holte ich den Rechner und fuhr ihn hoch. Ich war noch nie so motiviert gewesen, einen Artikel zu Ende zu schreiben.
    Prompt war er zwei Stunden später fertig.
    Ruhig las ich ihn mir noch einmal durch. Er war gut, sehr gut sogar. Ich rechnete mit allem ab, was mir in den mehr als zwei Wochen hier widerfahren war: neugierige Bewohner, die sofort jede Handlung weitertratschten, fehlende Eiscreme, holprige Straßen, zu viel Sauerstoff, Gespräche, die sich hauptsächlich um Ernte und Wetter drehten, ein unhöflicher Arzt, eine intolerante Nachbarin, zu wenig Privatsphäre auf Bootsstegen (mal ehrlich, hätte Dr. Diercksen sich nicht vorher irgendwie bemerkbar machen können???), wackelige Mülltonnen, fehlende Orientierungshilfen im Wald, hinterlistige Grippeviren, gefährliche Gartengeräte…ich hätte stundenlang weiterschreiben können.
    Am Ende war meine Reportage rund und knackig, besaß tolle Wendungen, witzige Details und glaubhafte Charaktere. Sie war preisverdächtig, und wenn ich sie in einer Zeitschrift lesen würde, wäre ich gewarnt und würde nie einen Fuß in diese Gegend fernab jeglicher Zivilisation setzen.
    Zufrieden zog ich mich an, putzte mir die Zähne und stapfte mit dem Computer und dem Stick unter dem Arm zum Pfarrhaus, in der Hoffnung, dort die einzige Internetverbindung nutzen zu können, die der Ort besaß.
     
    Der Pfarrer war nicht sonderlich erstaunt, mich zu sehen.
    »Ich habe mich schon gewundert, dass jemand wie Sie nicht früher gekommen ist, um ins Netz zu gehen«, sagte er geistvoll.
    Ich schnaubte leise. Was bedeutete denn das »jemand wie Sie«? Wer war ich denn? Was wollte er damit sagen?
    »Sie meinen, eine Stadtschnepfe wie ich, die glaubt, mit den Bewohnern hier nichts anfangen zu können, weil sie so anders sind?«, erwiderte ich spitz.
    Doch er schüttelte den Kopf. »Nein, ich meinte eine junge, attraktive Frau wie Sie, die sich in so einem Kaff wie diesem hier regelrecht von der Umwelt abgeschnitten fühlen muss.«
    Wie Recht er doch hatte!
    »Sie klingen, als würden Sie das Landleben nicht gerade schätzen.«
    »Doch, ich schätze es, aber ich weiß, dass es

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