Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Alasea 02 - Das Buch des Sturms

Titel: Alasea 02 - Das Buch des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Buch des Sturms
Vom Netzwerk:
fragte Er’ril finster.
    Mikela antwortete, wobei sie Elena ein warmherziges Lächeln schenkte. »Ich bin nicht wirklich ihre Tante … aber ihre Tante Fila und ich waren auf eine besondere Weise Schwestern.«
    In die plötzliche Stille hinein sprach Kral. »Du kanntest ihre Tante?«
    »Ja. Sie war die Frau, die mich gefunden und sich um mich gekümmert hat, nachdem ich durch die Geistpforte gegangen war.«
    »Ach …«, murmelte Kral, dem plötzlich aufging, wie die Schicksale miteinander verwoben waren.
    Er’rils Gesicht hatte sich vor Wut vollends verdüstert. »Kann mir mal jemand erklären, wovon hier alle reden?«
    Niemand ging auf seine Frage ein.
    Mikela zog Elenas Handgelenk hoch. »Was ist mit deiner Hand los?« Die Brauen der Frau waren vor Sorge zusammengezogen.
    Kral beugte sich weiter vor. Elenas Hand war bedeckt von einem kreuz und quer verschlungenen Moosgewächs. Es schien, als ob die winzigen Blätter und korkenzieherartig verdrehten Äste dem Fleisch ihrer Hand entsprossen.
    »Das Zeug lässt sich nicht entfernen«, sagte Elena. Sie zupfte an dem hartnäckigen Grün. »Es sitzt fest.«
    Mikela kniete sich nieder und betrachtete die Hand des Mädchens eingehend. Ihre Lippen waren vor Anspannung schmal. »Tut es weh?« fragte sie schließlich.
    »Nein, es zieht nur irgendwie.«
    »Hmm …« Mikela drehte ein Blatt aus dem Moos und schnupperte daran.
    Inzwischen hatte sich Er’ril zu ihnen gesellt. Sein Blick war weiterhin argwöhnisch. »Weißt du irgendetwas über all das?«
    »Das ist Sumpfmoos«, antwortete Mikela und zog an einer weiteren Faser. »Es klammerte sich nicht nur an sie, es wächst in sie hinein.«
    »Was?« Er’ril zog Elena von Mikela zurück, doch das Mädchen schüttelte ihn ab und stand allein da.
    Mikela stand auf und wischte sich die Hände ab, die das Moos berührt hatten. »Elena ist verhext.«
     

 
     
    15
     
    Mykoff und Riemer richteten starre Blicke auf das Tai’man-Brett, beide in tiefes Nachdenken versunken, welchen Zug sie als Nächstes tun sollten. Die Spielsteine aus Bein und Jade rangen auf dem Spielbrett aus Wermutholz nach einem ausgeklügelten Regelsystem miteinander um den Sieg. Beide Spieler saßen nach vorn gebeugt über ihren Steinen; sie trugen bunte Narrenkostüme aus grünseidenen Hemden, roten Wolljacken und schwarzen Schuhen mit Troddeln.
    Die ungefähr gleiche Kleidung betonte die große Ähnlichkeit ihrer Gesichter. Offensichtlich handelte es sich um eineiige Zwillinge. Während andere Zwillinge die eine oder andere Abweichung voneinander aufwiesen, kleine Unebenmäßigkeiten, an denen man sie unterscheiden konnte, hatten diese beiden keinerlei solche Zeichen. Es war, als ob beide von einem überaus begabten Kunsthandwerker aus ein und demselben Rohling zu Tai’man-Figuren geschnitzt worden wären. Ihre schmalen elfenbeinglatten Gesichter mit feinen, blassen Zügen muteten eher wie die Antlitze von Statuen als wie die von Menschen an.
    Mykoffs linker Mundwinkel zuckte leicht nach oben.
    »Du hast eine Entscheidung getroffen, Bruder?« fragte Riemer, der diese geradezu überschwängliche Regung in der Miene seines Zwillingsbruders bemerkte. Mykoff war schon immer ein inbrünstiger Tai’man-Spieler gewesen.
    Mykoff sah Riemer an. Er bemerkte in den Augen seines Bruders den Spott über seinen offenkundigen Mangel an Selbstbeherrschung und straffte die ungehörig lebhaften Lippen wieder zu einer schmalen Linie. »Entschuldigung«, erwiderte er und streckte die Hand nach einer Figur aus, um einen Zug zu tun, und setzte sie auf Riemers Hengst.
    »Ist das der Zug, auf den ich den ganzen Nachmittag gewartet habe?«
    »Dein Pferd ist bestiegen«, erwiderte Mykoff. »Noch drei Züge, dann habe ich deine Burg erstürmt.«
    Riemer blickte auf das Spielbrett. War sein Bruder verrückt geworden? Noch während er diesen Gedanken im Kopf hatte, erkannte er die Falle. Jetzt war es an ihm, ein Augenlid vor Überraschung ein wenig höher zu heben.
    Mykoff freute sich über die leidenschaftliche Mimik seines üblicherweise so stoischen Bruders, und noch mehr freute er sich, als Riemer die Hand ausstreckte und seine eigene Burg umkippte als Eingeständnis der Niederlage. Dennoch blieb Mykoffs Gesicht reglos: Keine Lippe trennte sich von der anderen, keine Wimper bewegte sich. Er wollte diesen Augenblick auskosten und ihn nicht durch eine so verachtenswerte Gefühlsäußerung wie ein Lächeln zerstören. Er ertappte Riemer dabei, wie dieser ihn unter den weißen

Weitere Kostenlose Bücher