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Alasea 02 - Das Buch des Sturms

Titel: Alasea 02 - Das Buch des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Buch des Sturms
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Elena. »Als du hier angekommen bist und ich zum ersten Mal deine Hände begutachtet habe«, sagte sie, »was habe ich da zu dir gesagt?«
    Elena erinnerte sich an die Worte, die die Hexe geflüstert hatte. »Dass ich nicht einmal die Hälfte meiner Macht kenne.«
    Die Hexe nickte und kniete neben ihr nieder. »Stimmt.« Sie nahm Elenas Hände in die ihren. »Warum benutzt du nur deine rechte Hand für die Magik?«
    Elena runzelte die Stirn. »Was soll das …?«
    Er’ril unterbrach sie. »Weil ein Magiker die Gabe Chis nur mit einer Hand tragen kann.«
    Cassa Dar sah zu ihm hin. »Wir haben es hier nicht mit Chi zu tun, oder? Es ist kein männlicher Magiker, der vor mir steht. Nach Elenas Ankunft in Schattenbach habe ich alte Texte und Schriftrollen in der Bibliothek durchstöbert. In einigen stand geschrieben, dass Svesa’kofa zwei Formen der Magik in sich trug: die Hexenglut der Sonne und das kalte Feuer des Mondes.«
    »Das wissen wir«, konterte Er’ril. »Elena hat beide Arten ausgeübt. Wenn sie ihre Magik im Sonnenlicht erneuert, trägt sie die Macht des Feuers in sich. Wenn sie sie im Mondlicht erneuert, trägt sie die Macht des Eises in sich. Das wissen wir bereits.«
    »Ja, aber wusstet ihr, dass Svesa’kofa beides gleichzeitig in sich vereinte?« Offenbar ergötzte sich Cassa Dar an ihren erstaunten Mienen. »Ein alter Text lautet folgendermaßen«, fuhr sie fort, »›Wie die zwei Seiten einer Münze, so trug die Hexe des Geistes und des Steins ihre wilde Magik: Feuer in der rechten Hand, Eis in der Linken.«
    »Das ist unmöglich«, widersprach Er’ril.
    »Aber habt ihr es jemals versucht?« fragte Cassa Dar, und ihr Blick wanderte über ihre Gesichter. »Ich glaube nicht.«
    Während die anderen diskutierten, betrachtete Elena ihre linke Hand und die verschlungenen Ranken. Gewiss war so etwas unmöglich, genau wie Er’ril gesagt hatte. Bevor irgendjemand etwas einwenden oder ihre eigene Angst sie entmutigen konnte, hob Elena die linke Hand ins Mondlicht und wünschte Macht herbei.
    Sie keuchte, da ihre Hand verschwand. Die Ranken fielen von ihrem Arm ab, tot, als ob ihre Wurzeln gekappt worden wären.
    »Elena?« sagte Er’ril, dem jetzt erst aufging, was sie tat.
    Am ganzen Körper zitternd, senkte sie den Arm. Die fehlende Hand erschien wieder.
    Entsetzt streckte sie beide Arme gen Himmel. Jetzt glichen sich ihre rechte und ihre linke Hand. Im Mondlicht tanzten auf beiden die rubinroten Flecken der Blutmagik.
     

 
     
    28
     
    Der Blutjäger kam besser voran, nachdem er den See im Herzen des Ertrunkenen Landes erreicht hatte. Im offenen Gewässer behinderte das Gewirr von Wurzeln und der jahrhundertealte Schutt, der die schmalen Wasserstraßen verengt hatte, ihn nicht mehr so sehr. Am Boden des Sees, der aus weichem Ton bestand, lag nur da und dort ein entwurzelter Baum, der von der letzten Überflutung in den See gespült worden war.
    Genau wie im Sumpfgebiet lauerten auch hier überall gewaltige Geschöpfe: Tiere mit peitschenden Schwänzen und Flossen. Plötzlich stob ein wildes Durcheinander von Tentakeln aus dem dunklen Wasser und wand sich um das Gesicht des Jägers; ein schnabelförmiger Mund kaute an seinem Steinohr. Er machte sich nicht einmal die Mühe, danach zu schlagen. Das Gift in seiner Haut tötete den Angreifer in null Komma nichts, und er fiel mausetot von ihm ab. Andere Geschöpfe aus dem See schwammen forschend heran, blieben jedoch auf Abstand. Ein wundersam geordneter Schwarm phosphoreszierender Fische schwamm ganz in der Nähe vorbei, dann flitzte er als funkelnde Lichtflecken davon wie aufgeschreckte Spatzen.
    Doch die brennenden Augen des Blutjägers sahen nichts von alledem. Er tappte durch den Schlamm, fest entschlossen, in dieser Nacht seine Beute zu erwischen. Bald wurde der See so tief, dass er selbst mit seinem durch Magik verstärkten Sehvermögen Mühe hatte, das mitternächtliche Gewässer zu durchdringen. Beunruhigt wegen der schlechten Sicht, arbeitete er sich zur Wasseroberfläche hinauf und prüfte die Luft.
    Er nahm immer noch Blitze wahr. Sie war ganz in der Nähe.
    Während er sich bemühte, seine steinerne Gestalt an der Oberfläche zu halten, spähte er nach vorn. In der Ferne ragte ein hohes Gebilde im Nebel auf wie ein durch den Mond erhelltes Phantom. Er blinzelte. Die schwarze Magik schärfte sein Sehvermögen so weit, dass seine Augen die wabernden Nebelschwaden durchbohrten. Eine Form aus Stein und Mörtel, umrankt von Moosgewächsen, reckte

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